Nachrichten | 12. Januar 2017

Bio-Winzer sehen keine Lösung

Von der Redaktion
Eine paradoxe Situation beklagt der Ecovin-Baden-Vorsitzende Paulin Köpfer nach dem katastrophalen Sommer: Noch nie sei die Unterstützung für ein Anliegen der Biowinzer so breit gewesen, aber Lösungen zeichnen sich nicht ab.
2016 war ein extremes Peronospora-Jahr.
Nach dem Verbot des Pflanzenbehandlungsmittels Kaliumphosphonat fehlte den Biowinzern eine Stütze im Kampf gegen die 2016 stark aufgetretene Peronospora. Für die Anwendung von Kupfer wurde zwar in diesem Ausnahmejahr die Mengenbegrenzung auf vier statt drei Kilo je Hektar erhöht. Aber das reichte in den meisten Fällen nicht aus. Die Unterstützung für das Anliegen der Biowinzer sei so einhellig wie selten zuvor, heißt es in einer Pressemitteilung von Ecovin Baden. Bei Gesprächen in Brüssel mit dem zuständigen Direktor Diego Canga Fano vom EU-Kommissariat für Landwirtschaft vertrat nicht nur der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk die Forderung nach einer Zulassung von Kaliumphosphonaten im Bioweinbau. Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und Tschechien betonten ebenso die Notwendigkeit. Neben allen deutschen ökologischen Anbauverbänden sprachen sich Vertreter des Deutschen und Badischen Weinbauverbandes dafür aus.
 
Tagung
Zuvor hatte Köpfer auch Gespräche mit Staatssekretär Peter Bleser vom Bundesagrarministerium und EU-Kommissar Günther Oettinger geführt. Einziges Ergebnis der Gespräche sei das Angebot einer wissenschaftlichen Tagung Anfang 2017 gewesen. Dort soll –  ein weiteres Mal –  die Wirksamkeit und Umweltverträglichkeit von Kaliumphosphonat diskutiert werden. Damit werde eine Zulassung des Mittels für die nächste Vegetationsperiode Anfang Mai 2017 immer unwahrscheinlicher, heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Andere Grenze in anderen Ländern
Deutsche Bundes- und Landesbehörden verweisen auf die Drei-Kilo-Grenze und die Ausnahmeregelung für bis zu vier Kilogramm. Mehr sei aus Umweltgründen nicht drin, auch würden Verbraucher keinen erhöhten Kupfereinsatz wünschen. Dass die EU sechs Kilo Kupfer je Hektar gestattet und dies auch in Nachbarländern so praktiziert wird, spielt dabei keine Rolle. Beim Kaliumphosphonat ist es die EU-Kommission, die jede Möglichkeit blockiert, das Mittel im Bioweinbau einzusetzen – sei es auch nur regional oder in Notsituationen. Kaliumphosphonat habe sich als für Mensch und Umwelt unbedenklich erwiesen, schreibt der Ecovin-Bundesverband in einem Positionspapier. Mit der Einstufung als Pflanzenschutzmittel muss es jetzt vor einer möglichen Wieder-Zulassung für den Bioweinbau erst ein Listungsverfahren durchlaufen. Und das dauert. Für eine Anhebung der Kupfergrenze sieht Köpfer keine Chance. Und an der Zulassung des Kaliumphosphonats durch die EU hätten zumindest die Südländer in der Gemeinschaft kein Interesse, ist sein Eindruck: Dort ist der Pilzdruck klimabedingt nicht so hoch wie in Deutschland. Auch seine Erwartungen an die wissenschaftliche Tagung Anfang 2017 zum Thema Kaliumphosphonat sind nicht besonders hoch. Katastrophal ist diese Situation nach Köpfers Ansicht aus zweierlei Gründen: Zum einen werde es keine weitere Entwicklung im Bioweinbau geben, solange sich diese Vorgaben nicht änderten.  Zum anderen stünden die Biowinzer nach einer vergleichbaren Vegetationsperiode 2017 mit dem Rücken zur Wand. Die „Aussetzung” des Bioweinbaus in einem Jahr mit dem Durchlaufen der dreijährigen Umstellungsfrist zum Bioweinbau im Anschluss sei für die Biobetriebe keine praktikable Lösung. 
Suche nach einem zweiten Standard
Auf einer Klausurtagung des Ecovin-Bundesverbands haben die Biowinzer deswegen jetzt nach einem neuen Umgang mit dem Mittel Kaliumphosphonat und der EU-Verordnung gesucht. Ein Ziel ist es, nach einem neuen, einem zweiten Standard zu suchen, der sich an die bisherige Bio-Klassifizierung der Ecovin-Erzeuger anlehnt und dennoch die Verwendung von Kaliumphosphonat erlaubt: „Das wäre ein zweiter Level, zusätzlich zu unserem Bio-Standard”, berichtet  Köpfer. „Wir dürften es nicht mehr ‚bio‘ nennen und wir müssten es dem Verbraucher sehr genau erklären.” In schwierigen Jahren könnten Produkte mit diesem anderen Standard die Existenz der Biowinzer sichern. Und weil in diesem Jahr alle Weinbaugebiete von der Problematik betroffen waren, ist die Unterstützung für diese Pläne groß. „Wenn die EU-Standards nicht angepasst werden, kommen wir nur so aus dieser Notsituation heraus”, erklärt Köpfer.