Eine paradoxe Situation beklagt der Ecovin-Baden-Vorsitzende Paulin Köpfer nach dem katastrophalen Sommer: Noch nie sei die Unterstützung für ein Anliegen der Biowinzer so breit gewesen, aber Lösungen zeichnen sich nicht ab.
2016 war ein extremes Peronospora-Jahr.
Nach dem Verbot des Pflanzenbehandlungsmittels Kaliumphosphonat fehlte den Biowinzern eine Stütze im Kampf gegen die 2016 stark aufgetretene Peronospora. Für die Anwendung von Kupfer wurde zwar in diesem Ausnahmejahr die Mengenbegrenzung auf vier statt drei Kilo je Hektar erhöht. Aber das reichte in den meisten Fällen nicht aus.
Die Unterstützung für das Anliegen der Biowinzer sei so einhellig wie selten zuvor, heißt es in einer Pressemitteilung von Ecovin Baden. Bei Gesprächen in Brüssel mit dem zuständigen Direktor Diego Canga Fano vom EU-Kommissariat für Landwirtschaft vertrat nicht nur der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk die Forderung nach einer Zulassung von Kaliumphosphonaten im Bioweinbau. Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und Tschechien betonten ebenso die Notwendigkeit. Neben allen deutschen ökologischen Anbauverbänden sprachen sich Vertreter des Deutschen und Badischen Weinbauverbandes dafür aus.
Tagung
Zuvor hatte Köpfer auch Gespräche mit Staatssekretär Peter Bleser
vom Bundesagrarministerium und EU-Kommissar Günther Oettinger
geführt.
Einziges Ergebnis der Gespräche sei das Angebot einer
wissenschaftlichen Tagung Anfang 2017 gewesen. Dort soll – ein weiteres
Mal – die Wirksamkeit und Umweltverträglichkeit von Kaliumphosphonat
diskutiert werden. Damit werde eine Zulassung des Mittels für die
nächste Vegetationsperiode Anfang Mai 2017 immer unwahrscheinlicher,
heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Andere Grenze in anderen Ländern
Deutsche Bundes- und Landesbehörden verweisen auf
die Drei-Kilo-Grenze und die Ausnahmeregelung für bis zu vier Kilogramm.
Mehr sei aus Umweltgründen nicht drin, auch würden Verbraucher keinen
erhöhten Kupfereinsatz wünschen. Dass die EU sechs Kilo Kupfer je Hektar
gestattet und dies auch in Nachbarländern so praktiziert wird, spielt
dabei keine Rolle.
Beim Kaliumphosphonat ist es die EU-Kommission, die jede Möglichkeit
blockiert, das Mittel im Bioweinbau einzusetzen – sei es auch nur
regional oder in Notsituationen.
Kaliumphosphonat habe sich als für Mensch und Umwelt unbedenklich
erwiesen, schreibt der Ecovin-Bundesverband in einem Positionspapier.
Mit der Einstufung als Pflanzenschutzmittel muss es jetzt vor einer
möglichen Wieder-Zulassung für den Bioweinbau erst ein Listungsverfahren
durchlaufen. Und das dauert.
Für eine Anhebung der Kupfergrenze sieht Köpfer keine Chance. Und an
der Zulassung des Kaliumphosphonats durch die EU hätten zumindest die
Südländer in der Gemeinschaft kein Interesse, ist sein Eindruck: Dort
ist der Pilzdruck klimabedingt nicht so hoch wie in Deutschland. Auch
seine Erwartungen an die wissenschaftliche Tagung Anfang 2017 zum Thema
Kaliumphosphonat sind nicht besonders hoch.
Katastrophal ist diese Situation nach Köpfers Ansicht aus zweierlei
Gründen: Zum einen werde es keine weitere Entwicklung im Bioweinbau
geben, solange sich diese Vorgaben nicht änderten. Zum anderen stünden
die Biowinzer nach einer vergleichbaren Vegetationsperiode 2017 mit dem
Rücken zur Wand. Die „Aussetzung” des
Bioweinbaus in einem Jahr mit dem Durchlaufen der dreijährigen
Umstellungsfrist zum Bioweinbau im Anschluss sei für die Biobetriebe
keine praktikable Lösung.
Suche nach einem zweiten Standard
Auf einer Klausurtagung des Ecovin-Bundesverbands haben
die Biowinzer deswegen jetzt nach einem neuen Umgang mit dem Mittel
Kaliumphosphonat und der EU-Verordnung gesucht. Ein Ziel ist es, nach
einem neuen, einem zweiten Standard zu suchen, der sich an die bisherige
Bio-Klassifizierung der Ecovin-Erzeuger anlehnt und dennoch die
Verwendung von Kaliumphosphonat erlaubt: „Das wäre ein zweiter Level,
zusätzlich zu unserem Bio-Standard”, berichtet Köpfer. „Wir dürften es
nicht mehr ‚bio‘ nennen und wir müssten es dem Verbraucher sehr genau
erklären.”
In schwierigen Jahren könnten Produkte mit diesem anderen Standard die
Existenz der Biowinzer sichern. Und weil in diesem Jahr alle
Weinbaugebiete von der Problematik betroffen waren, ist die
Unterstützung für diese Pläne groß. „Wenn die EU-Standards nicht
angepasst werden, kommen wir nur so aus dieser Notsituation heraus”,
erklärt Köpfer.