Nachrichten | 14. November 2017

Noch viel Luft nach oben

Von Walter Eberenz
Hansjörg Mair (49) ist seit September Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH. Der Südtiroler leitete zuvor den Tourismusverband Südtirols Süden in Bozen. Wir sprachen mit ihm über die Zukunft.
Hansjörg Mair leitete zuvor den Tourismusverband Südtirols Süden in Bozen. Mair kennt die Ferienregion Schwarzwald jedoch gut. Er ist seit Jahren mit einer Schwarzwälderin liiert.
Auch von unserer Seite – willkommen in Baden. Haben Sie sich gut eingefunden?

Vielen Dank. Ja ich habe mich schnell und sehr gut eingefunden. Dazu hat das Schwarzwald Tourismus-Team einen wesentlichen Beitrag geleistet. Das sind hochmotivierte und begeisterte Mitarbeiter. Sie haben schon bisher eine hervorragende Arbeit geleistet, die nicht hoch genug geschätzt werden kann.
 
In der Vorbergzone des Schwarzwalds und im angrenzenden Kaiserstuhl wachsen die meisten der rund 15000 Hektar Reben in Baden. Über Ihre frühere Tätigkeit in Südtirol liest man, dass Sie dort unter anderem Wein und Tourismus zusammengebracht haben. Welche Rolle spielt der badische Wein bei Ihrer touristischen Strategie für den Schwarzwald?

Bereits mein Vorgänger hat mit dem Projekt „Weintourismus Baden – Elsass” (2006–2008) und mit dem Weintourismusprojekt „Erlebnismarke Badische Weinstraße” seit 2013 die Weinwirtschaft und den Tourismus in der Region zusammengeführt. Weintourismus spielt im Profilthema „Kulinarik” im Schwarzwald eine herausgehobene Rolle. Wein & Kulinarik wird in unterschiedlichen Kombinationen mit den anderen Kernthemen der Region auch künftig zusammenspielen. Ich selbst bin quasi schon mit der Muttermilch an das Thema gekommen; und Zeit meines Lebens spielt für mich Wein & Kulinarik eine wichtige Rolle.

Inwieweit kann man die Verhältnisse in Südtirol auf Baden übertragen? 

Es gibt auf verschiedenen Ebenen Ähnlichkeiten zwischen der Schwarzwaldregion und Südtirol. Aber Dinge, die in Südtirol funktionieren, lassen sich nicht eins zu eins auf diese Region übertragen. Das muss auch nicht sein: Die Voraussetzungen hier sind ausgezeichnet und die Kraft und das Selbstverständnis sind groß genug, um einen eigenen Weg gehen zu können. Natürlich kann ich in der einen oder anderen Entscheidung auf meine langjährige Erfahrung in Südtirol zurückgreifen, aber ich bin der Überzeugung, dass viele Dinge hier bereits schon sehr gut laufen und es keinen „Propheten” von außen braucht. Ich kannte und schätzte den badischen Wein schon lange bevor ich mit dem Gedanken spielte, meinen Lebensmittelpunkt von Bozen in diese Region zu verlegen.

Dank tatkräftiger Unterstützung aus Ihrem Haus wurde ja bereits die Badische Weinstraße aufgefrischt und neu belebt. Ist bei der Weinstraße erst mal alles erledigt oder kommt noch was obendrauf?

Ja, da dürfen Sie noch einiges erwarten. Die zweite Projektphase „Erlebnismarke Badische Weinstraße” geht bis Ende 2018. Dank der Beteiligung von Kraichgau-Stromberg Tourismus, Tourismusservice Bergstraße und Tourismusverband Liebliches Taubertal, die ja nicht zur Ferienregion Schwarzwald gehören, konnte die Badische Weinstraße auf mehr als 400 Kilometer verlängert werden. Die touristische Wiederbelebung ist am Westrand des Schwarzwaldes dank der Mitarbeit der Tourismusregionen hervorragend gelungen. Von diesen Erfahrungen profitieren nun auch die Winzer und Touristiker an den restlichen 200 Kilometern der verlängerten Badischen Weinstraße.

Mit was sonst können die Winzer, der Weinbau und der Wein aus Ihrem Hause rechnen?

Analog zur wiederbelebten Badischen Weinstraße wollen wir bis 2018 gemeinsam mit den Tourismusorganisationen, dem Badischen Weinbauverband, der Badischer Wein GmbH, dem Weinbauinstitut Freiburg und dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz einen 400 Kilometer langen „Badischen Weinradweg” ausschildern. Immer mehr Menschen steigen in der Freizeit aufs Fahrrad um – und wollen den Wein nicht nur im Kofferraum nach Hause fahren, sondern auch vor Ort genießen.
Wir werden das Thema Wein im Rahmen der vom Land Baden-Württemberg ausgegebenen Strategie „WeinSüden” weiter mit Inhalten füllen. Und auch für die Zeit nach 2018 auf solide Beine stellen. Dafür braucht es konkrete Produkte.
Wir entwickeln gemeinsam mit der Weinwirtschaft das Thema Wohnmobiltourismus auf dem Winzerhof weiter. Die „Kulinarischen Weinwanderungen” und die Pauschalangebote „Wandern auf Weinwegen” sind zum Renner geworden. Bereits 25 Hotels in Baden tragen das Gütesiegel „Empfohlenes Weinhotel Baden-Württemberg”. Von deren Spezifikation profitieren nicht nur Urlauber, das bereichert auch Einheimische. Wir bilden Winzer, Gästeführer und interessierte Genießer zum „Weinerlebnisführer” aus und erarbeiten mit Winzern, Touristikern und Gästeführern weitere innovative Weinerlebnisse, um das Gesamterlebnis Wein noch besser erfahrbar zu machen – für Gäste und Einheimische. Da ist also noch viel Luft nach oben.
 
Welche Partner wollen Sie einbinden?

Ich setze auf dynamische Netzwerke, welche projektbezogen arbeiten. Wenn das Thema oder das Produkt abgeschlossen ist, soll das Netzwerk auch eingestellt werden. Die Art oder Herkunft der Partner ist immer abhängig von der Zielsetzung und ich kann mir durchaus auch vorstellen, neben den „natürlichen Partnern” auch neue mit ins Boot zu holen. Um erfolgreich an der gemeinsamen Vision zu arbeiten, begehrtester Lebensraum in Deutschland zu werden, bedarf es meines Erachtens unbedingt der Einbindung der Bevölkerung vor Ort. Denn nur, was der Einheimische selbst lebt, was er selbst konsumiert, worauf er stolz ist, nur das wird auch von den Gästen als authentisch und echt empfunden. Das ist die wichtigste Voraussetzung, um erfolgreich zu sein.