Fachliches
| 02. Februar 2017
Kirschessigfliege 2016 nur mäßig aktiv
Von Dr. Michael Breuer, WBI Freiburg
2016 waren, über alle Anbaugebiete betrachtet, ein eher durchschnittlicher Flug und eine mäßige Aktivität der Kirschessigfliege zu beobachten. Im Weinbau ist dieser neue Schädling nach bisherigen Erkenntnissen von untergeordneter Bedeutung.
Die Monitoringfallen zur Feststellung des Befallsdrucks mit Kirschessigfliegen werden auch im Winter vom Weinbauinstitut weiter bearbeitet. Wildpflanzen in der Nähe von Weinbergen, zum Beispiel Brombeeren, Holunder oder Misteln, bieten den Schädlingen Unterschlupf und Nahrung in der Übergangs- und kalten Jahreszeit.
Die Kirschessigfliege kann ihre Eier – im Gegensatz zu den anderen heimischen Essigfliegenarten – auch in intakte Früchte ablegen. Die Weibchen haben dazu eine Sägevorrichtung am Hinterleib, die es ihnen ermöglicht, die Eier in weichschalige Früchte unter der Beerenhaut zu platzieren. Im Obstbau waren in den vergangenen Jahren besonders Süß- und Sauerkirschen, Strauchbeeren wie Himbeeren, Brombeeren und Holunder sowie späte Erdbeeren betroffen. Auch entsprechende Wildfrüchte wie die der Misteln werden von der Kirschessigfliege zur Eiablage genutzt.
Keltertrauben werden im Gegensatz dazu in viel geringerem Maße mit Eiern belegt. Viele Rebsorten werden bei der Eiablage sogar gemieden. Zurzeit sind die Ursachen noch nicht bekannt. Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) arbeitet unter Hochdruck an diesen und anderen Fragestellungen. Im Rahmen eines durch die EU geförderten Interreg-Projektes („Invaprotect”) werden im Verbund mit anderen Institutionen in Rheinland-Pfalz, Frankreich und der Schweiz weitere Grundlagen erarbeitet, die dann direkt in Empfehlungen und Strategien für die weinbauliche und obstbauliche Praxis einfließen sollen.
Eiablage 2016
Das Ei einer Kirschessigfliege auf einer Mistelbeere. Mistelbeeren reifen sehr früh im Jahr und spielen offenbar nach der Überwinterung eine gewisse Rolle.
Gesundheitszustand hat großen Einfluss
Verletzte Beeren werden durch heimische Essigfliegen und
Kirschessigfliegen aktiv aufgesucht. In die Verletzungen werden auch Eier abgelegt, was an der Beere oben rechts zu sehen ist.
Schlupfrate sehr gering
Das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg hat in
den vergangenen Jahren auch untersucht, in welchem Maße sich die
abgelegten Eier in den verschiedenen Früchten zu Fliegen
weiterentwickeln. In Weinbeeren ist dies nur ein Bruchteil. Im Jahr 2016
schlüpften im Durchschnitt über alle Rebsorten nur aus etwa 8 % der
abgelegten Eier Larven, Puppen und schließlich Fliegen (Tortendiagramm). Diese Ergebnisse decken sich mit denen aus den Vorjahren
und auch mit Beobachtungen aus anderen Weinbauregionen im In- und
Ausland. Bei einem Großteil der Eier verschorfen die in die Beerenhaut
hineingeritzten Öffnungen. Eine Weiterentwicklung des Eies findet dann
nicht statt. Die Gründe hierfür sind noch nicht vollständig geklärt und
bedürfen weiterer Untersuchung.
Zurzeit werden am WBI im Rahmen des oben genannten Interreg-Projektes
und anderer Forschungsaufträge sowie an vielen anderen
wissenschaftlichen Institutionen im In- und Ausland verschiedene Aspekte
zur Biologie der Kirschessigfliege erforscht und neue Ansätze zu
Bekämpfungsstrategien erarbeitet. Auch während der Winterzeit werden das
Fallenmonitoring und verschiedene Laboruntersuchungen weitergeführt.
Relevante Ergebnisse werden zeitnah der Praxis zur Verfügung gestellt.
Das Staatliche Weinbauinstitut und die Staatliche Lehr- und
Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg werden zu gegebener Zeit
auch in diesem Jahr Empfehlungen zum Umgang mit der Kirschessigfliege
herausgeben.
Fazit
Die Kirschessigfliege ist seit über fünf Jahre ein „neuer Gast” in unseren Kulturen. Die anfängliche Unsicherheit und Angst gegenüber diesem neuen Schädling ist nun einer gewissen Professionalität gewichen. Der Wissensstand über das Insekt wird mit jedem Jahr besser. Auch das umfangreiche Monitoring mit Fallen sowie die Eiablagekontrollen und die zeitnahe Veröffentlichung auf der Internetplattform VitiMeteo Monitoring haben dazu beigetragen, dass Winzer, Wissenschaftler und Berater ruhiger in die Zukunft blicken können. Eine wichtige Feststellung ist, dass Keltertrauben in viel geringerem Maße mit Eiern belegt werden als andere Kulturen, etwa Kirschen oder Beerenobst. Auch die Entwicklungsbedingungen für die Kirschessigfliege sind offensichtlich in Weinbeeren viel schlechter als in den genannten Obstkulturen. Ein guter Pflegezustand, insbesondere eine Fäulnis-Prophylaxe mit moderater Entblätterung und niedriger Gassen-Vegetation und damit eine gut durchlüftete und schnell abtrocknende Anlage sind wichtige Voraussetzungen zur Vermeidung von Kirschessigfliegenbefall. Dies konnte durch zahlreiche Untersuchungsergebnisse untermauert werden.