Fachliches
| 06. März 2018
Was bringt uns die Digitalisierung?
Von Julian Semet, Schwarzwald Tourismus GmbH
Moderne Informations- und Kommunikationswege und neue digitale Technologien verändern unser Privat- und Geschäftsleben. Für Winzer und Weinhändler, Touristiker und Gastgeber gilt: Nichts bleibt mehr, wie es einmal war, der digitale Fortschritt wird in den nächsten Jahren deutlich Einzug halten.
Die Digitalisierung und die damit einhergehenden technischen Möglichkeiten beschäftigen Urlaubsregionen und deren Touristikmanager sowie die Weinbranche in gleichem Maße. Wie wir Urlaub buchen, wie wir Wein einkaufen, uns informieren, wie wir handeln und leben – die Digitalisierung verändert unseren Alltag und das Verhalten von uns, unseren Gästen und Kunden.
Was ist eigentlich Digitalisierung? Ein topmodernes Thema, das so manche Branche nicht erst seit diesem Jahr umtreibt. So setzt etwa der Deutsche Weinbauverband für seinen Weinbaukongress im November den Schwerpunkt auf das Thema Weinbau 4.0, die Marketingorganisation für den Schwarzwald, die Schwarzwald Tourismus GmbH, sieht in ihrer Neuausrichtung große Chancen im Thema Digitalisierung und viele mittelständische Unternehmen in der Region haben das Thema aus Gründen der Effizienzsteigerung prioritär auf dem Schirm.
Digitalisierung bezeichnet im ursprünglichen Sinn das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Diese Daten lassen sich dann informationstechnisch verarbeiten. Oft steht der Begriff Digitalisierung aber auch für den digitalen Wandel, der durch die Digitalisierung Veränderungsprozesse in der Gesellschaft inklusive Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik auslöst.
Digitalisierung bezeichnet im ursprünglichen Sinn das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Diese Daten lassen sich dann informationstechnisch verarbeiten. Oft steht der Begriff Digitalisierung aber auch für den digitalen Wandel, der durch die Digitalisierung Veränderungsprozesse in der Gesellschaft inklusive Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik auslöst.
Daten sind das neue Gold
In den letzten Jahren haben Entwicklungen im Internet dazu geführt, dass
Daten (von Kunden, von Unternehmen, aber auch von Geräten) zum neuen
Gold geworden sind, „Big Data” ist hier als Begriff zu nennen. Im
digitalen Fortschritt wird jetzt nicht nur bewertet, wie viele Daten man
besitzt, sondern wie diese Daten beschaffen sind, was mit diesen Daten
geschieht und wie eine individuelle Anpassung realisiert werden kann
(„Smart Data”).
Was Medieninhalte, Online-Marketing oder etwa
Online-Shops angeht, so wird es somit noch mehr um Individualisierung im
Sinne einer persönlichen Kommunikation gehen. Die Nutzer werden nur
Informationen erhalten, die für sie wirklich relevant sind. Anhand von
getätigten Einkäufen und Präferenzangaben sieht man dies zum Beispiel
schon vereinzelt im Wein-Onlinehandel.
Die Digitalisierung bietet
für Winzer und Touristiker gleichermaßen große Chancen, denn:
Digitalisierung kann durch vernetzte Systeme und Netzwerkoptimierung,
den Einsatz von neuen Technologien Prozesse und Bürokratie erleichtern,
die Datennutzung erhöhen und somit Entscheidungen vereinfachen sowie
neue Geschäfts- und Kooperationsmodelle und Angebote auf den Weg
bringen.
Beispiele – von Technologien zu intelligenten Systemen
- Intelligente Weingläser: Bei
manchen Weinveranstaltungen (z. B. WeinTour) bereits im Einsatz:
Weingläser mit integriertem Speicherchip. Das Glas merkt sich genau,
welcher Wein getrunken wurde, und über eine kontaktlose Kommunikation
mit dem Smartphone erhält der Kunde alle Infos über die konsumierten
Weine und die Weinregion.
- Digitaler Sommelier – Vivino App: Nie
mehr einen Wein vergessen. Das könnte das Motto von Wein-Apps sein.
Nach dem Scan des Weinetiketts und dem Erkennen des Produkts sprudeln
zahlreiche Informationen aus der App – angefangen beim Preis über die verwendeten Trauben, Bewertungen der 19 Millionen App-Nutzer bis hin zu Menüvorschlägen.
- Veranstaltungsdatenbank „toubiz”: In
der Tourismusarbeit in der Region schon länger im Einsatz ist toubiz ein Beispiel für ein System, das Daten (hier: Veranstaltungen) in einer
Datenbank sammelt und an verschiedenen Stellen ausspielt. Das System
wird neuerdings auch von der Badischen Weinwerbung benutzt, was dazu
helfen kann, dass eine weitere Vernetzung zwischen Weinbranche und
Tourismus durch den Einsatz eines Standardsystems kommt.
- Smartes Weingut: Das Weingut Haart in Piesport an der Mosel betreibt zusammen mit
Technologieunternehmen einen der ersten smarten Weinberge in
Deutschland. Die Funktionsweise ist schnell erklärt: Eine Plattform
verbindet Sensornetzwerke, die an bestimmten Stellen des Weinberges
installiert sind. Diese Daten gelangen per Mobilfunk auf PC oder
Smartphone. Flugdrohnen zur Überwachung von Kirschessigfliegenbefall
oder zum Sprühen von Pflanzenschutzmitteln sind kurz vor dem Einsatz in
der Praxis, Smartphone und GPS-Systeme sind es schon länger.
- Willkommensgruß per Roboter: Sie
ist 1,20 Meter groß, hat Kulleraugen und eine sympathische Stimme:
„Josie Pepper”, die Roboterdame, die ab sofort im Münchner Flughafen
Passagieren bei Fragen weiterhilft. Zum ersten Mal wird damit an einem
deutschen Flughafen ein humanoider Roboter getestet, der mit künstlicher
Intelligenz (KI) ausgestattet ist.
- Sprachassistenten: Diese Kommunikation über künstliche Intelligenz findet man zunehmend an anderen Stellen. „Chatbots” heißen die Systeme im Fachjargon, und sie antworten automatisch auf bestimmte, wiederkehrende Fragen. Benutzt wird eine Software, die durch Spracherkennung und -analyse die Suche von Informationen oder das Abarbeiten einfacher Aufgaben und dann die Synthese in natürlichsprachige Antworten verbindet. Beispiele sind Siri, Alexa oder die Sprachsteuerung in Autos. Hier sehen Experten großes Potenzial, denn Weineinkauf oder Reisebuchung über Sprachsteuerung sind hier nicht mehr weit.
- Digitale Weinlagen-Karte: Lagen
spielen im Weinbau eine zunehmend große Rolle. Seit Kurzem können
Weinliebhaber online den Weinberg ihrer Wahl suchen. Das DWI hat dafür Lagen in die virtuelle Welt geholt.
- VR & Augmented Reality: Virtual- und Augmented Reality könnten in Zukunft den Weinkonsum und das Weinerlebnis digital „anreichern”. Beide Begriffe stehen für die computergestützte
Erweiterung der Realität. Bei der Augmented Reality bedeutet das
konkret, beim Blick durch ein Smartphone auf ein Objekt oder ein Gebäude
zusätzliche Informationen zu erhalten. So wäre es beispielsweise
denkbar, die Handykamera auf einen Weingarten zu richten und dadurch auf
dem Bildschirm Auskünfte über die Rebsorte oder die Bodenbeschaffenheit
zu erhalten. Auch Führungen könnten so um eine digitale Komponente
erweitert und für den Besucher noch interessanter werden.
- Sharing Economy – Airbnb und Co.: Auf
Basis des Maschinenring-Systems vermieten Maschinenhersteller sowie
bestehende Winzerkooperationen digitale Landwirtschaftssysteme. Im
Tourismus mischen Sharing-Plattformen wie Airbnb (Vermietung privater
Zimmer) im Beherbergungsmarkt mit. In allgemeinen Lebensbereichen sind
Carsharing (gemeinschaftliche Nutzung eines Autos) oder Co-Working (neue
Arbeitsform der Zusammenarbeit) weitere Beispiele.
- Crowdfunding: Gemeinsam etwas möglich machen - das ist die Grundidee von
Crowdfunding, einer Finanzierungsform, bei der eine große
Personenanzahl (englisch „Crowd” für Menschenmenge) involviert ist. Die
Crowdfunding-Plattform Ploppster verzeichnet hier
zum Beispiel erste Erfolge im Weinbereich. Im Tourismus gibt es
ebenfalls erste Ansätze und noch viel Potenzial.
Man kann sich dem nicht verschließen
Jeder hat schon von weiteren Beispielen (Stichworte: autonomes
Fahren, Smarthome) gelesen. Die Liste ließe sich um Begriffe wie
Bitcoin oder Blockchain erweitern und man merkt schnell, dass der
digitale Wandel viele Bereiche des Lebens und viele Arbeitsbranchen
betrifft, jedoch nicht alle in gleichem Maße und sicherlich in
unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Diese Entwicklungen mag man gutheißen
oder auch nicht, aber verschließen kann man sich ihnen nicht. Die
VR-Technologie etwa kann man überflüssig finden, aber Vorteile etwa von
cloudbasierten Netzwerksystemen zur Kosteneinsparung und
Effizienzsteigerung liegen auf der Hand.
Die Digitalisierung wird
Akteure aus der Wein- und Tourismusbranche aber auch vor große
Herausforderungen stellen. Eine der größten Herausforderungen wird es
sein, sich auf das Thema überhaupt einstellen zu wollen. Hier bedarf es
anfänglich zeitlicher und finanzieller Ressourcen sowie externer
Unterstützung.
Ein fortlaufender Prozess
Digitalisierung ist nicht nur die Baustelle der IT- oder
Marketingabteilung bzw. Aufgabe einer Agentur, sondern muss in die
Unternehmenskultur eingebaut werden. Dann folgen Fragestellungen nach
dem Einsatz geeigneter Technologien in ausgewählten Bereichen, der
Vereinheitlichung bestehender Datensätze und Systeme bis hin zum Thema
Datensicherheit, das noch für viel Zündstoff sorgen und wohl auch
Gerichte beschäftigen wird.
Der digitale Wandel bietet die Chance,
sich zu verändern und neue Märkte und Kundengruppen zu erschließen. Was
fest steht, ist, dass neue digitale Technologien einen festen Platz in
unserem Leben einnehmen werden. Und angesichts der täglichen
Forschungsprojekte und des technischen Fortschritts können wir davon
ausgehen, dass wir noch lange nicht am Ende des Digitalisierungstrends
angelangt sind.
Kleines Digitalisierungs-ABC
- Bitcoin: seit 2009 bestehende, digitale Währung, gleichzeitig auch der Name des weltweit verwendbaren dezentralen Buchungssystems
- Blockchain: eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält
- Chatbots: textbasierte Dialogsysteme, die simple Kommunikationsaufgaben übernehmen und lernfähig sind
- Cloud-Service / Cloud-Computing: Bereitstellung von IT-Infrastruktur wie beispielsweise Speicherplatz oder Anwendungssoftware als Dienstleistung über das Internet
- Internet of Things (IoT): bezeichnet die zunehmende Vernetzung von Geräten, Sensoren etc. über das Internet
- Virtual Reality (VR): Darstellung und Wahrnehmung der Wirklichkeit in einer virtuellen Umgebung
- Customer Journey: bezeichnet alle Kontaktpunkte eines Konsumenten mit einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleistung. Neben direkten Interaktionspunkten (Anzeige, Website, Einkauf etc.) gibt es auch indirekte (Bewertungsportale, Userforen etc.)
- Digital Natives: Personen der Generationen, die bereits in einer digitalen Welt aufgewachsen sind