Beim Architekturpreis Wein 2022 haben drei Betriebe aus Baden eine Auszeichnung erhalten, die neben den vier Preisen und drei Anerkennungen kürzlich in Mainz verliehen wurde.
Mit den vier Architekturpreisen Wein 2022 wurden folgende Betriebe prämiert:
Die Auszeichnungen für Baden gingen an die Weinwelt in der historischen Stadtvilla, Baden-Baden (Architekt: Peter W. Kruse), das Weinbauinstitut Freiburg für den Einbau Vinothek (Architekt Jürgen Maucher) und an das Weinlager am Weingut Holger Koch, Vogtsburg-Bickensohl (Architekt: Ralf Brandhofer).
Weinbauinstitut Freiburg, Einbau Vinothek
Weinbauinstitut Freiburg, Einbau Vinothek
Schon bisher hatte das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg einen Verkaufsraum. Doch der lag versteckt im Inneren des Gebäudes und entsprach so gar nicht mehr den Anforderungen einer zeitgemäßen Weinpräsentation oder eines erfolgreichen Marketings. Heute öffnet sich die neue Vinothek über eine großzügige Glasfassade zum Vorplatz und zur Merzhauser Straße. Gegenüber den oberen Geschossen ist sie zwar zurückversetzt, der neuen Funktion als werbewirksames Schaufenster tut dies aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Der transparente, leichte Sockel betont und unterstreicht die klare Gebäudestruktur des Instituts.
Das sagt die Jury:
„Dieser Ansatz zeigt sich auch in der grundsätzlichen Vorgehensweise, Baubestand intelligent und ressourcenschonend weiterzuentwickeln, aber dennoch eine flexible Nutzung für die Zukunft möglich zu halten. Ein nachhaltiger und resilienter Ansatz.”
Weinlager am Weingut Holger Koch, Vogtsburg-Bickensohl
Der Neubau des Weinlagers orientiert sich mit seinem Volumen und mit der gewählten Form des Satt
Weinlager am Weingut Holger Koch, Vogtsburg-Bickensohl
eldaches am Bestand. Das einfache, scheunenartige Gebäude bildet den vorläufigen Schlussstein des baulichen Ensembles. Drei Lagerräume nutzen unter dem langgestreckten Dach die Topografie und reihen sich in der Logik des Produktionsprozesses: Dem Tanklager für die Maischegärung folgen das Holzfass- und das Flaschenlager.
Das sagt die Jury:
„Einfach strukturierte Holzkonstruktionen des Tragwerks, des Innenausbaus wie die der Fassaden- und Lamellendetails zeigen ein Verständnis für dörflich geprägtes einfach gehaltenes Bauen, das vom Grundsätzlichen her verstanden wird, und dabei mit zeitgemäßen Mitteln gelöst wurde. Dass daraus auch noch ein nachhaltiges energetisches Konzept entwickelt wurde, das mit minimalem technischem Aufwand Kühlung und Lüftung löst, zeigt die Insgesamt-Qualität des Ansatzes.”
Weinwelt Stadtvilla Weinhelden, Baden-Baden
Weinwelt Stadtvilla Weinhelden, Baden-Baden
Das ursprünglich als Stadtvilla erstellte Anwesen war einst Augenklinik und beherbergte später einen Handwerksbetrieb. In Abstimmung mit der Denkmalbehörde entwickelten die Architekten nun für die Weinwelt einen kleinen Glaskubus. Zur Straße hin ist er nun das Entree und führt zum unter der historischen Sandsteintreppe freigelegten Kellerzugang.
Das sagt die Jury:
„Nachhaltigkeit ist das zentrale Thema der Gestaltung. Räume nach 175 Jahren einer neuen Nutzung mit geringstmöglichen Ergänzungen und Eingriffen zuzuführen, ist schon an sich nachhaltiger, als jeder Neubau es sein könnte. Die dicken Kellerwände sorgen für eine gute Temperierung der Weine, sodass auf eine technische Konditionierung weitgehend verzichtet werden konnte. ”
Nachhaltigkeit im Fokus
„Mit dem Architekturpreis Wein stärken wir die Weinbetriebe, den
Weintourismus und die Regionen, deren Stadt- oder Dorfbild durch
architektonisch extrem ansprechende Baukultur aufgewertet wird”, sagte
Walter Reineck, Abteilungsleiter Weinbau im Wirtschaftsministerium
Rheinland-Pfalz, anlässlich der Preisverleihung. „Wir leisten damit einen wertvollen Beitrag
zum Erhalt unserer Weinkulturlandschaften und es freut mich ganz
besonders, dass in diesem Jahr die Nachhaltigkeit im Fokus steht. Denn
die Nach- oder Umnutzung sowie die Erweiterung bestehender Bausubstanz
ist ein ökologischer und ökonomischer Trumpf”, betonte er.
Joachim Rind, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, betonte:
„Attraktive Vinotheken, gut gestaltete und funktionale Kelterhallen,
Weinhandlungen die als erinnerbare, sinnliche Genussorte Stadträume
lebendig halten, erschließen neue und binden etablierte Kundengruppen.
Gleichzeitig sind sie weintouristischer Merkpunkt, funktionaler
Arbeitsplatz und oft auch innerörtliche Aufwertung ihres Umfeldes.”
Heinz-Uwe Fetz, Vizepräsident des Deutschen Weinbauverbands und
Mitglied der Jury zum Architekturpreis Wein, ergänzte: „Die junge
Generation zeigt sich experimentierfreudig und steht dem Thema
Nachhaltigkeit dabei sehr offen gegenüber. Der Deutsche Weinbauverband
freut sich über diese Entwicklung. Meine Botschaft insbesondere an die
junge Generation lautet daher: Weiter so!”
Unter den eingereichten 48 Bewerbungen hatte die Fachjury aus der
Architektur- und der Weinszene im Dezember 2021 insgesamt zwölf
Nominierungen ausgewählt, die alle in einer Wanderausstellung
präsentiert werden.
Leuchtturmprojekte
Bevor die Juryvorsitzende Prof. Andrea Wandel und
Innenarchitekt René Pier, ebenfalls Jurymitglied, bei der
Preisverleihung die Nominierungen einzeln vorstellten, betonte Joachim
Rind noch einmal, dass die Arbeiten des Architekturpreises Wein allesamt
Leuchtturmprojekte sind: „Wir sind hier an der Spitze angekommen und
ich wünsche mir sehr, dass diese Qualität auch in die Breite getragen
wird. Hierfür ist der heutige Abend da, der das Ganze prominent
begleitet und dazu dienen soll, die Architektur auf ein neues Level zu
heben”, sagte er.
Wie aus 48 eingereichten Bewerbungen die besten
Arbeiten gefunden werden können, beantwortete Pier: „Am Anfang einer
Jurysitzung werden die Kriterien festgelegt. Dann nähert man sich den
Arbeiten und es wird immer feiner und feiner und dann kommt irgendwann
der magische Moment, in dem man von einer Arbeit nicht mehr loskommt.
Und neben dieses Gefühl gesellt sich dann der Kopf, der das Gefühl
bestätigt und letztendlich die richtigen Argumente für die richtige
Arbeit findet.” Insgesamt sei bei der Durchsicht der Bewerbungen
aufgefallen, dass die Ansprüche der Kolleginnen und Kollegen an ihr Werk
noch einmal sukzessive gestiegen sind, freute sich Wandel.