Fachliches
| 11. Oktober 2023
Aufgelassene Weinberge zurückbauen
Von Elisabeth Voigt, RP Karlsruhe
Mancherorts fallen verwilderte und aufgelassene Rebflächen auf und unterbrechen das Bild einer einst durchgängig bestockten Rebfläche. Diese Flächen werden oft sich selbst überlassen, ohne dass sie ordnungsgemäß gerodet wurden. Das kann unangenehme Folgen für die Eigentümer haben.
Weinberge werden manchmal nicht mehr bewirtschaftet, nicht gerodet und einfach sich selbst überlassen. Das beeinträchtigt Nachbargrundstücke und das Landschaftsbild.
Flurneuordnungen und technische Entwicklungen haben gerade im Weinbau eine rationelle und arbeitszeitsparende Bewirtschaftung von Rebflächen ermöglicht. Steile oder unwegsame Flurstücke konnten aber von diesen Entwicklungen nicht im gleichen Maß profitieren – hier ist nach wie vor ein vergleichsweise hoher (Hand-)Arbeitsaufwand nötig. Gestiegene Arbeitskosten, strengere ökologische Bewirtschaftungsanforderungen, aber auch fehlende Betriebsnachfolge sind nur einige Begründungen dafür, dass nötige Investitionen in Neuanlagen nicht mehr getätigt werden. In manchen Fällen wurde die Bewirtschaftung auf den Rebflächen einfach eingestellt. Diese Flächen werden in der Folge oft sich selbst überlassen, ohne dass sie ordnungsgemäß gerodet wurden. Nachbargrundstücke sind nur noch mit Problemen zu bewirtschaften und das Landschaftsbild wird beeinträchtigt.
Woher droht die Gefahr?
Aufgelassene Weinberge stellen ein erhebliches Problem nicht nur für benachbarte Ertragsrebflächen dar:
- Durch unterlassene Pflanzenschutzmaßnahmen erhöht sich rasch der Infektionsdruck durch Echten und Falschen Mehltau auf benachbarte Parzellen. Verwilderte Rebflächen können sich auch in Bezug auf andere Pilzkrankheiten wie Roten Brenner oder Schwarzfäule zu regelrechten Infektionsherden entwickeln. Die genannten Pilzkrankheiten sind weitgehend auf lebende Reben angewiesen und entwickeln sich in unbewirtschafteten Rebanlagen bekanntermaßen ideal.
- Die Reblaus findet auf dem sich ausbreitenden Unterlagenaufwuchs beste Verbreitungsmöglichkeiten. Auch für weitere tierische Schädlinge wie den Traubenwickler oder die Kirschessigfliege sind Böschungen in aufgelassenen Rebflächen besonders attraktiv. Eine ungehinderte Vermehrung der Schädlinge führt zu einer weiteren Verschärfung des Gefährdungspotenzials.
- Durch Schattenwurf und Vogelfraß muss in angrenzenden Rebzeilen mit erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten gerechnet werden.
- Diese Faktoren führen nicht selten dazu, dass angrenzende Weinberge unzumutbar beeinträchtigt werden und ebenfalls aufgegeben werden müssen.
- Für Wildtiere besteht in aufgelassenen Weinbergen eine erhöhte Verletzungsgefahr durch den nicht mehr instand gehaltenen Drahtrahmen. Sie können sich in Drahtschlingen oder im Dickicht verfangen.
Relevant sind landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke
Der Pflegepflicht unterliegen nicht alle Flächen in der
offenen Landschaft. Grundsätzlich sind hier nur landwirtschaftlich
nutzbare Grundstücke relevant. Zu diesen zählen Grundstücke, die sich
mithilfe herkömmlicher landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte
bewirtschaften oder in ihren ursprünglich gepflegten Zustand
zurückführen lassen. Zudem sind Flurbilanz – also die Bewertung der
landwirtschaftlichen Flächen nach natürlichen und landwirtschaftlichen
Gesichtspunkten –, Hangneigung, Bodenbeschaffenheit, Umgebung der Fläche
und Zufahrtsmöglichkeiten weitere wichtige Aspekte. Allerdings ist zu
beachten, dass jede Fläche als Einzelfall zu betrachten ist.
Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass ein bisher
landwirtschaftlich genutztes Grundstück auch weiterhin
landwirtschaftlich nutzbar ist.
Ausnahme von der Pflegepflicht
Ein Besitzer, der zugleich Eigentümer des Grundstücks ist, kann die Aussetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht beantragen, solange es ihm nicht zugemutet werden kann, die Bewirtschaftung
selbst durchzuführen. Gründe hierfür können beispielsweise sein: lange
Krankheit, hohes Alter sowie eine große Entfernung des Wohnortes zur
entsprechenden Fläche. In diesen Fällen ist jedoch ein Nachweis
zu erbringen, dass es trotz wiederholtem Versuch nicht gelungen ist, das
Grundstück einem Bewirtschaftungswilligen oder einer
Verpächtergemeinschaft möglichst langfristig zu einem ortsüblichen
Pachtzins oder anderem Entgelt – notfalls auch kostenlos – zu
überlassen. Ist die Pflegepflicht für den Eigentümer ausgesetzt, hat er
die Bewirtschaftung oder Pflege durch die Gemeinde oder einen von ihr
bestimmten Dritten zu dulden.
Zuständig für die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht sowie für die Entscheidung über die Aussetzung dieser Pflicht sind die Gemeinden. Meist wird ein Pflegemangel durch einen benachbarten Bewirtschafter der aufgelassenen Rebfläche der Weinbauberatung oder direkt der Gemeinde gemeldet. Die Gemeinde beteiligt üblicherweise das zuständige Landwirtschaftsamt, indem es fachlich Stellung nehmen lässt.
Die Gemeinde kann daraufhin dem Besitzer eine Aufforderung zur Bewirtschaftung/ Pflege erteilen – gegebenenfalls inklusive detaillierter Benennung der durchzuführenden Maßnahmen.
Zudem kann bei Nichteinhaltung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 Euro verhängt werden. Zur weiteren Überwachung und Durchsetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht stehen der Gemeinde die allgemeinen Möglichkeiten des Landesverwaltungsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Konkret bedeutet dies, dass die zuständige Gemeinde Zwangsgelder anordnen und letztlich sogar die Ersatzvornahme wie beispielsweise Rodung oder Mulchen veranlassen kann.
Zuständig für die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht sowie für die Entscheidung über die Aussetzung dieser Pflicht sind die Gemeinden. Meist wird ein Pflegemangel durch einen benachbarten Bewirtschafter der aufgelassenen Rebfläche der Weinbauberatung oder direkt der Gemeinde gemeldet. Die Gemeinde beteiligt üblicherweise das zuständige Landwirtschaftsamt, indem es fachlich Stellung nehmen lässt.
Die Gemeinde kann daraufhin dem Besitzer eine Aufforderung zur Bewirtschaftung/ Pflege erteilen – gegebenenfalls inklusive detaillierter Benennung der durchzuführenden Maßnahmen.
Zudem kann bei Nichteinhaltung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 Euro verhängt werden. Zur weiteren Überwachung und Durchsetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht stehen der Gemeinde die allgemeinen Möglichkeiten des Landesverwaltungsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Konkret bedeutet dies, dass die zuständige Gemeinde Zwangsgelder anordnen und letztlich sogar die Ersatzvornahme wie beispielsweise Rodung oder Mulchen veranlassen kann.
Ordnungsgemäße Rodung
„Roden” bedeutet die
vollständige Beseitigung der Rebstöcke, die sich auf einer mit Reben
bepflanzten Fläche befinden. Folglich sind auch die Wurzelstöcke zu
entfernen. Die Fläche muss für eine nachfolgende Brache oder Aufgabe der
Rebfläche komplett geräumt werden, um die Einhaltung der
Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht zu ermöglichen. Nur bei einer
ordnungsgemäß durchgeführten und fristgerecht an die Weinbaukartei
gemeldeten Rodung besteht ein Anspruch, die entstandene
Pflanzgenehmigung dieser Fläche auf eine andere Fläche im eigenen
Betrieb übertragen zu lassen. Die Rodungsmeldung muss richtig und
vollständig sein. Das bedeutet, dass die gemeldete Rodung der
tatsächlichen Rodung entsprechen muss. Ordnungswidrig handelt hierbei,
wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Meldung nicht, nicht vollständig
oder nicht richtig erstattet. Ein solcher Verstoß kann mit einer
Geldbuße von bis zu 20.000 Euro geahndet werden.
Auch für behördlich angeordnete Rodungen müssen die Bewirtschafter oder Eigentümer die Kosten tragen. Im Falle einer Ersatzvornahme in schon länger nicht mehr bewirtschafteten Anlagen fallen schnell Kosten an, die den Wert des Grundstücks deutlich übersteigen können.
Eine Folgenutzung von aufgelassenen und verwilderten Rebflächen ist aufgrund des Drahtrahmens, Hecken- und Baumbewuchses so gut wie unmöglich geworden. Diese Flächen sind häufig als wertlos zu betrachten. Durch eine ordnungsgemäße Rodung und anschließende Abräumung ehemaliger Weinbauflächen hingegen kann der Wert dieser Flächen – zumindest teilweise – erhalten bleiben. Sie können verpachtet oder verkauft werden. Die durch die Rodung entstandene Pflanzgenehmigung kann innerbetrieblich auf eine rentablere Fläche übertragen werden und so bei Bedarf für eine weinbauliche Nutzung weiterhin zur Verfügung stehen.
Eine landwirtschaftliche Folgenutzung der gerodeten Fläche kann auf vielfältige Weise, beispielsweise als Streuobstwiese, Beweidung, Grünland oder sogar als Ausgleichsfläche für Kommunen erfolgen. Als eine mögliche Beratungsstelle dienen die Landschaftserhaltungsverbände (LEV), die auf kommunaler Ebene eine Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Naturschutz darstellen. Bei frühzeitiger Planung der Folgenutzung lassen sich auch mit überschaubarem Aufwand wirtschaftliche Vorteile für den Eigentümer generieren.
Auch für behördlich angeordnete Rodungen müssen die Bewirtschafter oder Eigentümer die Kosten tragen. Im Falle einer Ersatzvornahme in schon länger nicht mehr bewirtschafteten Anlagen fallen schnell Kosten an, die den Wert des Grundstücks deutlich übersteigen können.
Eine Folgenutzung von aufgelassenen und verwilderten Rebflächen ist aufgrund des Drahtrahmens, Hecken- und Baumbewuchses so gut wie unmöglich geworden. Diese Flächen sind häufig als wertlos zu betrachten. Durch eine ordnungsgemäße Rodung und anschließende Abräumung ehemaliger Weinbauflächen hingegen kann der Wert dieser Flächen – zumindest teilweise – erhalten bleiben. Sie können verpachtet oder verkauft werden. Die durch die Rodung entstandene Pflanzgenehmigung kann innerbetrieblich auf eine rentablere Fläche übertragen werden und so bei Bedarf für eine weinbauliche Nutzung weiterhin zur Verfügung stehen.
Eine landwirtschaftliche Folgenutzung der gerodeten Fläche kann auf vielfältige Weise, beispielsweise als Streuobstwiese, Beweidung, Grünland oder sogar als Ausgleichsfläche für Kommunen erfolgen. Als eine mögliche Beratungsstelle dienen die Landschaftserhaltungsverbände (LEV), die auf kommunaler Ebene eine Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Naturschutz darstellen. Bei frühzeitiger Planung der Folgenutzung lassen sich auch mit überschaubarem Aufwand wirtschaftliche Vorteile für den Eigentümer generieren.
FAZIT
In die Jahre gekommene Rebbestände, Erschwernisse bei der Bewirtschaftung, eine unbefriedigende Erlössituation sowie Schwierigkeiten bei der Nachfolgefindung haben zur Folge, dass einige Rebflächen dauerhaft aufgegeben werden. In manchen Fällen unterbleibt eine ordnungsgemäße Rodung und anschließende Pflege. Eigentümer und Besitzer sollten nicht die Augen davor verschließen, wie es mit der Bewirtschaftung der eigenen Rebflächen zukünftig weitergeht. Schäden auf benachbarten Parzellen können zu hohen Schadensersatzforderungen führen. Negative Folgen sind des Weiteren Beeinträchtigungen im Landschaftsbild, Verwaltungssanktionen sowie monetäre Verluste. Es gilt: Lieber frühzeitig das Gespräch mit potenziellen Folgebewirtschaftern oder anderen Akteuren suchen, als die eigenen Flächen zum Schaden der Nachbarschaft und der Allgemeinheit verwildern zu lassen. Auch der Wechsel in eine weit weniger arbeitsintensive Folgenutzung als den Weinbau kann für den Bewirtschafter betriebswirtschaftliche Vorteile bringen. Auf der anderen Seite sollten sich auch die weinbautreibenden Gemeinden nicht vor der Durchsetzung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht scheuen. Ein aktives Vorgehen der Gemeinden würde einen großen Nutzen für den hiesigen Weinbau, die Landschaftspflege und den Tourismus bringen und somit zum Erhalt der Kultur- und Erholungslandschaft beitragen.