Fachliches | 06. Juni 2019

Augen auf beim Schlepperkauf (1)

Von Oswald Walg, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Der Schlepper dient als Kraftquelle für die meisten Arbeiten in einem weinbaulichen Betrieb. Auf welche Punkte sollte man beim Kauf eines Schleppers besonderes Augenmerk legen?
Holder-Systemschlepper mit Knicklenkung und hydrostatischem Antrieb
Pro Jahr und Hektar leistet ein Weinbauschlepper 25 bis 45 Betriebsstunden. Davon entfallen etwa zwei Drittel bis drei Viertel auf die Arbeit im Weinberg. Vom passenden Schlepper werden die Arbeitsproduktivität und die Bewirtschaftungskosten entscheidend beeinflusst.
Die Geländegängigkeit, Wendigkeit und Steigfähigkeit sind abhängig von der Gewichtsverteilung, der Bereifung, dem Lenksystem, den Bodenverhältnissen und den angebauten Arbeitsgeräten. Die Blockbauweise ist bei den meisten Schleppern der konstruktive Grundaufbau. Dabei sind der Motor, das Getriebe und die Hinterachse zu einem Block verschraubt, der die tragende Struktur des Schleppers bildet.
Die Schlepperformen lassen sich nach ihrer Bauart in Rad- und Kettenschlepper einteilen. Entsprechend ihrem Einsatzbereich gibt es verschiedene Bauarten für Radschlepper:
  • Standardschlepper
  • Schmalspurschlepper
  • Schmalspurschlepper mit Knicklenkung
  • Systemschlepper
  • Hochrad- bzw. Überzeilenschlepper
Standard- und Schmalspurschlepper
Standardschlepper
Der Standardschlepper wird im Weinbau meist nur als Zugmaschine für Transportarbeiten benötigt. Für Pflegearbeiten im Weinberg ist er nur in Weitraumanlagen einsetzbar. Leistungsstarke Standardschlepper sind für das Rigolen der Weinberge oder das maschinelle Rebenpflanzen erforderlich. Darüber hinaus dienen sie bei Steillagen-Mechanisierungssystemen als Zug-, Transport und gegebenenfalls Antriebseinheit.
Grundsätzliche Merkmale sind ein Fahrerstand über dem Heck, eine Achsschenkellenkung mit kleineren Vorderrädern und ein Hinterrad- bzw. ein Allradantrieb über Hinter- und Vorderachse. Der Geräteanbau erfolgt an der Front- und der Heckseite.

Schmalspurschlepper
In Normalanlagen mit Gassenbreiten von 1,60 bis 2,40 Meter wird im Direktzug der Schmalspurschlepper eingesetzt. Seine Breite beträgt in Abhängigkeit von der Bauform und von der Bereifung etwa 1,00 bis 1,40 Meter. Beim Einsatz ist darauf zu achten, dass die Gasse mindestens 60 Zentimeter breiter sein sollte als der Schlepper.
Die Gewichtsverteilung Vorderachse/Hinterachse beträgt etwa 40/60. Der Leistungsbereich liegt zwischen 40 und 80 kW. Die Steigfähigkeit im Steilhang liegt bei rund 40 bis 45 Prozent. Die sonstigen technischen Merkmale entsprechen weitgehend denen von Standardschleppern.
Für Zeilenbreiten ab 2,40 Meter werden häufig die breiteren Plantagenschlepper eingesetzt, deren sonstige technische Ausstattung mit der von Schmalspurschleppern übereinstimmt.
Spezielle Schmalspurschlepper
Schmalspur-Knickschlepper
Kennzeichen der Schlepper mit Knicklenkung sind die gleich großen Räder auf beiden Achsen. Durch die Achsenlastverteilung vorn/hinten von etwa 60/40 kann eine Steigfähigkeit von 50 bis 55 Prozent erreicht werden. Mithilfe einer Knicklenkung wird ein geringer Wendekreisdurchmesser und dadurch eine gute Wendigkeit erreicht.
Die Art der Lenkung bewirkt den sogenannten Nachlaufeffekt. Beim Kurvenfahren laufen die Hinterräder den Spuren der Vorderräder nach. Deshalb ist bei knickgelenkten Schleppern der Platzbedarf beim Wenden gegenüber anderen Bauformen geringer.
Zur Verbesserung der Fahreigenschaften, insbesondere beim Wenden unter ungünstigen Bedingungen, sind manche Fabrikate mit einen Radlastausgleich ausgestattet. Einige Knickschlepper verfügen über einen permanenten Allradantrieb. Auch Fabrikate mit hydrostatischem Antrieb werden angeboten.
 
Schmalspur-Systemschlepper
Kennzeichen der Systemschlepper ist der zusätzliche Anbau- bzw. Aufbauraum. Als Frontsitztraktoren ermöglichen sie eine gute Sicht und geben einen Aufbauraum hinter der Kabine frei. Im Weinbau werden Systemschlepper von der Firma Holder als Knickschlepper mit permanentem Allrad, stufenlosem Fahrantrieb und vier gleich großen Rädern angeboten. 
 
Schmalspurschlepper mit Mischfahrwerk
Dreieck-Raupenfahrwerk
Eine Abwandlung der klassischen Räderfahrwerke stellen die Delta- oder Dreieckraupenfahrwerke dar. Diese Fahrwerke können im Weinbau auch an Schmalspurschleppern installiert werden, wobei es sowohl die Möglichkeit eines Mischfahrwerks (hinten Dreieckgummiraupenfahrwerk und vorne Räder, Halbraupenfahrzeug) als auch die Ausstattung als sogenannter „Quadtrack” (vorne und hinten Dreieckraupenfahrwerk) gibt.
Bis auf das Gummikettenlaufwerk bleiben alle Ausstattungsmerkmale des Schmalspurschleppers erhalten. Zugkraft, Steigfähigkeit, Bodenschonung und Anpassung an die Bodenoberfläche sollen aber durch das Dreiecklaufwerk verbessert werden.
Die Lenkung erfolgt über Knick- oder Achsschenkellenkung. Die zumeist pendelnd oder federnd ausgeführten Gummilaufwerke ermöglichen Fahrgeschwindigkeiten bis 40 km/h. Als Quadtrack produziert wird derzeit der Mach 4 von der Firma Carraro. Das Halbraupenfahrzeug von Carraro mit Dreiecklaufwerk nur hinten wird als Mach 2 bezeichnet.
Hochradschlepper
Hochradschlepper (Überzeilenschlepper) können aufgrund ihrer großen Bodenfreiheit über die Zeilen hinwegfahren und ermöglichen damit mehrreihige Arbeitsverfahren. Die größere Spurweite und der größere Radabstand bewirken eine gute Kipp- und Richtungsstabilität. Weitere Vorteile sind die gute Wendigkeit und ein Seitenhangausgleich. Der hohe Schwerpunkt begrenzt allerdings die Steigfähigkeit auf etwa 30 bis 35 Prozent.
Der Anbau von Geräten ist vorne und hinten möglich, bedingt aber spezielle Aufnahmevorrichtungen. Eine Zapfwelle ist in der Regel nicht vorhanden, weshalb die Anbaugeräte meist hydraulisch angetrieben werden.
Während in Frankreich in vielen Regionen reihenübergrätschende Hochradschlepper zur Mehrzeilenbearbeitung seit Jahrzehnten eingesetzt werden, konnten sie sich hierzulande nicht durchsetzen. Bei uns werden vereinzelt Fahrgestelle von Traubenvollerntern als überzeilige Geräteträger genutzt. Für den Geräteanbau verfügen sie über entsprechende Aufnahmevorrichtungen (z. B. Multifunktionsarm).
Raupenschlepper
Raupenschlepper mit hydrostatischem Antrieb und Winde
Ketten- oder Raupenschlepper
kommen vorwiegend in Anlagen zum Einsatz, die von Radschleppern wegen der Steigung und/oder des Untergrundes nicht befahren werden können. Dafür sind sie mit Gleiskettenlaufwerken ausgestattet, wodurch eine größere (längere) Aufstandsfläche und ein geringerer Kontaktflächendruck als bei Radschleppern erreicht wird. Durch den tief gelegenen Schwerpunkt ist eine gute Kippsicherheit gegeben. Als Anbauräume für Geräte dienen das Heck und die Front.
Der Antrieb erfolgt über ein im Fahrzeugheck angeordnetes Treibrad auf die Antriebskette, wodurch die Kettenglieder in Fahrtrichtung bewegt werden und das Fahrzeug auf Lauf- und Führungsrädern mitgezogen wird. Die Umlenkung erfolgt über ein Leitrad im Frontbereich. Die Kettenantriebe jeder Seite können unabhängig voneinander, bei Raupen mit hydrostatischem Antrieb auch gegenläufig angetrieben werden. Dadurch ist es möglich, auf der Stelle zu drehen.
Zum Lenken werden bei Raupen mit Schaltgetrieben Kupplungs-Brems-Lenkungen eingesetzt. Das Lenken erfolgt durch Betätigung der Bremslenkhebel. Bei hydrostatischen Raupen erfolgt der Antrieb durch Hydromotoren über zwei geschlossene Kreisläufe direkt an die Kettenzahnräder im Fahrwerk. Gelenkt wird jeder Antriebsmotor einzeln hydraulisch über eine Zwei-Hebel-Bedienung, mit Joystick oder elektrisch per Funksteuerung.
Zur Abstützung der Maschinenmasse gegenüber der auf dem Boden verlegten Kette und in geringerem Umfang zur Stabilisierung des oberen Kettenturms dienen Stützrollen. Bei Kettenbreiten von 30 Zentimetern und mehr sowie einem extrem niedrigen Schwerpunkt ist ein relativ sicheres Hangbefahren auch im Grenzbereich möglich. Das Fahrwerk kann mit einem Metallgleisketten- oder einem Gummibandlaufwerk ausgestattet sein. Wegen der Schonung befestigter Fahrbahnen werden heute vorwiegend Gummilaufwerke eingesetzt.
Der Fahrantrieb ist heute meist hydrostatisch, es sind aber auch noch Raupen mit mechanischem Antrieb im Handel. Die Produktpalette ist sehr umfangreich und umfasst Kleinraupen ohne Mitfahrgelegenheit, kleine Aufsteh- und Aufsitzraupen sowie leichte und schwere Aufsitzraupen. Es lassen sich Grenzsteigungen bis etwa 60 Prozent erreichen. Für extremere Steigungen können hydrostatische Raupen mit einer Hangelwinde ausgestattet werden. Die Seilwinde unterstützt die Raupe beim Bergauffahren mit ihrer Zugkraft, bei der Talfahrt hat sie eine Bremswirkung.
Kriterien beim Kauf
Da die betrieblichen Einsatzbedingungen für die Maschinen im Weinbau sehr unterschiedlich sind, muss der Winzer eine auf seinen Betrieb abgestimmte Gewichtung der erforderlichen Maschinenausstattungen vornehmen. Dies beginnt schon bei der Wahl der geeigneten Schlepperbauart. Die Geländebeschaffenheit, die Geländeform und -neigung sind entscheidende Kriterien bei der Wahl der Schlepperbauart. Dort, wo Weinberge mit konventionellen Schmalspurschleppern problemlos bewirtschaftet werden können, werden die Winzer sich vorrangig hierfür entscheiden. Sind die Steigungen mit dieser Bauart nicht mehr zu bewältigen, wird als nächstes der knickgelenkte Schlepper mit gleich großen Reifen hinten und vorne in Betracht kommen. Erst wenn die Steigfähigkeit dieser Schlepperbauart durch den Untergrund oder die Hangneigung limitiert ist, wird man sich die Anschaffung von Raupenschleppern überlegen müssen. Sind Weinberge mit extremen Steigungen zu bewältigen, bietet die zusätzliche Ausstattung mit einer Hangelwinde die Möglichkeit des Befahrens höherer Grenzsteigungen sowie mehr Sicherheit und Bodenschonung. Überzeilenschlepper bieten bei bestimmten Arbeiten, wie zum Beispiel bei Pflanzenschutzmaßnahmen oder der Ausbringung organischer Dünger, eine größere Schlagkraft.
Interessant sind diese Schlepper vor allem für Lohnunternehmer und Großbetriebe. Allerdings sind dafür entsprechende Umbaumaßnahmen und Anpassungen für den An- und Aufbau von Geräten erforderlich. 
Motor und Leistungsbedarf
Die Entwicklung neuer Schmalspurschlepper findet in den letzten Jahren nahezu ausschließlich in einem Motorleistungsbereich von 44 bis 85 kW (60 bis 115 PS) statt. Für die höheren Motorleistungen sprechen die geringeren Geräuschemissionen, das angenehmere Fahren bei geringeren Drehzahlen, niedrigere Abgaswerte, höherer Drehmomentanstieg und die Tatsache, dass weniger Schaltvorgänge notwendig sind. Auch Veränderungen wie das höhere Gewicht der Schlepper, die Zunahme an Komfort (z. B. Klimaanlage) und eine leistungsfähigere Hydraulik erfordern mehr Leistung.
Zur Angabe der Leistung sind unterschiedliche Normen möglich. Im Zusammenhang mit Abgasvorschriften entstand die EU-Richtlinie 97/68/EG bzw. 2000/25/EG. Die nach Nenndrehzahl (dies kann z. B. der Abregelpunkt sein) nach dieser Norm gemessene Leistung ist maßgeblich für die Zulassung. Um den spezifischen Schadstoffanteil möglichst zu senken, darf die Leistungsmessung ohne Lüfter und Kühler erfolgen. Die Leistungswerte sind also Bruttowerte. Sie stimmen weitgehend mit der internationalen Norm ISO TR 14396 überein.
Stand der Technik sind, abhängig vom Hersteller und von der Modellvariante, kompakte Drei- oder Vierzylindermotoren, die durch Turboaufladung und/oder Variation der Einspritzanlage in ihrer Leistung angepasst werden. Weitere Angaben der Hersteller sind häufig Überleistung (Extra Power) oder Konstantleistung (Konstant Power). Sie beschreiben den Anstieg der Leistung, wenn der Motor durch starke Belastung unter die Nenndrehzahl (Volllastdrehzahl bei Belastung) gedrückt wird. Subjektiv empfindet der Fahrer diesen Anstieg als Durchzugskraft. Sie rührt von dem starken Anstieg des Drehmomentes her. Der Drehmomentanstieg sollte mindestens 25 Prozent betragen. Dadurch kann die Nennleistung bei belastungsverursachtem Drehzahlabfall über einen gewissen Drehzahlbereich gehalten werden (Konstantleistungsbereich). Ein noch stärkerer Anstieg des Drehmoments (über 30 %) kann sogar zu einer Überleistung führen.
Die wichtigsten Beurteilungskriterien eines Motors sind:
  • Betriebskosten (Kraftstoffverbrauch, Serviceintervalle),
  • Kenndaten (Leistung, Drehmoment, Motoren-Kennfeld),
  • Umweltverhalten (Abgasemissionen, Geräuschemissionen) und
  • Zuverlässigkeit sowie Langlebigkeit.
 
Fortsetzung folgt
Der Teil 2 dieses Artikels befasst sich mit Abgasemissionen und Abgasnormen, Kraftstoffverbrauch, mechanischen und hydraulischen Getrieben, der Hydraulikanlage sowie der Kabinengestaltung.