Weinbauverband
| 03. Juli 2019
Ein Traum wurde wahr
Von Christa Rinklin
In Freiburg wurde Sina Erdrich zur Badischen Weinkönigin 2019/20 gewählt. Ihr zur Seite stehen die Badischen Weinprinzessinnen Simona Aurelia Maier und Hanna Mußler.
Was heute gern als „Casting” bezeichnet wird, hat in Baden eine lange, fachlich fundierte Tradition. Seit genau 70 Jahren werden hierzulande eine Badische Weinkönigin und zwei Prinzessinnen gewählt und gekrönt. In diesem Jahr durfte die Durbacherin Sina Erdrich das hohe Amt übernehmen. Flankiert wird sie von den Badischen Weinprinzessinnen Simona Maier und Hanna Mußler. Ein wenig vom Flair einer „Casting-Show” hatte die Finalrunde im Freiburger Konzerthaus dann doch, wenn man auf die Zuschauerränge blickte. Eine gelb-rot-gelbe Fahne mit der Aufschrift „Sina für Baden” verriet den „Fanclub”, der den Wahlausgang schier nicht mehr erwarten konnte. Der Jubel war entsprechend groß, als Verbandsgeschäftsführer Peter Wohlfarth das Ergebnis verkündete: Die 36-köpfige Fachjury hatte sich für die quirlige Durbacherin als neue Badische Weinkönigin entschieden. Die 21-Jährige, die bereits ein Jahr Repräsentationserfahrung als Durbacher Weinprinzessin 2018/2019 sammelte, ist die dritte Badische Weinkönigin aus der Ortenauer Winzergemeinde. Derzeit studiert sie Bildungswissenschaft und Bildungsmanagement an der Uni Freiburg. Kontakt zum Thema Wein hat sie durch ihren Großvater geknüpft.
Einen lückenlosen önologischen Lebenslauf hat Simona Aurelia Maier (28) aufzuweisen. Die ausgebildete Winzerin aus Mühlhausen im Kraichgau sammelte Erfahrung in Kellerwirtschaft und Vermarktung in Deidesheim, war Kraichgauer Weinprinzessin 2018/2019 und ist seit einigen Jahren Kellermeisterin im Weingut Clauer in Heidelberg. Die 23-jährige Hanna Mußler, ehemalige Ortenauer Weinprinzessinaus Berghaupten, widmet sich derzeit dem Studium der Sonderpädagogik in Ludwigsburg, ist den heimischen Weinen gleichzeitig jedoch sehr verbunden. Der thematisch passend ausgesuchte Musical-Song „I dreamed a dream”, gesungen von Verena Ruder und am Piano begleitet von Martin Glönkler, erinnerte daran, dass die Kandidatinnen – wie so viele vor ihnen – davon geträumt hatten, einmal die Krone aufgesetzt zu bekommen.
Peter Wohlfarth berichtete von der internen Befragung, bei der das Wissen zu den Anbaugebieten, Rebsorten, Qualitätsbeeinflussung oder Marketing geprüft wurden. Augenzwinkernd wollte er wissen, was vier Eier, 100 Gramm Zucker und vier Esslöffel edelsüßer Wein zusammen ergeben. Kulinarisch Versierte wussten, dass es sich dabei um Weinschaum handelt, mit dem sich Desserts verfeinern lassen.
Fachfragen souverän beantwortet
In der öffentlichen Finalrunde
erklärte Simona Maier, wie man aus roten Trauben weiße Weine keltert,
während Sina Erdrich die Spontangärung und Hanna Mußler die offene
Maischegärung erklärten. Schlagfertig reagierten die jungen Damen auf
nicht ganz einfache Fragen aus dem Bereich „Markt”, als es um die
Anteile von Direktvertrieb, Online- und Einzelhandel oder um die Zukunft
des entalkoholisierten Weines ging. Spannend war auch in diesem Jahr
die Auswahl der weinbautechnischen Geräte. So sollte Hanna Mußler einen
metallenen Stockputzer („Stämmliputzer”) und Sina Erdrich einen
Drahtspanner identifizieren. Am meisten wusste Simona Maier über den ihr
zugewiesenen Gegenstand zu erzählen: einen Rebanker. Zu den Klängen
des Liedes „One Moment in Time” kullerte nach der Ergebnis-Bekanntgabe
im Runden Saal des Konzerthauses so manche Tränen über die Wangen der
gekrönten Häupter, welche für ein Jahr die neuen Gesichter des badischen
Weines bedeuten werden. „Winzer zu sein, ist keine Routine, sondern
tiefes Verständnis für die Rebe und Fingerspitzengefühl, den Wein in die
Flasche zu bekommen”, merkte Sina Erdrich in ihrer Dankesrede an.
Ein Jahr voller Glücksmomente
Peter Wohlfarth bezeichnete die 70. Wahl des königlichen Trios auch als ein Dankeschön an die scheidenden Hoheiten. Mit ihrem saloppen „Salli an alli” richtete sich die wortgewandte Miriam Kaltenbach aus Gundelfingen im Breisgau, Sina Erdrichs Vorgängerin, an das Publikum. In ihrem Amtsjahr habe sie viele Glücksmomente erfahren und neue Fans für den badischen Wein gewinnen können. Dafür liebe sie Baden: Sie sei jedes Mal mit offenen Armen und offenen Kellertüren empfangen worden. „Ich habe Baden komplett neu entdecken und neu lieben gelernt”, bestätigte auch die scheidende Weinprinzessin Stephanie Megerle aus Hagnau am Bodensee. Auf ihren Touren sei sie zudem in ganz Deutschland herumgekommen. Ihren Dank richtete sie an die „Jungs vom Weinbauverband” für das gute Kümmern in dieser Zeit. „Ein Jahr wie ein Blumenstrauß, gefüllt mit den buntesten Erlebnissen und tollen Weinen, an denen man sich ein Leben lang erfreuen darf.” So beschrieb Hannah Herrmann aus Müllheim im Markgräflerland ihre zu Ende gegangene Zeit als Badische Weinprinzessin. „Bleibt so, wie ihr seid. Ehrlich, authentisch. Alles Gute!” Mit diesen Worten verabschiedete der Geschäftsführer des Weinbauverbands die scheidenden Hoheiten.
Werbung an der Frontlinie
Weinbaupräsident Kilian Schneider lobte die
drei jungen Damen dafür, dass sie sich in dieses Abenteuer gestürzt
hätten. „Wine for Future – und das nicht nur am Friday, sondern every
day”, witzelte er in Anlehnung an die Klima-Demonstrationen. Kritisch,
doch nicht ohne eine Prise Humor betrachtete Schneider die
Werteentwicklung: „Die Genusskultur kommt in Verruf. Fleisch, Wurst,
Fett, Kohlenhydrate, Zucker und Alkohol – alles gesellschaftlich
bedenklich und moralisch zweifelhaft. Ein richtiges Essen besteht aus
stillem Wasser und reinen Gedanken, natürlich regionaler Herkunft.” An
dieser neuen Frontlinie stünden die Weinhoheiten. Gleichzeitig nahm er
die Digitalisierung aufs Korn und warnte vor den Zeiten, in denen der
Kühlschrank meldet, wie viele Viertele man getrunken hat.
Traditioneller Mobilitätsgeber
Für genügend Bewegungsfreiheit sorgte im 25. Jahr traditionell
Franz-Xaver Grünwald, Seniorchef des Autohauses Gehlert, der sich selbst
als „Mobilitätsgeber” versteht und der neuen Badischen Weinkönigin
gerne den Schlüssel für das gesponserte Dienstfahrzeug übergab.
Angesichts des zeitgleichen Jubiläums „70 Jahre Grundgesetz”, so
scherzte Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer in ihrem Grußwort, könne
man in Baden den Wein als so etwas wie ein „Grundrecht” betrachten.
Ihren Glückwünschen schlossen sich Bürgermeister Ulrich von Kirchbach
und Roland Leininger, Aufsichtsrat der Badischer Wein GmbH, an.