Nachrichten | 04. August 2020

Winzerkeller will sich neu aufstellen

Von René Bossert
Der Badische Winzerkeller hat ein schwieriges Jahr 2019 hinter sich. Nun lautet die Devise bei der Breisacher Genossenschaft: „Wir müssen uns neu aufstellen.”
Winzerkeller-Vorstandsvorsitzender Peter Schuster und sein Vorstandskollege Eckart Escher erwarten für das laufende Jahr wieder bessere Zahlen – allerdings seien Prognosen für den Geschäftsverlauf des zweiten Halbjahres wegen der Corona-Folgen erschwert.
Das erklärte der Winzerkeller-Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Schuster vor Journalisten in Breisach einige Stunden vor der Generalversammlung. Zu der war coronabedingt jeweils nur ein Vertreter der 50 Mitgliedsgenossenschaften nach Breisach eingeladen worden.
Schuster sieht den Winzerkeller in einer Schwächephase und beschrieb das Jahr 2019 als eine Zäsur: Nach drei Jahren mit steigenden Umsätzen verbuchte die Genossenschaft ein Umsatzminus von 3,5 % auf 45,3 Millionen (Mio.) Euro. Der Absatz ging um 1,4 Mio. Liter auf 16,1 Mio. Liter zurück. Der Verlust von Kontraktmengen und Preisdruck aufgrund der großen 2018er Ernte waren laut Schuster dafür verantwortlich.
Die Auszahlungsleistung an die Winzer sank um rund 20 %. Man habe dazu zwar schon deutliche Worte von den Winzern gehört, aber vielleicht habe die Corona-Krise auch so manche Reaktion etwas abgemildert, so Schusters Eindruck.
Investiert wurden rund eine Million Euro, die Abschreibungen beliefen sich auf 2,6 Mio. Euro. Trotz knapperem Traubengeld und vergleichsweise geringen Investitionen steht in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Jahresfehlbetrag von 1,44 Mio. Euro zu Buche.
Lichtblick Marken
Lichtblick war im Jahr 2019 das Umsatzplus bei den Markenweinen (Martin Schongauer, Heinrich Hansjakob, Schloss Munzingen und Gosch) in Höhe von 7,6 %. Die Sortimentsmarke „Die Sonnenwinzer” erfüllte die Erwartungen im Absatz nicht, läuft aber laut Marketingleiter Christof Joos nun 2020 bisher gut. Er wies darauf hin, dass trotz des erhöhten Marktdrucks die Absatzmengen und Preise für Weißweine relativ stabil blieben, aber bei Rotweinen ein Preisverfall zu verzeichnen war. Beim Winzerkeller beträgt der Rotweinanteil an der Rebfläche 43 %.
Umsatzverluste gab es 2019 beim Offenweingeschäft, im Preiseinstiegsbereich und bei No-Name-Weinen. Auch im Fachhandel und im Direktverkauf sanken die Umsätze. In der Gastronomie habe dagegen ein Plus erreicht werden können und auch die Umsätze mit den Ortslägern der Mitgliedsgenossenschaften entwickelten sich positiv. Unbefriedigend bleibe die Situation im Export. „Nachhaltige Exporterfolge benötigen langfristige Aufbauarbeit”, kommentierte Schuster.
Als Fazit der Absatzsituation hielt Schuster fest: „No Names sind stark gefährdet, das hat 2019 gezeigt. Wir müssen starke Marken aufbauen und wir haben sie auch schon.”
Optimieren, verschlanken, stärken und senken
Die Neuaufstellung des größten badischen Erzeugerbetriebes mit seinen 50 Mitgliedsgenossenschaften und nahezu unverändert 1670 Hektar Rebfläche skizzierte Schuster so: Prozesse optimieren (beispielsweise über eine verbesserte Abfüllplanung und verstärkte Digitalisierung), Sortiment verschlanken (statt 1000 Artikel nur noch 500),  Marken stärken und Kosten im Griff behalten.
Seit Sommer vergangenen Jahres seien externe Berater im Haus, um die Neuaufstellung zu begleiten. Bereits geändert wurde die Organisationsstruktur: Die Zahl der Führungsbereiche wurde verkleinert, so sollen in Breisach Entscheidungswege verkürzt werden. Zur Kostensenkung soll unter anderem ein Personalabbau dienen. Der soll laut Schuster über natürliche Fluktuation verlaufen. 2019 hatte der Winzerkeller knapp 170 Beschäftigte, dazu kommen 14 Lehrlinge. Gegenüber 2018 waren dies rund 10 Beschäftigte mehr. Ersatzeinstellungen solle es künftig nur dort geben, wo sie unbedingt nötig seien. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht vorgesehen, in Zeiten von Corona will sie Schuster aber nicht völlig ausschließen. 
Als Auswirkung der Corona-Krise sieht Schuster eine Beschleunigung von Strukturveränderungen, das gelte für den Badischen Winzerkeller wie für die badische Weinwirtschaft insgesamt. In Zeiten von Corona würden Veränderungen von den Winzern schneller akzeptiert.
Lagerkapazitäten für andere Betriebe
Das Jahr 2020 läuft für den Winzerkeller, der auf gut 80 % Absatzanteil an den Lebensmittel-Einzelhandel kommt, bisher besser als 2019: Per Ende Juni stieg der Umsatz um knapp ein Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Damit liege man nur knapp unter der Planung, zeigte sich Schuster zufrieden.
Der Absatzanteil an die Discounter nahm zu. „Damit müssen wir zurechtkommen, obwohl wir bei Edeka und Rewe unsere Marken-Weine unterbringen können”, sagte Schuster. Der Online-Verkauf stieg m 60 %. Was die Auszahlungsleistung an die Winzer angeht, sieht Schuster den Winzerkeller auf gutem Weg, den badischen Durchschnitt zu erreichen. 
Was die weitere Geschäftsentwicklung angeht, lasse Corona allerdings keine seriösen Prognosen für das zweite Halbjahr zu, so Schuster. Jedenfalls habe der Winzerkeller kein Bestandsproblem, höchstens mit überschaubaren Mengen im Rotweinbereich.
Für die Ernte 2020 sagte Schuster Weingütern und Genossenschaften, bei denen die Vorräte noch sehr groß seien, Unterstützung zu: „Wir helfen, wo wir können, und stellen Lagerkapazitäten zur Verfügung.”