Ausweitung der 70-Tage-Regelung auf 115 Tage – mehr Flexibilität bei Arbeitszeitregelungen – Lockerung von Hinzuverdienstgrenzen
Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung weitreichende
Hilfen für Bürger und Unternehmen beschlossen, die durch die
Corona-Krise betroffen sind. Die Bundesministerin für Ernährung und
Landwirtschaft, Julia Klöckner, hat dabei in den Verhandlungen wichtige
Erleichterungen für die Land- und Ernährungswirtschaft erreicht – die
Belange der Branche werden maßgeblich berücksichtigt.
Aufgrund der Ausgangssperre in Rumänien haben viele Landwirte
aktuell die Sorge, dass für Aussaaten und Ernte nicht genügen
ausländische Saisonarbeitskräfte nach Deutschland kommen. Auch viele
Saisonarbeiter aus Polen – die kommen könnten – sind zögerlich, da sie
fürchten, bei ihrer Rückreise in Quarantäne zu müssen. Das
Bundeslandwirtschaftsministerium hatte deshalb schnell gehandelt und
Vorschläge gemacht, wie sichergestellt werden kann, dass
Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland sind und wollen, länger
hier arbeiten können. Zudem wurden verschiedene Anreize für andere
Gruppen vorgeschlagen, um sie als Helfer für die Landwirtschaft zu
gewinnen.
Im Kabinett wurden dazu heute die folgenden Punkte beschlossen:
1. Land- und Ernährungswirtschaft werden als
systemrelevante Infrastruktur anerkannt!
- Somit ist es etwa hinsichtlich Quarantänemaßnahmen und Betriebsschließungen möglich, dass diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des notwendigen Gesundheitsschutzes aufrecht erhalten bleibt.
2. Ausweitung der ‚70-Tage-Regelung‘: Saisonarbeitskräfte, dürfen bis zum 31. Oktober eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben. Bisher war das für bis zu 70 Tage möglich. Das reduziert auch die Mobilität und somit die Infektionsgefahr.
- Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland und auch dazu bereit sind, können so länger hier arbeiten. Das hilft den Betrieben bei der Ernte und Aussaat.
- Das Kriterium der Berufsmäßigkeit für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft gilt weiterhin.
3. Arbeitnehmerüberlassung
- Das Bundesarbeitsministerium wird hierzu eine Auslegungshilfe vorlegen, wonach Arbeitnehmerüberlassung
in der Corona-Krise ohne Erlaubnis möglich ist und das streng
auszulegende Kriterium „nur gelegentlich" dem nicht entgegensteht.
- Die Regelung ist wichtig, um flexibel auf die Krise und auf mögliche
Personalverschiebungen zwischen den Wirtschaftszweigen (in Richtung
Ernährungs- und Landwirtschaft) reagieren zu können.
4. Erleichterungen bei der Anrechnung von Einkommen aus Nebentätigkeiten für Bezieher von
Kurzarbeitergeld
- Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung wird übergangsweise bis Ende Oktober 2020 bis zur Höhe des Nettolohns aus dem eigentlichen Beschäftigungsverhältnis nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
-
Mit dieser Regelung wird der finanzielle Anreiz zur Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Saisonarbeitskraft erhöht.
5. Die
Hinzuverdienstgrenze
bei Vorruheständler wird in der gesetzlichen Rentenversicherung
deutlich angehoben und in der Alterssicherung der Landwirte vollständig
aufgehoben.
- Die Regelung gilt für die gesamte Dauer des Jahres 2020.
Auf diese Weise werden Anreize für eine vorübergehende Beschäftigung in der Landwirtschaft geschaffen.
6. Arbeitszeitflexibilisierung
- Die bisher im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Ausnahmeregelungen (10 Stunden Grenze/ 6-Tage Woche) reichen nicht aus,
um auf außergewöhnliche Notfälle, insbesondere epidemische Lagen von
nationaler Tragweite, schnell, effektiv und bundeseinheitlich reagieren
zu können.
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Das Bundesarbeitsministerium erhält eine Verordnungsermächtigung, um in
außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere
in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des
Infektionsschutzgesetzes, angemessene arbeitszeitrechtliche Regelungen zu erlassen.
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Im Rahmen der Verordnung werden die landwirtschaftliche Erzeugung, Verarbeitung, Logistik und der Handel mit Lebensmitteln ausdrücklich berücksichtigt.
7. Kündigungsschutz: Landwirten, die aufgrund der Corona-Krise Schwierigkeiten haben, ihre Pacht zu bedienen,
darf bis zum 30. Juni nicht einseitig gekündigt werden.
Julia Klöckner: „In der jetzigen Lage hat die
Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung höchste Priorität. Den
Betrieben, die das gewährleisten, greifen wir mit den heutigen
Beschlüssen unter die Arme. Dafür habe ich mich in den Verhandlungen
massiv eingesetzt. Ihr Funktionieren ist entscheidend für uns alle – mit
den durchgesetzten Maßnahmen wollen wir ihre Arbeit erleichtern. Und
geht es um die Sicherung der aktuellen Versorgung der Bevölkerung. Und
darum, die anstehende Ernte 2020 zu gewährleisten. Die
Lebensmittelversorgungskette ist systemrelevant!”