Nachrichten | 04. August 2022

Demobetriebe jetzt im ganzen Land

Von Heinrich von Kobylinski
Den Startschuss für ein landesweites Netzwerk von Demonstrationsbetrieben für Biodiversität gab der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk vor kurzem in Endingen-Kiechlinsbergen.
Das „Netzwerk von Demobetrieben zur Förderung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in Baden-Württemberg” (BiodivNetzBW), wie es in voller Länge heißt, startet mit 22 Betrieben, darunter drei Obst- und Weinbaubetriebe. Es  soll bis 2025 auf bis zu 44 Betriebe ausgebaut werden, sagte Hauk.
Mehrjähriger Lernprozess
Der Winzer Peter Vogel (links) und Beraterin Katharina Hügel präsentierten Landwirtschaftsminister Peter Hauk die auf dem Betrieb in Kiechlinsbergen umgesetzten Maßnahmen.
„Keiner der Landwirte wird dazu gezwungen”, betonte der Minister. Das Netz der Demobetriebe soll beispielhaft zeigen, wie sich auf unterschiedlichen Standorten und bei verschiedenen Betriebstypen die Biodiversitätsförderung und die Nahrungsmittelproduktion kombinieren lassen. Hauk beschrieb das als einen mehrjährigen Lernprozess.  
Im Grunde hat jeder der Demobetriebe ein Doppelfunktion: Es soll experimentell ergründet werden, welche Art von Biodiversitätsmaßnahmen sich vor Ort bewähren, und anschließend sollen diese Betriebe als eine Plattform der kollegialen Verbreitung dienen, in Form von Fachveranstaltungen, Praxistagen und Führungen. „Wir brauchen Betriebe, die zeigen, wie es auch ohne ökonomische Klimmzüge geht”, erläuterte Hauk.
Die Landesregierung erwartet, dass mit diesem pädagogischen Ansatz und der Nachahmung auf breiter Front mehr Biodiversität geschaffen wird. „Unsere Landwirte sind dazu willig und fähig”, fuhr Hauk fort. Sobald bei den Demo-Betrieben mehr Gewissheit vorherrscht im Verhältnis zwischen Pflegeaufwand und ökologischer Wertigkeit der Maßnahmen, stellte der Minister weitere Fördergelder für Erzeuger in Aussicht, die sich an der Umsetzung der Maßnahmen auf ihren Flächen beteiligen wollen.
Freiburger Vorbild
Abteilungspräsident Michael Krumm vom Regierungspräsidium Freiburg erläuterte, dass das BiodivNetz BW auf einem Vorläuferprojekt im Amtsbereich des Freiburger Regierungspräsidiums fußt, das aus acht Modellbetrieben bestand. Einer davon war der Betrieb des Kiechlinsberger Winzers Peter Vogel, der in das landesweite Netz überführt wurde, zusammen mit den übrigen Freiburger Netzwerk-Betrieben.
Der 37-jährige Winzer hat schon vor seiner Netz-Mitgliedschaft mit Begrünungen auf seinen knapp 40 ha Rebflächen begonnen, „um den Insekten Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen”, wie er sagte. Bei der Veranstaltung mit Vertretern aller vier Regierungsbezirke zeigte der Winzer Biodiversitätsmaßnahmen und die vernetzte Struktur, die mit Hilfe von Beraterin Katharina Hügel vom Regierungspräsidium entstand. Besondere Bedeutung hatten dabei Böschungen und Feldrandsituationen.
Zum Vor-Ort-System gehörte auch eine dreieckige Restfläche von zwei Ar, die ungenutzt blieb, aber mit zwei Obstbäumen, einer Blühmischung aus 16 Pflanzenarten und einem Insektenhotel bestückt wurde.
Auch für die Rebgassen war eine Mischung aus Leguminosen und niedrigen Kräutern vorgesehen. Wegen Trockenheit war jedoch vom Ansaaterfolg nicht viel zu erkennen.    Krumm nahm es als einen Teil des Lernvorganges, der notwendig sei, um den Erzeugern ortsnahe Erfahrungen  über die Biodiversitätsmaßnahmen vermitteln zu können. Vogel ergänzte: „Viele Maßnahmen sind unsicher und teuer, sodass sie in der Praxis kaum ein Betrieb vornehmen würde. Mit Hilfe der Beratung von Katharina Hügel wurde das Machbare noch möglich.”