Winzer könnten bald zu Piloten werden
Von Manuel Becker, LVWO Weinsberg
Nach drei Jahren Entwicklung ist es so weit: Die ersten Sprühdrohnen sind im Mai 2020 vom Julius-Kühn-Institut (JKI) geprüft und als Pflanzenschutzgeräte zugelassen worden.
Rund 15 Minuten braucht die Sprühdrohne
DJI Agras T16 für einen Hektar Rebfläche.
Sie fliegt bis zu 12,8 km/h schnell.
Die Firma Droneparts hat in Kooperation mit der LVWO Weinsberg in Baden-Württemberg die ersten Sprühdrohnen in Deutschland als amtlich geprüfte und vom JKI anerkannte Pflanzenschutzgeräte bestätigt bekommen. Involviert waren auch ein Weinbaubetrieb aus Mundelsheim und die Genossenschaften aus dem württembergischen Lauffen am Neckar sowie dem südbadischen Glottertal.
Drohne statt Hubschrauber
Das Pflanzenschutzgesetz sieht in § 18
Absatz 2 vor, dass Pflanzenschutzmittel nur im Steillagenweinbau und im
Forst mit Luftfahrzeugen ausgebracht werden dürfen – und das auch nur
über ein Genehmigungsverfahren. Bisher gab es, außer Hubschraubern mit
spezieller Sprühanlage, keine zugelassenen Geräte für diesen Zweck. Mit
der Anerkennung der Sprühdrohnen-Modelle Agras MG-1P mit der
Prüfungsnummer G 2080 und Agras T16 mit der Prüfungsnummer G 2199 des
Herstellers DJI gibt es nun unbemannte Luftfahrzeuge für den Einsatz im
Steillagenweinbau. Die Sprühdrohne Agras T16 ist mit einem
16-Liter-Wechseltank ausgestattet. Sie hat acht Düsen und ein maximales
Aufstiegsgewicht von 40,5 kg. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens wurde
die Injektordüse IDK 90-025 C der Firma Lechler als Standard-Düse
definiert. Mit einer Fluggeschwindigkeit von bis zu 12,8 km/h im
automatischen Betrieb beträgt die reine Flugzeit bei der DJI Agras T16
rund 15 Minuten für die Behandlung von einem Hektar Rebfläche. Hinzu
kommen noch Anfahrt und Rüstzeiten. Dazu gehören der Aufbau, der Hin-
und Rückflug zur Rebfläche und zum Landeplatz, der Akku-Wechsel und das
Nachfüllen des Tanks. Die Sprühdrohne hat eine Spannbreite von etwa
2,5 m und eine Arbeitsbreite von 3 m. Sie erfasst über Radarsensoren das
Terrain und reguliert die Flughöhe in Echtzeit.
Bis zur Anerkennung
als Pflanzenschutzgerät hat es drei Jahre gedauert. In dieser Zeit
wurden Versuche durchgeführt, um die Applikationstechnik und
Flugparameter zu optimieren. Dabei wurden die Querverteilung und die
Düsen geprüft. Außerdem gab es Blattbelagsuntersuchungen, Versuche zur
biologischen Wirksamkeit, Abdriftmessungen sowie Tests der automatischen
Flugsteuerung bei verschiedenen Geländemodellen.
Derzeit sind noch
keine Pflanzenschutzmittel für die Anwendung von unbemannten
Luftfahrzeugen im Weinbau erlaubt. Zulassungen sind beantragt, stehen
jedoch voraussichtlich erst gegen Ende der Saison 2020, also für 2021,
zur Verfügung.
Sie waren an der Entwicklung der Sprühdrohne DJI Agras T16 beteiligt (von links): Martin Joos und Dr. Manuel Becker (LVWO Weinsberg), Mischa Kohnen (Droneparts) und Johannes Bertsch (Dronexperts).
Arbeitserleichterung in Steillagen
Sprühdrohnen
sollen die hohe körperliche Belastung und den intensiven Arbeitseinsatz
bei der Bewirtschaftung von Steillagen reduzieren. Dadurch könnten sie
die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und dazu beitragen, dass
Weinbausteillagen in Deutschland erhalten bleiben. Sie sollen
alternativ zu händisch durchgeführten Pflanzenschutzmaßnahmen wie
Rücken- oder Schlauchspritzungen eingesetzt werden. Sprühdrohnen können
zwischen 80 und 90 % der Handspritzungen ersetzen. Was bleibt, sind
Behandlungen der Traubenzone nach der Blüte bei entsprechendem
Krankheitsdruck.
Mit Sprühdrohnen gelangen zudem weniger
Pflanzenschutzmittel auf Nicht-Zielflächen. Die Abdrift konnte mit der
DJI Agras MG-1P um 95 % und mit der T16 um 90 % gegenüber dem Basiswert
gesenkt werden. Die Versuche wurden im Rahmen des EIP-Projekts
„Einführung von Spritzdrohnen in den Steillagenweinbau” durchgeführt.
Ziel sind die technische Optimierung der Sprühdrohnen und die Ausbildung
von Winzern zu Piloten. Unterstützt und gefördert wurde das Projekt vom
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
(MLR) und der Europäischen Kommission. Die Vermarktung inklusive
Training und Ausbildung übernimmt die Firma Dronexperts
(
www.dronexperts.de).
Im EIP-Projekt konnten die Kooperationspartner
Erfahrungen mit Sprühdrohnen im Weinbau sammeln. Bis jetzt fanden alle
Versuche an der LVWO im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes statt.
Nun wird auch die biologische Bewirtschaftung von Weinbausteillagen mit
Sprühdrohnen untersucht.