Fachliches
| 30. April 2016
Besser messen als schätzen
Von Dr. Monika Riedel, WBI Freiburg; Jürgen Ott, LTZ Augustenberg; Dr. Dietmar Horn, Bodengesundheitsdienst Ochsenfurt
Vor der Düngung von Stickstoffmengen über 50 kg N/ha und Jahr ist nach der Düngeverordnung der Bedarf für jede Bewirtschaftungseinheit festzustellen. Der folgende Beitrag soll wie in den letzten Jahren dabei helfen, den Düngebedarf richtig abzuschätzen, um die Pflanzen sachgerecht zu ernähren.
Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI), das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) und der Bodengesundheitsdienst Ochsenfurt haben die Mitteilung gemeinsam ausgearbeitet.
Termin der N-Düngung
Die Stickstoffdüngung sollte in Steillagen kurz vor
dem Rebenaustrieb, ansonsten etwa zum Austrieb oder rechtzeitig vor der
Rebblüte erfolgen – also cirka Ende April bis Mitte Mai. Auch
Mehrnährstoffdünger, die Stickstoff enthalten („Volldünger”), sollen
erst zum Rebenaustrieb ausgebracht werden. Wenn in diesem Zeitraum eine
Bodenbearbeitung geplant ist, sollte der Dünger hierbei eingearbeitet
werden.
Schätzen und Messen
Zur Ermittlung des Stickstoff-Düngebedarfs im Weinbau
werden häufig anerkannte Schätzverfahren genutzt. Hauptsächlich in
Abhängigkeit von der Wüchsigkeit der Reben, dem Ertrag, der Bodenpflege
und dem Humusgehalt liegt der Stickstoff-Düngebedarf in der Regel
zwischen 40 und 70 kg N/ha. In sehr stark wüchsigen Rebanlagen und/oder
bei hohen Humusgehalten (über 2,5 % bei steinarmen Böden oder über 4 %
bei skelettreichen Böden bei einer Beprobungstiefe bis 30 cm) sollte die
Stickstoffdüngung reduziert werden oder unterbleiben.
Bodenbearbeitung
Stickstoffmangel an einer Müller-Thurgau-Rebe am Bodensee. Die Düngung ist immer ein Balanceakt zwischen Über- und Unterversorgung.
In einigen Flächen werden auch Messmethoden, wie die EUF- und Nmin-Bodenuntersuchung, in Kombination mit Schätzverfahren angewandt. Zudem können die eigenen Bodenuntersuchungsergebnisse oder die im Folgenden vorgestellten Messwerte und Düngeempfehlungen auch für weitere vergleichbare Standorte übernommen werden. In Nitrat-Problem- und Sanierungsgebieten müssen in Baden-Württemberg zur Bemessung der N-Düngung gewisse Flächenanteile beprobt werden.
Nmin-Methode gibt wertvolle Hinweise
Die N-Düngung nach der Nmin-Methode orientiert sich am Sollwert 70 kg N/ha; davon wird der
Nitrat-N-Gehalt des Bodens abgezogen. Seit 15. März 2016 wurden in
verschiedenen Regionen in Baden-Württemberg im Mittel 11 kg Nitrat-N/ha
gemessen (Median aus 271 begrünten, bis 60 cm Tiefe beprobten
Rebflächen, NID-Auswertung vom 25. April 2016). Bei 11 kg Nitrat-N/ha im
Boden wird eine N-Düngung von 59 kg N/ha empfohlen. Davon kann,
abhängig von Wüchsigkeit, Traubenertrag, Humusgehalt und Bodenpflege,
ein Zu- oder Abschlag gerechnet werden.
Der Nitratinformationsdienst (NID) stellt aktuelle Nmin-Werte für
Rebflächen und viele weitere Kulturen ins Internet. Bodenproben für eine
Nitratuntersuchung (NID) können in Ertragsanlagen im Zeitraum 15. März
bis 30. Juni, in Junganlagen bis 31. Juli entnommen werden. Auf dem
Probenbegleitzettel sollte nicht nur „Rebe” (in der Zeile
„Hauptfrucht”), sondern eine der folgenden Bewirtschaftungsformen
angegeben werden: Reben begrünt (ganzflächig), Reben jede zweite Gasse
begrünt, Reben offen oder Reben Junganlage.
Die EUF-Methode
Bei der EUF-Methode (Elektro-Ultrafiltration) werden in
Bodenproben aus 0 bis 60 cm neben Nitrat auch leicht mineralisierbare
organische Stickstoffverbindungen extrahiert. Sie geben Auskunft über
das Stickstoff-Nachlieferungspotenzial während der Vegetation. Weitere
Angaben zu Bodenpflege, Wüchsigkeit, Steinanteil und durchwurzelbarer
Bodentiefe fließen in die EUF-Düngeempfehlung für Stickstoff ein. Zudem
werden Nährstoffe wie Phosphat, Kalium, Kalk, Magnesium und Bor bestimmt
und Düngeempfehlungen ausgesprochen. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland
2000 Bodenproben nach dem EUF-Verfahren für Reben untersucht. Eine
Auswahl der Ergebnisse für typische Bewirtschaftungsformen in
Baden-Württemberg ist im Balkendiagramm zu sehen.
Dauerbegrünung ist meistens Standard
In Abhängigkeit vom Stickstoffvorrat,
Nachlieferungsvermögen des Bodens und von der Bewirtschaftung werden
unterschiedliche N-Empfehlungen ausgesprochen. Mit zunehmendem Anteil an
Begrünung erhöht sich im Mittel die notwendige N-Düngermenge. In
Baden-Württemberg erhielten zwei von drei ganzflächig dauerbegrünten
Rebflächen eine Empfehlung für die Stickstoffdüngung zwischen 60 und
80 kg N/ha (dunkelgrüne Säulen). Bei offenen Böden (blaue Säulen) lagen
die N-Düngeempfehlungen dagegen bei den meisten Flächen zwischen 0 und
35 kg N/ha und bei Herbst/
Winter-Begrünung (rote Säulen) zwischen 20 und 55 kg N/ha. Die Anzahl
der EUF-Untersuchungen zeigt, dass in Baden-Württemberg dauerbegrünte
Rebflächen (ganzflächig oder in jeder zweiten Gasse begrünt) dominieren
(insgesamt rund 90 %). Offen bewirtschaftete Rebflächen sind kaum noch
anzutreffen, wie die Tabelle belegt.
Wasserschutzgebiete
In Nitratproblem- und -sanierungsgebieten sind in
Baden-Württemberg die Vorgaben der SCHALVO zur Bemessung der N-Düngung
zu beachten und es müssen gewisse Flächenanteile beprobt und mit der
Nmin- oder der EUF-Methode untersucht werden. Weitere Informationen
gibt es hier.