In diesem Jahr findet keine persönliche Urkundenübergabe statt, sondern der Winzernachwuchs erhielt die Zeugnisse per Post. Mit der Qualifikation schlagen die Absolventen nun unterschiedliche berufliche Wege ein.
Bei der Ausbildung zum Winzer werden Kenntnisse und Fähigkeiten für die Arbeit in den Reben und im Weinkeller sowie sensorische Grundlagen vermittelt.
Für die diesjährigen Absolventen im Beruf „Winzer” war es in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Jahr. Zum einen, weil der Abschluss ihrer Ausbildung bevorstand, zum anderen vor allem, weil die Prüfungsvorbereitungen Corona-bedingt erschwert waren. Während normalerweise die praxisorientierte dreijährige Berufsausbildung verschiedene Projekte, Betriebsbesuche, Lehrgänge und Azubi-Treffen beinhaltet, mussten sich die 27 angehenden Winzer zum Schluss online weiterbilden und miteinander kommunizieren. Dies verlangte von jedem eine gehörige Portion Disziplin, die von den Anwärtern jedoch auch gewissenhaft erbracht wurde.
Jan Clausen, Ausbildungsberater beim Landwirtschaftsamt Emmendingen, der die Azubis beim Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Hochburg Emmendingen betreut, lobte die Lernbereitschaft der drei Schülerinnen und 24 Schüler, die aus ganz Baden sowie aus Württemberg und Hessen die Weinbaufachschule Emmendingen-Hochburg besuchten. „Interessant ist nun, welchen weiteren beruflichen Weg die Gesellen einschlagen”, erklärt Clausen. So setzen vier Winzergesellen ihre Ausbildung in Emmendingen mit dem Meisterkurs fort, zwei wollen im Weinhandel arbeiten, zehn werden in Geisenheim oder in Neustadt an der Weinstraße studieren und weitere zehn gehen zu Weingütern, um im Keller oder in der Traubenproduktion mitzuarbeiten. Bemerkenswert findet Jan Clausen den Mut einer jungen Frau, die sich nach dem Abschluss auf Wanderschaft – nach dem Vorbild der Zimmermannszunft – begibt. „Es ist für Winzer eher ungewöhnlich, auf die Walz zu gehen.”
Sehr gute Spitzengruppe
Joachim Bumen lernte im dritten Jahr viel über die Kellereitechnik.
Traditionell werden die Absolventen im Rahmen der
Landesweinprämierung des Badischen Weinbauverbands in Offenburg im
November feierlich in den Gesellenstand erhoben. Diesmal musste die
Übergabe der Zeugnisse und Urkunden per Post erfolgen. Helmut Lehmann
vom Regierungspräsidium Freiburg bedauerte dies sehr: „Der feierliche
Rahmen fehlt.” Schließlich sei es eine große Leistung, die von den
Azubis – gerade während der letzten Monate – erbracht wurde, betont
Lehmann und berichtet von einer sehr guten Spitzengruppe, in der die
jeweils besten Absolventen besonders geehrt werden. Mit der
Durchschnittsnote 1,3 legten Joachim Bumen aus Endingen und Johannes
Dreher aus March die Prüfung ab, Verena Herbster aus Ehrenkirchen und
Thomas Schätzle aus Freiburg erreichten die Note 1,4.
Während
der Ausbildung ist es üblich, dass die Klasse gemeinsam verschiedene
Winzerbetriebe besucht und sich die Teilnehmenden vor Ort über
individuelle Arbeitstechniken und Betriebsphilosophien informieren.
Dies liefert den Azubis interessante Einblicke in die Praxis und
wertvolle Impulse für die eigenen beruflichen Ziele. Auch die jetzigen
Absolventen hatten zu beginn der Ausbildung noch Exkursionen
unternommen, allerdings mussten einige Unternehmungen sowie der
Höhepunkt der gemeinsamen Ausbildungszeit – die Abschlussfahrt in das
Weinbaugebiet Saale-Unstrut – aufgrund von Corona ausfallen.
Joachim Bumen aus Endingen, der das zweite
Ausbildungsjahr beim Staatsweingut Blankenhornsberg in Ihringen und das
dritte beim Weingut Bercher in Vogtsburg-Burkheim am Kaiserstuhl
absolvierte, war der Spaß an der Arbeit mit und in der Natur quasi in
die Wiege gelegt. Zuhause half er stets auf dem landwirtschaftlichen
Mischbetrieb mit und interessierte sich zunehmend für die Herstellung
von Wein. So startete er nach dem Agrar-Abitur die Lehre bei den zwei
Weinbaubetrieben, die er persönlich kannte.
Begeisterung für den Beruf
Für Johannes Dreher ist „Winzer” der schönste Beruf.
Die Aufgaben im Rebberg und im Weinkeller ergänzten sich perfekt und Joachim Bumen begleitete den kompletten Prozess bis zum fertigen Produkt. Aufgrund von Corona seien leider einige Blöcke in der Schule und überbetriebliche Ausbildungen ausgefallen. „Wir wurden trotzdem gut vorbereitet und ich konnte die Prüfungen relativ gelassen antreten.” Das Ergebnis gibt ihm recht: Mit der Abschlussnote 1,3 wurde Joachim Bumen einer der beiden Jahrgangsbesten. Und mit dem Zeugnis in der Tasche geht es nun für ihn mit einem Weinbau- und Önologie-Studium in Geisenheim weiter.
Auch Johannes Dreher aus March, der ebenfalls einen Notendurchschnitt von 1,3 erreichte, will in Geisenheim Weinbau und Önologie studieren. Fachpraktische Grundlagen dafür hat er sich im Weingut Kiefer in Eichstetten und im Weingut Schloss Ortenberg angeeignet. Da sein Vater ein eigenes Weingut in Emmendingen/Breisgau betreibt, ist er mit dem Beruf des Winzers schon von Kindheit an vertraut. Die Lehrbetriebe waren schnell gefunden und so startete Johannes Dreher nach dem Abitur in die – wie er es nennt – „überaus vielseitige und naturnahe” Ausbildung. Von Pflegearbeiten im Weinberg bis zum Filtrieren der Weine war während der Lehrzeit alles dabei, die Weinlese sei jedoch der schönste Moment: „Das ist die Belohnung für alle Mühe des Jahres”, schwärmt der Jungwinzer.
Ziel: Meisterprüfung
Verena Herbster war während der Lehre im Weinberg und Keller sowie im Verkauf im Einsatz.
Lediglich eine Zehntelnote verwies Verena Herbster
aus Ehrenkirchen-Kirchhofen auf den zweiten Platz. Mit dem
Notendurchschnitt von 1,4 schloss sie die Prüfungen zur Winzerin ab, auf
die sie sich beim Weingut Behringer in Britzingen im Markgräflerland
vorbereitet hatte. Nach dem Abitur und der Ausbildung zur
Weintechnologin hatte sie ihr Wissen über den Weinbau weiter vertiefen
wollen, um die Aufgaben im Keller mit der Arbeit in den Reben
kombinieren zu können. „Die Begeisterung für den Beruf war schon von
Kindheit an da”, schwärmt die junge Frau. Ihr Vater ist Weinküfer und
die Winzerei habe in der Familie lange Tradition. „Das muss an unserem
Nachnamen liegen”, lacht sie.
Die Philosophie und das Engagement der jungen Weinmacher Bernd und Thomas Behringer hat ihr imponiert und
dass es ein guter Ausbildungsbetrieb ist, sei bekannt, begründet sie
ihre damalige Bewerbung. Die Entscheidung habe sich schließlich in ihrer
vielfältigen Tätigkeit während der Ausbildung bestätigt: „Um möglichst
viel zu lernen, wurde ich flexibel in allen Bereichen eingesetzt. Sowohl
draußen in den Reben, als auch im Keller, aber auch im Verkauf wurde
mir viel beigebracht.” Momentan ist Verena Herbster weiter beim Weingut
Behringer beschäftigt. Ihr Ziel in naher Zukunft ist die Meisterprüfung.
Ein
weiterer im Bunde der Jahrgangsbesten ist Thomas Schätzle aus Freiburg,
der seine Ausbildung beim Weingut Franz Keller in Vogtsburg-Oberbergen
mit der Abschlussnote 1,4 erfolgreich krönte. Sein weiterer Weg führt
ihn nun, ebenso wie Joachim Bumen und Johannes Dreher, zum weinbaulichen
Studium an die Uni Geisenheim.
Kombination von Theorie und Praxis
Felix Ziser entschied sich für ein duales Studium, das Weinbaupraxis im Winzerbetrieb mit der Theorie am Weincampus Neustadt verbindet.
Mit einem Dualen Studium hat Felix Ziser aus Sasbach am
Kaiserstuhl einen Weg eingeschlagen, mit dem er die Theorie am
Weincampus in Neustadt an der Weinstraße mit der Praxis in den
Ausbildungsbetrieben kombinieren konnte. „Meine Eltern haben einen
Mischbetrieb mit Schwerpunkt Weinbau”, erklärt er den Grund für seinen
Berufswunsch. Die fachlichen Kenntnisse erlangte Ziser beim Weingut
Freiherr
von Gleichenstein (Vogtsburg-Oberrotweil/Kaiserstuhl),
Weingut Stefan Meyer (Pfalz) und Weingut Herbert Zillinger
(Weinviertel/Österreich) sowie bei mehreren Lehrgängen, Exkursionen und
Projektarbeiten.
Seinen eigenen Wein zu kreieren, sei letztlich das
Schönste, betont der junge Weinmacher. Und genau das tut er bereits:
Gemeinsam mit einem Studienkollegen gründete er ein eigenes Weingut und
produzierte den ersten eigenen Wein. Auf diese Weise kann er seine
persönliche Philosophie zum Ausdruck bringen, während er hauptberuflich
bei einem Weingut mitarbeiten möchte.
Jan Clausen gratulierte
zusammen mit Ausbildungsbetreuerin Lisa-Karen Lange vom
Regierungspräsidium Freiburg den erfolgreichen Azubis, die die
Herausforderungen der vergangenen Monate mit Bravour gemeistert hätten.
Clausen zeigte sich zudem beeindruckt von einigen Kandidaten, die
bemerkenswerte Laufbahnen eingeschlagen hatten. Darunter Koenraad
Hazelhoff, der aus privaten Gründen in Süddeutschland gelandet war und
hier im Weinverkauf eine erfüllende Tätigkeit fand, oder beispielsweise Constantin Ries, den es auf ein Demeter-Weingut in Österreich
verschlug.
Winzer-Gesellen, Abschluss-Jahrgang 2020
Philipp Bartsch, Immenstaad; Stephen Baumann, Freiburg; Joachim Bumen, Endingen-Kiechlinsbergen; Laura Clarke, Wurmlingen; Daniel Clemens, Alsfeld; Baris Demirel, Freiburg; Johannes Dreher, March; Koenraad Hazelhoff, Freiburg; Verena Herbster, Ehrenkirchen; Simon David Herrmann, Müllheim; Patrick Hunn, Gottenheim; David Moosmann, Waldkirch; Aaron Öhler, Weil am Rhein; Constantin Ries, Baden-Baden; Sascha Rinker, Vogtsburg-Bischoffingen; Thomas Schätzle, Freiburg; Simon Schindler, Schliengen-Mauchen; Julian Schill, Bötzingen; Jonas Schill, Bötzingen; Franziska Schilling, Radolfzell; Philipp Schlegel, Heitersheim; Wiktor Speck, Ettenheim; Sebastian Steinle, Ehrenkirchen; Keno Wagner, Merzhausen; Felix Walter, Bürgstadt; Simon Wochner, Merdingen; Felix Ziser, Sasbach.