Nachrichten | 15. Dezember 2016

Erfolg nach Sprung ins kalte Wasser

Von Walter Eberenz
Philipp Kiefer (26) ist Inhaber des Weinguts Kiefer-Seufert in Ballrechten-Dottingen. Der junge Weingutsbetreiber ist Ehrenpreisträger der Gebietswein- und Sektprämierung Baden 2016. Zuvor wurde er von der Zeitschrift Selection zum besten Jungwinzer Deutschlands 2016 gekürt. Beim DLG-Wettbewerb "Jungwinzer des Jahres" landete er 2015 auf Platz 3.
Philipp Kiefer (26), Inhaber des Weinguts Kiefer-Seufert in Ballrechten-Dottingen.
Herr Kiefer, erst mal ganz herzlichen Glückwunsch zum gerade errungenen  Ehrenpreis bei der Gebietsweinprämierung des Badischen Weinbauverbands. Es ist Ihre dritte begehrte Auszeichnung innerhalb kurzer Zeit. Dabei sind Sie erst 26. Wie kriegt man  sowas hin?
 
Das hat mich selbst überrascht. Ich stand ja 2012 nach dem plötzlichen Tod meines Vaters von heute auf morgen in unserem Weingut in der Verantwortung – als gelernter Weinküfer, ich bin nicht Meister, habe kein Studium. Da war ich natürlich zunächst mal froh, die Qualität zu halten. Zumal wir bei uns ausgerechnet 2012 ein schweres Hagelunwetter hatten. Das war natürlich für jeden eine Herausforderung und besonders auch für mich. Ich musste mich alleine durchkämpfen, es fehlte der Ansprechpartner.  Danach habe ich mich eigentlich schon ganz schnell darum bemüht, die Qualität zu verbessern. Geholfen hat, dass ich schon 2009 eine Spätburgunder Edition Philipp Kiefer hatte. Das war der erste Wein, den ich komplett selber erzeugen durfte, vom Weinberg bis zur Flaschenfüllung. Dadurch habe ich schon Erfahrung sammeln können. Ich habe schließlich versucht, meine ganz eigenen Linie aufzubauen. Und klar, von Jahr zu Jahr habe ich geschaut, dass ich mich nebenher weiterbilde mit Infomaterial aus unterschiedlichen Quellen. Ich habe viel probiert und mich mit den Sorten beschäftigt. So habe ich Jahr für Jahr versucht, die Qualität zu steigern. Geholfen haben auch, um das nicht zu vergessen, meine Erfahrungen aus dem viermonatigen Praktikum im Weingut Seifried in Neuseeland. Eines war und ist bei allem klar: Qualitätssicherung oder -steigerung findet nur im Weinberg statt.
 
Wie sah denn das Weingut bei der Übernahme aus, wo stehen Sie heute und wo wollen Sie noch hin?

2012, als ich mir sagte, jetzt probiere ich es, hatte das Weingut 7,5 Hektar. Ich startete damals zusammen mit meiner Schwester, die 2014 wieder in ihren Verwaltungsberuf zurückgekehrt ist, mich aber immer wieder unterstützt. Ich habe mir seitdem ein junges Team aufgebaut. Wir sind alle Jahrgang 1990 und versuchen, viel zu hinterfragen und einiges zu verändern. Bei der Rebfläche liegen wir derzeit bei 8,3 Hektar. Zuerst war für mich wichtig, eine andere Weinqualität zu erzeugen. Parallel ging es natürlich darum, im Verkauf voranzukommen. Das war am Anfang schwierig. Umso mehr freue ich mich, wie es jetzt läuft. Jetzt steht die Betriebserweiterung an. Wir wollen auch die Räumlichkeiten verändern. Ich habe jetzt noch ein Rebpflanzrecht für 0,5 Hektar und Freifläche für zwei Hektar; dann wären wir bei rund zehn. Wir wollen uns beim Wein im Premiumbereich etablieren. Das bedingt geringe Erträge im Bereich von 40 bis 50 Kilo je Ar. Dafür brauche ich dann wieder die nötige Fläche, damit das alles hinkommen kann. Die zehn Hektar sind also schon eine Zielmarke für die kommenden Jahre.
Auf welche Rebsorten setzen Sie?

Bei uns wächst eigentlich fast alles querbeet. Das ist auch eine besondere Herausforderung –  angefangen von Gutedel, rotem Gutedel über Müller-Thurgau, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay bis hin zu Sauvignon blanc und Sauvignon gris, dem grauen Sauvignon. Diese französische Sorte ist ganz selten im Markgräflerland, nicht zu verwechseln mit der Freiburger Piwi-Sorte Souvignier gris. In den steileren Lagen haben wir Riesling und Gewürztraminer. Unsere Rotweinsorten sind Spätburgunder und Regent. Und schließlich, ganz wichtig, haben wir noch unseren Muskateller-Sekt. Die Reben dafür sind 58 Jahre alt. Eine Idee wäre noch, in der Steillage Cabernet zu pflanzen, der die Rotweinpalette abschließen würde.
Herr Kiefer, schlüpfen Sie als junger Winzer mit bereits erworbenem Erfahrungsschatz doch mal in die Rolle des Berufsberaters. Was sagen Sie jungen Leuten, die sich überlegen, ob ihr Weg in den Weinbau führen soll?

Als Winzer arbeitet man mit der Natur und ist von ihr abhängig. Gefordert sind Engagement, Ehrgeiz und Kraft. Wer geregelt und regelmäßig siebeneinhalb bis acht Stunden arbeiten will täglich, für den kommt das eher nicht in Frage. Wenn Natur und Reben es erfordern, muss man agieren, und wenn es sein muss, auch am Wochenende.   Das ist ganz wichtig für die Berufswahl, auch als Angestellter. Es gibt einfach Arbeitsspitzen, sei es die Laubarbeit, sei es der Herbst. Das Wichtigste ist, dass man mit Herzblut dabei ist. Das versuche ich auch meinen beiden Mitarbeitern zu vermitteln. Und wenn dann Erfolg eintritt, beflügelt das jeden. Das ist dann eine schöne Bestätigung. 
 
Noch ein Aspekt zum Thema Ausbildung. Sie haben selbst Ihren Auslandsaufenthalt erwähnt. Inwieweit raten Sie anderen, eine gewisse Zeit auch im Ausland Erfahrungen zu sammeln?

Auf jeden Fall machen. Man profitiert fachlich sehr viel und lernt dabei Land und Leute kennen, was einem menschlich viel bringt. Ich war 2011 in Neuseeland. Der Jahrgang  dort hatte viele Parallelen mit unserem 2015er. Ich habe unheimlich viel einbauen können bei mir von dem Auslandsaufenthalt in Neuseeland. Die sind uns in einigen Bereichen voraus gewesen. Ich kann jedem nur raten, ins Ausland zu gehen. Und am besten, man verbindet das noch mit einer kleinen Reise. Allerdings halte ich es für besser, den Auslandsaufenthalt erst ins Ende der Ausbildung einzubauen, statt in den Anfang. Wenn man selbst schon einiges gelernt hat und weiß, kann man von neuen Erfahrungen viel mehr profitieren.