Nachrichten | 04. August 2016

Auf den Punkt getroffen

Von Walter Eberenz
Das Freiburger Weinfest hat vom 7. bis 12. Juli laut Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe (FWTM) 90.000 Besucher angezogen. Wir sprachen mit Jörg Dattler, der seit mehreren Jahren mit dem Schlossbergrestaurant Dattler in die Bewirtung eingebunden ist und in diesem Jahr zum dritten Mal den Gemeinschaftsstand Kaiserstühler Winzergenossenschaften bewirtete.
Jörg Dattler, 43, ist zusammen mit seinem Vater Hansjörg Dattler Inhaber des Schlossbergrestaurants Dattler in Freiburg. Seit mehreren Jahren ist er in die Bewirtung des Freiburger Weinfests eingebunden. Dieses Jahr bewirtete er zum dritten Mal den Gemeinschaftsstand Kaiserstühler Winzergenossenschaften.
Sie finden sich vom Veranstalter des Freiburger Weinfests in der Bilanzmeldung zum Fest als Bewirter zitiert mit den Worten „Besser kann man den badischen Wein nicht feiern”. Also alles prima und wir sind schon wieder fertig mit dem Interview? 
 
Das Zitat bezieht sich ja  auf das diesjährige Weinfest und da vor allem auf die zwei guten Tage Freitag und Samstag. Ich denke, von der Besucheranzahl und der Stimmung her kann man da schon sagen, dass das eigentlich nicht zu toppen ist. Das Wetter hat gestimmt – nicht zu heiß, nicht zu kalt –, es war kein EM-Spiel, es gab vor allem nicht so viele Parallelveranstaltungen in der Stadt. Von daher war das schon top. Der Festsamstag hätte vielleicht sogar noch früher beginnen können, wenn das Amt für öffentliche Ordnung darauf geachtet hätte, dass nicht gerade zu Festbeginn und vor allem auch zu Anlieferzeiten der Festbeschicker der komplette Ring durch den Christopher Street Day blockiert gewesen wäre. Ausgerechnet in den zwei wichtigen Straßen, Schoferstraße und Herrenstraße, ging nichts. Und dann war noch die Habsburger Straße gesperrt wegen des Habsburger Straßenfestes. Ergebnis: Es konnte kein Zulieferer mehr hin, es standen noch Kühlwagen vom Mittag, vom Münstermarkt da, die nicht abgeholt werden konnten. Viele Festbesucher sind deswegen erst später gekommen. Also haben wir sogar, obwohl das Fest sehr gut war, eine oder eineinhalb Stunden Umsatz verschenkt. Es ist nicht das erste Mal, dass solche Dinge schieflaufen. Man greift sich an den Kopf und fragt: Wie kann sowas überhaupt passieren?
 
Mal abgesehen von diesem Koordinationsproblem – was zählen Sie zu den Stärken des Weinfestes? Wo sind die Trümpfe, die da ausgespielt werden?

Ganz klar schon mal die Lage. Dieses Fest rund um das historische Münster ist schon einmalig. Das prägt natürlich die Atmosphäre. Man fühlt sich durch das Münster mittendrin, nicht verloren auf einem Riesengelände. Man flaniert, wechselt die Weinbereiche, die um das Münster angeordnet sind, kommt immer wieder in eine neue Situation. Früher gab es diese Holzbuden. Das war irgendwann nicht mehr zeitgemäß.  Danach kamen diese weißen Zelte, mit sehr hochgestochener, fast ausschließlich Sterne-Gastronomie. Dann ist man davon auch wieder weg, weil das viel zu aufwendig war für die Gastronomen, die teilweise von weither kamen. Und jetzt gibt es Gastronomiebetriebe wie uns, die mit Sitzplätzen und Service Speisen zum Wein anbieten. Und es gibt Verkaufsstände, an denen man sich etwas Einfaches holen kann, es gibt die Weinbuden. Es ist eine gute Mischung mit Charme, kein Einheitsbrei. An dieser Vielfalt sollte man, so meine ich, nicht zu sehr rütteln. Denn wir haben es geschafft, extrem viele junge Leute anzusprechen, das fiel auf dem Fest wieder deutlich auf. Ich glaube, das ist die beste Bestätigung, dass man auf dem richtigen Weg ist, ohne die ältere Generation zu vernachlässigen.
 
Aber selbst das Beste ist ja nicht ohne Schwächen. Wo sehen Sie denn  Verbesserungsmöglichkeiten?

Die Beleuchtungsverhältnisse nach Einbruch der Dunkelheit müssten noch verbessert werden, fällt mir spontan ein. Aber ansonsten ist das jetzt schwierig zu beantworten. Es gibt unter den Teilnehmern immer wieder kritische Stimmen, die sagen, dies oder jenes  müsste man doch anders machen, besser machen. Aber ich wäre da jetzt echt vorsichtig. Man kann natürlich immer wieder etwas finden, was nicht so schön ist. Da ist vielleicht noch der eine oder andere Stand, der eventuell doch zu rustikal ist, wo man vielleicht darauf hinarbeiten müsste, dass der sich ein bisschen ansprechender präsentiert.
Ansonsten haben wir in den letzten Jahren viel Feinjustierung betrieben und auch darauf geachtet, dass die Einzelstände in einem guten Zustand sind. Mir fällt im Moment ehrlich gesagt gar nichts Bedeutendes ein, das  man verbessern könnte. Ich möchte auch davor warnen. Ich glaube, dieses Jahr sollte eine Bestätigung dafür sein, dass man eigentlich das konservieren sollte, was man hat, und wenig verändern sollte. Die aktuelle Mischung trifft die Bedürfnisse der Festbesucher auf den Punkt. 
 
Trifft das auch auf den Zeitpunkt des Festes zu?

Als einzige richtige Schwäche des Festes kann sich tatsächlich künftig das Datum erweisen. Und zwar sind wir durch die Aufstockung der Fußball-Europameisterschaft  auf mehr Mannschaften in der Situation, dass wir alle zwei Jahre ein Fußball-Großereignis zu verkraften haben. Bisher dauerte die EM nur drei Wochen. Sie ist eigentlich fast so gut wie nie in das Fest hineingefallen. Schon dieses Jahr wäre das Weinfest ohne EM noch besser ausgefallen. Wir hatten beim Halbfinale mit Deutschland und beim Finale  trotz gutem Wetter erhebliche Umsatzeinbußen.
 
Was tun – das Weinfest verschieben?

Ja gut, das ist in der Diskussion – inwieweit das Sinn macht, inwieweit das möglich ist. Ganz einfach ist es nicht. Rückt man nach hinten, kommt man in die Sommerferien, da will man auf keinen Fall hin. Und man muss auch beachten, dass auf dem Platz noch andere Feste stattfinden, die in den nächsten Jahren bereits anvisiert sind. Vielleicht wartet man auch mal ab, wie sich die UEFA entscheidet, ob sie dieses Turnier bei der Größe lässt oder zurückfährt. Aber wenn tatsächlich alle zwei Jahre im Wechsel mal die Fußball-Europameisterschaft und mal die Weltmeisterschaft mit dem Weinfest kollidieren sollte, haben wir zum Wetterrisiko noch ein weiteres großes Risiko.