Fachliches | 04. Mai 2023

Kostengünstig auf Piwis umstellen

Von Petra Littner
Wer seine Reben mittels Grünveredelung auf eine andere Sorte umbaut, spart ordentlich im Vergleich zu einer Neuanlage. Die Umstellung verursacht nur knapp ein Sechstel der Kosten und bedingt keine Ertragseinbußen.
Dieter Rösch zeigte den neuen Trieb, der innerhalb von vier Wochen an der Rebe gewachsen ist.
Viele Winzer würden ihre Weinberge auf Piwis umstellen, die Kosten für eine  Neuanlage in Höhe von bis zu 50.000 Euro je Hektar und circa drei Jahre Ertragsausfall  bremsen diesen Wunsch allerdings häufig aus. Und wer erst vor kurzem neu bestockt hat, würde sein Rebstück nicht roden.
Bevorstehende massive Einschränkungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Klimaveränderungen und wirtschaftliche Faktoren erzwingen jedoch ein baldiges weitsichtiges Handeln. Da stellt die Grünveredelung eine Lösung dar. Entwickelt hat die Methode der Winzer Dieter Rösch aus Ötlingen bei Weil am Rhein. Im Jahr 2011 pfropfte er erstmals Helios auf Roten Gutedel, hat seither viel experimentiert und inzwischen 26 Ar – knapp die Hälfte seiner Rebfläche  –  erfolgreich mit Piwis umgebaut.
„Holz auf Grün funktioniert sehr gut”, erläuterte er in den Workshops, die im Haus der Bauern und beim Badischen Weinbauverband durchgeführt wurden. Dabei zeigte Rösch, wie Reiser und Unterlage angeschnitten und zusammengesteckt  werden, wie man die Schnittstelle versorgen und worauf man besonders achten muss. Zeitpunkt, Feuchtigkeit  und Temperatur seien für das Anwachsen ebenso entscheidend wie Position und Ausrichtung des Edelreises. Ruten zur Veranschaulichung  hatte der Winzer mitbgebracht, an denen die Teilnehmenden den Schnitt  ausprobieren und die Edelreise für eigene Tests mitnehmen konnten. Rösch sprach von durchschnittlich 75 Prozent Anwachsrate.
Veredelt wird auf Wasserschosse
Der Schnitt erfolgt mit einem scharfen Messer.
Die Verbindung wird fixiert und abgedichtet.
Veredelt werden ein bis zwei Wasserschosse aus dem Unterstock. Konkurrierende  Geiztriebe werden ausgeputzt und der Rebstock während der gesamten Vegetationszeit wie gewohnt gepflegt. Konventioneller Pflanzenschutz ist bis zur vollkommenen Umstellung erforderlich. Eine Ertragsminderung entsteht derweil nicht, zumal sich die bereits gut verwurzelten Rebstöcke in der Regel ausreichend mit Nährstoffen und Wasser  versorgen können. Dass die Rebsorte nach Standortfaktoren gewählt werden kann, führt Rösch als weiteren Vorteil an.
Starkes Argument sind die Kosten. Im Gegensatz zu einer Neuanlage summieren sich diese inklusive Arbeitslohn auf etwa 9000 Euro, also etwa ein Sechstel. Das entspricht rund 1,50 Euro pro Rebe. In einer Stunde schaffe man etwa zehn Reben mit je zwei Ruten bzw. 20 Reben mit je einer Rute.
Eigene Erfahrungen und Erkenntnisse melden
Erster Teil der Workshops war Theorie, Praxistage folgen entsprechend der Vegetation.
Auf 20 Ar seiner Flächen führt das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) in diesem Jahr oenologische Versuche durch, in die Erfahrungen und Ergebnisse aus privaten Anlagen einfließen sollen. Winzer, die auf eigene Faust Versuche unternehmen, sind deshalb aufgerufen, ihre Erkenntnisse zu melden. Bei den Tests werden sie von Experten des Piwi- Kollektivs begleitet. „Wir konnten drei Winzergenossenschaften und zwölf einzelne Winzer neu dazugewinnen”, freut sich Philipp Rottmann und ergänzt: „Wir wollen die Umstellung  voranbringen.”
Aufgrund der großen Nachfrage war der Workshop umgehend auf drei Veranstaltungen erweitert worden. Abhängig von der vegetativen Entwicklung werden ab Ende Mai noch zwei Praxistage angeboten. Den Workshop-Teilnehmern werden die Termine mitgeteilt.  https://piwi-kollektiv.de/