Weinbauverband | 02. Oktober 2019

Die Konsequenzen kann keiner wollen

Von Petra Littner
Neben der Prognose für die Weinlese 2019 beherrschte das Volksbegehren Artenschutz das Herbstpressegespräch des Badischen Weinbauverbands in Ehrenkirchen. Landwirtschaftsminister Peter Hauk stellte sich dabei mit der Aussicht auf einen Gegenentwurf auf die Seite der Winzer.
Die fröhlichen Gesichter von Minister Peter Hauk, Bürgermeister Thomas Breig und den Geschäftsführern Hagen Rüdlin (Markgräfler Winzer eG) und Peter Wohlfarth (Badischer Weinbauverband, von links) täuschen ein wenig hinweg über den momentanen Ernst der Lage, bedingt durch das Volksbegehren Artenschutz.
Sonnig, wie der Termin des Herbstpressegesprächs am 10. September, stellte der Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbands, Peter Wohlfarth, die Aussichten auf die bevorstehende Weinlese dar. Obwohl man mit einem Defizit des Vorjahres aufgrund des akuten Wassermangels gestartet war, habe sich die Vegetation im Laufe der zurückliegenden Monate reguliert. Allerdings habe die Hitzewelle um den 24. Juli, mit Temperaturen über 40 Grad Celsius, vielerorts doch zu Sonnenbrandschäden geführt und vor allem bei Jungreben Trockenstress verursacht. Ein heftiges Unwetter mit Sturm und Starkregen am 29. Juli habe die Hitze beendet – ein Naturspektakel, das sich am 7. August wiederholte. Die durchschnittliche zu erwartende Erntemenge bezifferte er auf  85 Hektolitern je Hektar.  „Wetterextreme werden sich künftig häufen”, betonte Landwirtschaftsminister Peter Hauk mit Blick auf meteorologische Aufzeichnungen seit 1883. Trockenjahre, aber auch Schäden aufgrund von Spätfrost und Hagel seien zunehmend zu erwarten, worunter vor allem Land- und Forstwirte wie auch die Winzer zu leiden hätten. „Wir wollen erreichen, dass Mehrgefahrenversicherungen möglich werden, damit Sie Risikovorsorge betreiben können”, erklärte Hauk.

Volksbegehren unterschlägt wichtige Faktoren
Auch zum „Volksbegehren Artenschutz” nahm der Minister Stellung. „Wir haben das Thema nicht auf die Agenda gesetzt”, bekräftigte er. Die Urheber – zwei Imker aus Stuttgart – hätten seiner Meinung nach einige wichtige Punkte nicht berücksichtigt: Zum Beispiel, dass zum Erhalt der Biodiversität auch die  Landbewirtschaftung beitrage, dass die regionale Fauna und Flora keine Resistenzen gegenüber invasiven Schädlingen besitze, dass dem Klimawandel entsprechend neue Maßnahmen erforderlich seien und dass beim Niedergang der heimischen Landwirtschaft Lebensmittel aus Ländern importiert werden müssten, wo für deren  Erzeugung weniger strenge Regeln gelten. „Die Konsequenzen des Volksbegehrens kann niemand wollen”, betonte er. „Warum nicht die Piwis fördern?”, lautete sodann eine Frage aus der Journalistenrunde. „Weil sie der Konsument nicht kauft”, lautete die prägnante Antwort von Weinbauverbandspräsident Kilian Schneider. Er verwies damit auch auf einen enthusiastischen Start beim Anbau von Regenttrauben vor einigen Jahren. Der Konsument erwarte das Geschmacksbild des Spätburgunders, pilzwiderstandsfähige Rebsorten erzeugten jedoch ein anderes. Außerdem bedeute Piwi „widerstandsfähig” und nicht „resistent” gegen Pilzbefall. Auch bereits etablierte Rebsorten kämen nicht gänzlich ohne Pflanzenschutz aus. Ohne Pflanzenschutz sei keine effiziente Bewirtschaftung möglich, attestierte der Landwirtschaftsminister. Dies stehe aber nicht im Gegensatz zu einer maßvollen Reduzierung der Mittel und einer gezielten Förderung der Biodiversität. Das neue Gesetz pauschaliere und erfordere für jede einzelne Spritzung eine Sondergenehmigung.
Weinbaupräsident Kilian Schneider warnt vor pauschalierten Regeln.
„Die Diskussion darf nicht dazu führen, dass junge Winzer frustriert aufgeben”, fasste Kilian Schneider zusammen. Schließlich seien vor allem die Anbauflächen am Bodensee und Kaiserstuhl betroffen, die sich fast ausnahmslos in Schutzgebieten befinden.
„Der Gesetzesentwurf ist nicht mehr verhandelbar, wir setzen darauf, dass dieser vom Landtag abgelehnt wird”, so Schneider weiter. Indessen arbeite man derzeit mit Hochdruck an einem Volksantrag. „Eine völlig neue Sache und große Herausforderung für den Weinbauverband”, erklärte der Präsident. „Darin werden wir verdeutlichen, wie viel wir bereits für den Artenschutz unternehmen.” Als Beispiel führte er die seit 15 Jahren flächendeckende Pheromon-Methode an.
 
Regionaltypische Weine unterstrichen die Ziele
Sensorisch überzeugte abschließend Hagen Rüdlin, Geschäftsführer der Markgräfler Winzer eG in Efringen-Kirchen, die Teilnehmer mit ausgewählten Weinen, die sich im Glanz der Sonne über der Ölbergkapelle bei Ehrenstetten vortrefflich präsentierten. Bürgermeister Thomas Breig hielt dazu nicht mit seinem Stolz auf  das wundervolle Fleckchen Erde zurück, das im Mai 2019 gar zu Europas schönstem Briefmarkenmotiv gekürt wurde.