Fachliches | 03. Februar 2023

Im Weinberg nach dem Rechten schauen

Von Joscha Mattmüller, Inspektorenanwärter mit Schwerpunkt Weinbau am LRA Breisgau-Hochschwarzwald
Neben den klassischen Winterarbeiten sollte man sich jetzt die Zeit nehmen, die 2023 anstehenden Aufgaben gut zu planen und die bald beginnende Saison gründlich vorzubereiten.
Zur Müllvermeidung sind Dispenser vor dem Rebschnitt einzusammeln.
Ein bisher viel zu milder Winter prägt die aktuelle Vegetationsruhe. Lag der Dezember bereits hinsichtlich der Monatsdurchschnittstemperatur um 0,4 °C über dem Schnitt, so liegt der Januar mit 7,0 °C (Stand 26. Januar) mit + 4,1 °C sehr deutlich darüber.
Diese Werte und die recht aktive Natur Mitte Januar, mit fast saftig grünen Wiesen und vereinzelt blühenden Obst- und Mandelbäumen, zeigt einmal mehr die Auswirkungen des Klimawandels.
Die Niederschläge bewegen sich seit Oktober auf einem durchschnittlichen Niveau. Um das Wasserdefizit des heißen und sehr trockenen Sommers 2022 aber wieder einigermaßen auszugleichen, bräuchte es allerdings in den kommenden Wochen deutlich höhere Niederschläge. Wer sich für die Witterungswerte in seiner Region interessiert, findet unter www.wetter-bw.de die entsprechenden Stationen mit vielfältig aufbereiteten Daten. 
Rebschnitt und Rebschutz
Trotz der hohen Erträge 2022 zeigt sich zumeist eine recht gute Holzreife. Symptome durch die Schwarzfleckenkrankheit sieht man in diesem Winter eher selten, was die Auswahl einer gesunden Fruchtrute beim Rebschnitt wesentlich erleichtert. Die typischen lilafarbenen „Oidium-Flecken” hingegen sind dieses Jahr häufig ab der oberen Hälfte der Laubwand zu beobachten.
Grund hierfür ist der extreme Spätbefall in den Monaten September und Oktober. Begünstigt durch die feuchtwarme Witterung, gepaart mit einer hohen Luftfeuchtigkeit sowie dem Ausbleiben der Pflanzenschutzmaßnahmen vor der Ernte konnte sich der Pilz am Laub sowie an den Geiztrauben ohne große Einschränkungen stark ausbreiten. Behalten Sie diese Anlagen hinsichtlich „frühem Rebschutz” im Hinterkopf.
Pheromondispenser stets wieder einsammeln
Zur Vermeidung einer Belastung durch Mikroplastik im Weinberg und der Umwelt sollten die Pheromondispenser vor dem Rebschnitt eingesammelt werden. Seit zwei Jahren bietet das PAMIRA-Entsorgungssystem spezielle Sammeltermine für Pheromondispenser an. Die zentralen Sammelstellen in Baden sind die Niederlassungen der ZG Raiffeisen Agrar in Heitersheim, Merdingen und Achern.
Termin für die Abgabe ist der Zeitraum vom 13. bis 17. März 2023 zu den jeweiligen Öffnungszeiten. Auch andere Agrar-Niederlassungen von Raiffeisen nehmen Anfang März an der Sammelaktion teil. Fragen Sie nach.
Bei den teilnehmenden Sammelstellen können ab sofort spezielle Sammelsäcke abgeholt werden. Sinnvoll wären örtlich organisierte Gemeinschaftsaktionen. Zu diesen Terminen erfolgt keine Annahme von Pflanzenschutz- und Flüssigdüngemittelverpackungen. Laut Herstellerfirma können die Dispenser, wenn sie reinsortig eingesammelt werden, recht gut recycelt werden.
Ein stabiler Drahtrahmen ist Basis einer guten Ernte
Ist der Rebschnitt beendet, muss der Drahtrahmen repariert und auf Spannung gebracht werden. Eine der weniger schönen Arbeiten im Rebberg ist das Wechseln von beschädigten Pfählen. Besonders Anlagen mit einem hohen Anteil an Holzpfählen sind nach einer Vollernterlese sehr arbeitsintensiv.
Hier bietet es sich an, die komplette Anlage auf Stahlpfähle umzurüsten, vorausgesetzt, in den nächsten vier bis fünf Jahren ist eine Rodung ausgeschlossen und die Gassenbreite entspricht dem aktuellen Standard. Durch den Einsatz eines am Schlepper montierten Pfahldrückers können die alten Pfähle herausgezogen und die neuen eingedrückt werden. Somit erspart man sich auch das mühsame Ausgraben von abgebrochenen Pfahlspitzen. Gerade in der momentanen Gesamtsituation ist das Erhalten der Anlage dem Erneuern vorzuziehen.
Tipps für eine Neuanlage
Falls die Rebsorte hinsichtlich der Vermarktung nicht mehr passt oder die Gassenbreite unter 1,80 m liegt, ist eine Erneuerung sinnvoller. Das Neuanlegen einer Rebanlage wurde in den letzten drei Jahren allerdings zu einem sehr kostspieligen Unterfangen. Durch die Corona-Krise sowie den Ukraine-Krieg schossen die Stahlpreise und somit auch der Preis für Pfähle, Draht, Anker und Stäbe exorbitant in die Höhe.
Betriebe müssen momentan mit Kosten von 40.000 bis 45.000 Euro pro Hektar Jungfeld rechnen. Hierbei lohnt es sich durchaus, vor dem Einkauf des Materials Angebote von mehreren Agrarhändlern einzuholen, um den immensen Preissteigerungen zumindest ein bisschen entgegenzuwirken.
Eine weitere Möglichkeit, günstigere Preise zu erhalten, sind Sammelbestellungen. Sprechen Sie sich hierfür mit Ihren Berufskollegen ab oder treten Sie an die örtlichen Winzerkreise oder Genossenschaften heran.
Pflanzgut rechtzeitig vorbestellen
Aktuell veredeln die Rebveredler die Jungpflanzen für das Pflanzjahr 2024. Für den Fall, dass Sie in diesem Zeitraum eine Neuanlage planen, sollten Sie in den kommenden Tagen das Pflanzgut bei dem Veredler Ihres Vertrauens reservieren lassen Besonders Piwis müssen frühzeitig bestellt werden, um die gewünschte Unterlage-Edelreis-Kombination rechtzeitig zu erhalten.