Fachliches | 03. November 2022

Injektion eines Mittels gegen Esca

Von Dr. René Fuchs, WBI
Bei ESCAlibur des Anbieters B+H Solutions GmbH handelt es sich um eine EG-Düngemittelsuspension, welche die Spurenelemente Bor, Kupfer und Silber enthält, Letzteres als Nanopartikel. Es wurde unter Mitwirkung des WBI untersucht.
Nach Angaben des Herstellers soll die einmalige Behandlung der Reben mit ESCAlibur zu einer Reduktion der Krankheitssymptome von  Esca führen. Insgesamt fallen für die Behandlung pro Rebstock Material- und Mittelkosten von etwa 0,70 Euro an.
Die Wirkung beruhe auf einer Erhöhung der allgemeinen Gesundheit sowie einem aktiveren Stoffwechsel der Pflanze. Inwieweit diese Methode gegen Symptome der Esca-Krankheit hilft, wurde in mehreren Versuchen in den vergangenen zwei Jahren untersucht.
Die Versuche fanden im Rahmen eines durch die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit” (EIP-AGRI) geförderten Projekts zur Entwicklung von Strategien zum Schutz der Weinrebe vor Esca statt. Sie wurden durch die Mitglieder der Operationellen Gruppe A.C.S.E. (Arbeitsgruppe zur Charakterisierung von Strategien bei Esca) wissenschaftlich begleitet. Die Firma B+H Solutions GmbH stellte das Mittel für die Versuche kostenlos zur Verfügung und lieferte entsprechende Vorgaben zur Durchführung der Methode.
Die abschließende Bonitur und Auswertung der Ergebnisse wurde von Mitarbeitern des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg, als Mitglieder der OPG A.C.S.E., sowie Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Darmstadt, Dezernat V 51.2, Weinbau, übernommen.
Vorgehensweise
Chronische Symptome der Esca-Krankheit – Tigerstreifenmuster.
Für den Versuch eigneten sich ausschließlich Reben mit chronischen Esca-Symptomen. Hierzu gehören die typischen Tigerstreifenmuster an den Blättern sowie die dazugehörigen Welkeerscheinungen an den Trauben.
Um Aussagen über die Wirksamkeit eines Prüfmittels treffen zu können, sind normalerweise die Verwendung einer unbehandelten Kontrolle sowie Behandlungen mit einem Referenzmittel erforderlich. Letzteres stand jedoch nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der Reben mit Vintec (Belchim) oder Tessior (BASF) als Referenzmittel wäre nicht sinnvoll gewesen, da beide Produkte eine andere Wirkungsweise haben.
So stand nur die unbehandelte Kontrolle als Vergleich zur Verfügung. Als unbehandelte Kontrolle sollten mindestens 24 Reben mit chronischen Esca-Symptomen dienen. Mindestens 24 weitere Reben mit chronischen Esca-Symptomen wurden mit dem Prüfmittel ESCAlibur nach den genauen Vorgaben des Herstellers behandelt. 
Vier Wiederholungen
Gesundes Rebholz ist an der hellen Farbe und feuchten Konsistenz zu erkennen.
Die beiden Varianten wurden in vier randomisierten Wiederholungen angelegt, um Standortunterschiede auszugleichen. Im Juni und September 2021 fanden die Behandlungen durch die Praxisbetriebe statt. Das Prüfmittel wurde mittels Stamminjektionen, nach der sogenannten Druck-Methode, angewendet.
100 ml ESCAlibur wurden mit 900 ml Wasser für die Behandlung von 100 Reben gemischt. Zur Behandlung der Reben wurde anfangs noch mithilfe eines Akku-Bohrschraubers rund 30 cm über dem Boden ein 4 mm breites und 1 bis 2 cm tiefes Loch im flachen Winkel in den Rebstamm gebohrt. Dabei wurde darauf geachtet, dass das Loch nur in gesundes Holz gebohrt wurde. Anschließend wurden 10 ml ESCAlibur-Lösung und 10 ml Luft in die Spritze gezogen.
Die Vorgehensweise änderte sich jedoch ab Mitte August 2021, nachdem der Hersteller das Anwendungsverfahren abänderte. Danach wurden für die Stamminjektion zwei Spritzen mit jeweils 7 ml des Mittels benötigt und die Bohrungen so tief wie möglich unten am Stamm sowie an gegenüberliegenden Seiten angesetzt. Am besten eignete sich für das Anbringen der Spritzen die verdickte Veredelungsstelle, da dort die vollständige Injektion am ehesten sichergestellt werden konnte. 
Auswertung
Stamminjektion mittels Druck-Methode.
Hierzu wurde die Spritze ins Bohrloch eingeführt, festgedrückt und der Kolben so weit in die Spritze geschoben, bis er mithilfe des Arretierungs-Nagels fixiert werden konnte. Dadurch blieb der Druck in der Spritze erhalten und die komprimierte Luft drückte die Lösung nach und nach in den Rebstamm. Die Aufnahme der Lösung in den Stamm dauerte je nach Rebsorte und Alter zwischen drei und sechs Tagen.
Die Abschlussbonitur der Flächen wurde im Sommer 2022 durchgeführt.
Es wurden insgesamt 447 Rebstöcke ausgewertet. Die Reben wurden dabei in Abhängigkeit von ihrem äußeren Erscheinungsbild in drei Kategorien unterteilt: gesund (symptomfrei), krank (chronische Esca-Symptome) und abgestorben.
Wichtig ist zu erwähnen, dass die Kategorisierung „gesund” nicht notwendigerweise bedeutet, dass die Reben wirklich gesund waren, sondern nur keine Krankheitssymptome zum Zeitpunkt der Bonitur gezeigt haben. Weil die Esca-Krankheit im Rebstamm sitzt, ist davon auszugehen, dass auch gesund aussehende Pflanzen nach wie vor von der Krankheit befallen sind.
Ergebnis
Bei der Auswertung der einzelnen Flächen zeigte sich, dass in vier von sieben Flächen überhaupt keine Unterschiede zwischen den unbehandelten Reben und den mit ESCAlibur behandelten Rebstöcken festgestellt werden konnte. In zwei Riesling-Flächen im Rheingau konnten bei den mit Prüfmittel behandelten Rebstöcken tendenziell weniger symptomatische Reben beobachtet werden, wohingegen in einer Sauvignon-Blanc-Fläche die unbehandelten Reben tendenziell gesünder aussahen.
Allerdings zeigte eine genauere Betrachtung der Ergebnisse, dass die Messwerte stark um den Mittelwert streuten. Es konnte daher kein definitiver Unterschied festgestellt werden. Zudem waren alle drei Ergebnisse statistisch nicht signifikant, was wiederum bedeutet, dass der beobachtete Effekt rein zufällig sein könnte.
Auf keiner der untersuchten Flächen konnte demnach ein signifikanter Unterschied zwischen behandelt und unbehandelt festgestellt werden. Somit lässt sich anhand der erhobenen Daten keine Wirksamkeit der Methode auf die Ausbildung der chronischen Krankheitssymptome nachweisen. Inwieweit sich die vom Hersteller ausgelobte indirekte Wirkung, nämlich die Bildung von pflanzeneigenen Abwehrstoffen, auf die Erreger der Krankheit auswirkt, wurde nicht untersucht. 
Praxistauglichkeit
Da Esca sich vornehmlich im Kernholz befindet und von dort weiter ausbreitet, würde eine Injektion des Mittels ins Splintholz die besonders betroffenen Bereiche innerhalb des Rebholzes nicht erreichen. Die Krankheit müsste sich demnach ungehindert im Rebstamm ausbreiten und letztendlich weitere gesunde Bereiche befallen können. Ob eine einmalige „Vitalisierung” der Rebe somit ausreichen würde, um den schleichenden Befall aufzuhalten, müsste genauer untersucht werden.
Neben der Wirksamkeit der Methode sollte auch die Praxistauglichkeit näher betrachtet werden. Da Stamminjektionen einen ausreichenden Saftstrom in der Rebe voraussetzen, kann diese erst ab Neuaustrieb im Frühjahr bis Ende September durchgeführt werden. Eine Behandlung im Winter, wie bei Vintec oder Tessior, ist vollkommen ausgeschlossen.
Die Methode ist jedoch zum Beispiel im Vergleich zur Rebchirurgie, die rund 5 bis 25 Minuten dauert, mit weniger als 5 Minuten pro Rebstock schneller und deutlich einfacher durchzuführen. Aber auch bei der Stamminjektion können Schwierigkeiten auftreten.
 
Schwierigkeiten bei der Anwendung
Zur Vermeidung von Plastikmüll sollten die Spritzen eingesammelt werden.
So war es bei manchen älteren Rebstöcken problematisch, eine geeignete Injektionsstelle zu finden, da teilweise nur bei mehrmaligen Bohrungen intaktes Holz gefunden werden konnte. Bei faulig-moderigem Holz kann das Mittel nämlich nicht mehr über den Saftstrom in der Pflanze aufsteigen. Zusätzlich erschwerten vertikale Risse im Rebholz die Injektion, da das Prüfmittel durch diese wieder aus der Pflanze austrat.
Auch vorzeitiges Auslaufen der Spritzen durch Unregelmäßigkeiten in der Holzoberfläche wurden wiederholt festgestellt. Des Weiteren kam es mehrmals zum Abplatzen der Spritzen, weil der Druck zu groß war und das Mittel nicht schnell genug in den Rebstock aufgenommen werden konnte. Teilweise wurde das Präparat auch nur unvollständig aufgenommen.
Ursächlich hierfür könnte eine Injektion des Mittels in ausschließlich abgestorbene Bereiche des Holzes sein, von wo aus es nicht mehr aktiv durch den Saftstrom weiterverteilt werden konnte. Auch wenn der Winkel für die Bohrung zu flach gewählt wurde, blieb ein Rest der ESCAlibur-Lösung in der Spritze zurück. Wurde der Winkel zu steil gewählt, konnte die Spritze teilweise nicht richtig befestigt werden und fiel ab. Manche Spritzen blieben als Plastikmüll liegen.  
 
Fazit: Keine Wirkung
In acht Praxisversuchen wurde die Wirksamkeit von ESCAlibur auf die Symptomausprägung der Esca-Krankheit untersucht. Hierzu wurde das Düngemittel per Stamminjektion in den Rebstock appliziert und die Wirkung im nächsten Jahr bonitiert. Wie die Auswertung der Daten gezeigt hat, konnte in keiner der Versuchsflächen ein signifikanter Unterschied zwischen den mit ESCAlibur behandelten und den unbehandelten Reben festgestellt werden. Eine Wirkung des Mittels auf die chronischen Symptome der Esca-Krankheit konnte demnach nicht beobachtet werden.