Nachrichten | 11. Januar 2018

Erschrocken am Stock, gelassen im Keller

Von Walter Eberenz
Wir sprachen mit Wolfgang Schupp, Erster Kellermeister der Winzergenossenschaft Oberbergen im Kaiserstuhl, über den Weinjahrgang 2017.
Weinküfermeister Wolfgang Schupp ist seit 1996 Erster Kellermeister der Winzergenossenschaft Oberbergen im Kaiserstuhl. Die Genossenschaft erfasst und verarbeitet Trauben von insgesamt 360 Hektar Rebfläche.
Wie macht sich gerade der 2017er Wein in Fässern und Tanks bei Ihnen? Sind Sie zufrieden?


Die Weine liegen im Moment (Stand 21. Dezember 2017) noch auf der Feinhefe, um wertvolle Bukett- und Aromastoffe einzubinden. Sie zeigen sich sehr gut.
 
Gibt es eigentlich schon Weine im Verkauf und wenn ja, welche?

Nein – alle Weine liegen komplett noch auf der Feinhefe. Der erste Wein wird Mitte Januar gefüllt – es ist unser  frisch-fruchtiger Frühlingsbote Müller-Thurgau.
 
Wie hat sich bei Ihnen der Spätfrost 2017 ausgewirkt? Welche Verluste traten wo auf?

Der Frost wirkte sich bei uns schon stark aus – wir haben dadurch insgesamt 30 Prozent eingebüßt, bezogen auf die Gesamtmenge. Am stärksten betroffen waren Müller-Thurgau-Anlagen, da war auch noch Hagel mit dabei. Es gab Rebstücke mit Müller-Thurgau, die brachten nur 30 kg/Ar. Im Durchschnitt liegen wir sonst bei 85 kg/Ar. Wir haben die kleinste Ernte bei Müller-Thurgau gehabt, seit wir Aufzeichnungen betreiben.  Die Burgundersorten waren nicht ganz so stark betroffen. Natürlich gab es vereinzelt wegen der Strahlenfröste auch dort Stücke mit wenig Ertrag. Aber wir liegen bei Burgundern schätzungsweise zwischen 90 und 95 kg/Ar.

30 Prozent Verlust bezogen auf eine Normalernte sind ja schon happig …

Ja – man hat das erst gar nicht so stark eingeschätzt vor dem Herbst. Aber die Leute sind geradezu erschrocken, als sie geerntet haben: Es war oft wenig im Bottich drin und die Trauben vom Müller- Thurgau hatten auch kein Gewicht.
 
Vielerorts in Baden sprach man ja von einem Turbo-Herbst 2017;  sehr früh und sehr schnell. Bei Ihnen auch?

Das war bei uns genauso. Anfang September starteten wir mit der Lese, drei Wochen später war das meiste vom Stock. Wegen der geringen Erträge und der frühen Reife mussten wir handeln. Die geringere Menge hat die Lese zusätzlich beschleunigt.  Natürlich haben wir auch noch versucht, Lesezeitpunkte hinauszuzögern, um die optimale Reife zu nutzen. Es kamen ja kühle Nächte, die das begünstigten.
 
Wie schwierig war denn das Lesegut beim Umgang im Keller – eher herausfordernd oder pflegeleicht?

Es war sehr pflegeleicht. Wir hatten fast ausnahmslos gesunde, vollreife Trauben eingebracht. Damit war der Gärverlauf sehr gleichmäßig – ohne Probleme. So  präsentieren sich auch die Jungweine.

Das hört sich nach wunschgemäß an ...

Genauso ist es.
 
Wie würden Sie denn die 2017er Weine nach derzeitigem Entwicklungsstand beschreiben, auch im Vergleich zu den beiden Jahrgängen zuvor?

Die Weißweine zeigen sich sehr sortentypisch, fruchtbetont, dicht, elegant, frisch, mit guten Extrakt- und Säurewerten, was auf eine lange Haltbarkeit schließen lässt. Die Rotweine sind sehr farbintensiv mit vielen Fruchtaromen, kräftigem Körper, extraktreich, mit angenehmem Tannin. Die Weine, denke ich, zeigen viel mehr Frucht und Dichte als die beiden Jahre zuvor. Die Weinfreunde können sich auf Top-Qualitäten in allen Stufen freuen – vom Qualitätswein bis zur Beerenauslese.