Fachliches | 04. September 2024

Der schöne Schein trügt

Von Lars Askani, WBI
Der aus Asien stammende Japankäfer (Popillia japonica) kann enorme Schäden an Grünanlagen, Obstplantagen oder Weinbergen verursachen. Um dessen Ausbreitung zu verhindern, sind entsprechende Maßnahmen erforderlich.
Der Japankäfer ist etwas kleiner als eine Ein-Cent-Münze. Aufgrund seines großen Appetits – vor allem auf junge Blätter – kann er einen enormen Schaden anrichten.
Er sollte gar nicht erst heimisch werden, doch tatsächlich kommt der Japankäfer immer näher. Weil er folgenreiche Fraßschäden verursacht, wird er von der EU als Unionsquarantäneschädling eingestuft und es werden entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung der Ansiedlung und Ausbreitung sowie zur Tilgung empfohlen.
Um einen Befall frühzeitig zu erkennen, führt unter anderem der Pflanzenschutzdienst in Freiburg schon seit einigen Jahren ein aufwendiges Monitoring durch. An zwei Standorten in Basel wurden Ende Juni, Anfang Juli kleine Populationen des Käfers durch die Schweizer Behörden nachgewiesen. Aufgrund der Grenznähe mussten erstmals Befalls- und Pufferzonen in Deutschland errichtet werden. Somit rücken die Befallsgebiete immer näher und verschärfen so die Bedrohungslage für badische Weinberge.
Verwechslungsgefahr
Erkennungsmerkmal: Der Japankäfer zeigt markante weiße Haarbüschel am hinteren und seitlichen Leib
Der Käfer ist mit einer Größe von zirka 1 cm etwas kleiner als eine Ein-Cent-Münze. Sein Kopf und Hals (-Schild) schimmern metallisch-grün, die Flügel sind bräunlich. Zu unterscheiden vom heimischen Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola), der ihm in Größe und Aussehen stark ähnelt, ist der Japankäfer durch seine fünf weißen Haarbüschel an jeder Körperseite und zwei weißen Haarbüschel am Hinterleib. Oft wird der Japankäfer mit Rosenkäfern (Cetonia aurata) verwechselt, diese schimmern jedoch am ganzen Körper metallisch-grün und sind in der Regel mit 2 cm Länge doppelt so groß wie der Japankäfer.
Ebenfalls sehr ähnlich ist ihm der Kleine Julikäfer (Anomala dubia), auch „Metallischer Julikäfer” genannt, da dieser ebenfalls metallisch-grün schimmert und nur wenig größer als der Japankäfer ist. Auch hier lässt sich aufgrund der markanten weißen Haarbüschel des Japankäfers schnell eine Unterscheidung treffen.
Bei Gefahr spreizt der Japankäfer die Hinterbeine seitlich ab.
Eine Besonderheit und Erkennungsmerkmal des Käfers ist sein Alarmverhalten. Bei Annäherung mit der Hand spreizt er zuerst ein Beinpaar nach außen ab, bevor er sich zum Eigenschutz auf den Boden fallen lässt.
 
Schadbild und Entwicklung
Die erwachsenen Käfer ernähren sich von Blättern, Früchten und Blüten von über 300 Wirtspflanzen. Dazu zählen Zierpflanzen wie Rosen, Dahlien, Astern und Flieder, aber auch Gehölze wie Ahorn, Buche, Eiche, Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäume. Des Weiteren frisst der Japankäfer zum Beispiel an Mais, Spargel, Tomaten und Bohnen. Besonders markant ist hierbei der Skelettierfraß, bei dem der Käfer nur die Blattadern der befallenen Pflanze übrig lässt. Dieses Schadbild sieht man immer zuerst an den Triebspitzen, da die Käfer junge Blätter bevorzugen. Die Insekten tendieren dazu, sich in großen Gruppen auf einer Wirtspflanze zu sammeln, sodass diese häufig komplett abgefressen wird. Die Hauptflugzeit der Käfer – beispielsweise  in Italien – ist von Ende Mai bis August, mit einem Höhepunkt im Juli.
Die Weibchen bevorzugen zur Eiablage feuchte Böden mit einer kurzgehaltenen Begrünung, weshalb Sport- und Golfplätze mit mehreren Millionen Larven pro Hektar befallen sein können. Pflanzen mit roten Blüten wie Blutweiderich oder Rotklee wiederum, die auch ein Indikator für feuchte Böden sein können,  ziehen die Käfer besonders an.  Die Larven des Japankäfers ernähren sich sodann hauptsächlich von Graswurzeln. Auch dabei besitzt der Käfer ein großes Schadpotenzial, denn für seine Entwicklung zum erwachsenen Käfer benötigt der Engerling in der Regel ein Jahr. In Deutschland könnte dies in ungünstigen Lagen auch zwei Jahre dauern.
In neuen Befallsgebieten treten zunächst stets nur wenige Individuen auf, was eine Entdeckung der Käfer erschwert. Ist das neue Gebiet jedoch für den Japankäfer geeignet, kann sich innerhalb von vier bis fünf Jahren eine hohe Populationsdichte entwickeln.
Mögliche AusbreitungJapankäfer sind gute Flieger. Sie können pro Tag mehrere Kilometer bewältigen, Flüsse sind dabei kein Hindernis.  Einzelne Tiere begeben sich gelegentlich auf Inspektionsflüge, jedoch sind auch schon Flüge von Schwärmen mit mehreren hundert Individuen dokumentiert worden. Angelockt werden sie durch den Sexuallockstoff der Weibchen sowie von Pflanzenausscheidungen.
In Italien ergab sich in den letzten zehn Jahren eine durchschnittliche Ausbreitungsrate von ca. 10 km pro Jahr. Ein wesentlicher Faktor dafür ist auch die Verschleppung durch den Menschen. Dies belegen Zahlen aus den USA. Dort wurde der Japankäfer 1916 eingeschleppt und konnte sich mit bis zu 24 km pro Jahr ausbreiten. Eine besondere Gefahr geht ebenfalls von Warentransporten, unter anderem von Topfpflanzen mit von Larven befallener Erde, von Erdaushub sowie von Obst und Weintrauben aus Befallsgebieten aus. Daneben kann der Japankäfer aber auch als „blinder Passagier” im/
am Auto oder im Gepäck von Touristen mitgeführt werden.
Der Japankäfer hinterlässt an den Blättern der Reben einen typischen Skelettierfraß.
Aktuelle Ausbreitung in Europa
Der Japankäfer tritt seit 2014 in Italien auf und hat sich seitdem kontinuierlich bis in die südliche Schweiz ausgebreitet. Im Jahr 2023 hatte das Befallsgebiet eine Größe von zirka  19.000 km² – also etwas mehr als Thüringen. Gleichzeitig wurde bei Kloten/Zürich die erste Population nördlich der Alpen festgestellt. Auch dieses Jahr wurden dort wieder Käfer gefangen und Bekämpfungsmaßnahmen eingeleitet. Ebenfalls in diesem Jahr wurden in Basel zwei kleine Populationen in Grenznähe gefunden, weshalb nun Teile des Landkreises Lörrach erstmals als Befallszone (Radius: 1 km) beziehungsweise Pufferzone (Radius: 5 km) ausgewiesen wurden.
Bekämpfungsmaßnahmen aus Kalifornien haben gezeigt, dass solche durch Verschleppungen entstandenen Kleinstpopulationen getilgt werden können. Dieser Prozess kann allerdings  mehrere Jahre dauern. Eine Tilgung ist umso erfolgreicher, je früher die Käfer durch Mithilfe aus der Bevölkerung und Landwirtschaft erkannt werden.
 
Was ist zu beachten?
  • Pufferzone:
Grünschnitt, Laub und sonstige Pflanzenreste dürfen nicht aus der Pufferzone herausgebracht werden, es sei denn, sie wurden zuvor auf eine Größe von maximal 5 cm gehäckselt. In der aktuellen Pufferzone wurden Sammelstellen eingerichtet, über die das Pflanzenmaterial auch ungehäckselt entsorgt werden kann. Zudem ist es verboten, Oberboden bis 30 cm Tiefe außerhalb der Pufferzone zu entsorgen. Beim zuständigen Landratsamt können jedoch Ausnahmen beantragt werden. Bis zum 30. September sind Betriebe, die mit Pflanzen handeln, unabhängig davon, ob sie für den Pflanzenpass zugelassen sind oder nicht, verpflichtet, ihre Produktionsparzellen und/oder Pflanzenbestände sowie deren Umgebung im Umkreis von 100 m auf Japankäfer und Fraßspuren zu kontrollieren. Wird der Japankäfer entdeckt, muss der Fund umgehend dem zuständigen Pflanzenschutzdienst gemeldet werden.
  • Befallszone
In der Befallszone gelten zusätzlich zu den zuvor genannten Regeln weitere Maßnahmen. Bis zum 30. September ist die Bewässerung von Rasen- und Grünflächen verboten. Eine Tröpfchenbewässerung in Rebflächen ist weiterhin erlaubt, sofern sich keine kurz gehaltene Grasfläche darunter befindet. Fahrzeuge und Geräte, die zur Bodenbearbeitung oder für Arbeiten mit Erde in der Befallszone eingesetzt wurden, dürfen diese erst nach vorheriger Reinigung verlassen, so dass kein Risiko der Verschleppung von Erde besteht. Ernteprodukte wie beispielsweise Gemüse, Obst und Keltertrauben müssen vor der Verbringung aus der Befallszone einer visuellen Kontrolle auf Japankäfer unterzogen und vor einem nachträglichen Zuflug des Käfers z. B. durch Abdecken mit einer Plane geschützt werden. Winzerinnen und Winzer müssen diese Kontrollen während der Lese durchführen bzw. die Vorgaben beim Transport des Leseguts beachten. Pflanzen mit Wurzeln dürfen die Zone nur unter strengen Auflagen verlassen, beispielsweise mit einem amtlichen Nachweis, dass die Pflanzen frei von einem Japankäfer-Befall sind. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der aktuellen Allgemeinverfügung des Landkreises Lörrachs (Stand 8.8.2024).
Meldungen
Was tun, wenn man einen Japankäfer findet?
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) warnt vor einer Einschleppung nach Deutschland und rät zu folgenden Maßnahmen:
  1. Verdachtsfälle auf einen Befall sollten dem Pflanzenschutzdienst des jeweiligen Bundeslandes umgehend mitgeteilt werden. Eine Übersicht der zuständigen Stellen samt Kontaktdaten finden Sie beim Julius-Kühn-Institut (JKI) unter https://kurzlinks.de/Meldung.
  2. Falls ein verdächtiger Käfer gefunden wird, sollte dieser eingefangen und in einem verschlossenen Röhrchen oder Gläschen gesichert der Behörde zur exakten Bestimmung übergeben werden. Zudem sind das Datum des Fundes sowie der genaue Fundort zu nennen.
  3. Um eine Einschleppung zu verhindern, sollten Reisende ihre Fahrzeuge und das Gepäck vor der Rückreise aus stark befallenen Regionen (Norditalien, Südschweiz) gründlich kontrollieren. Zudem wird davon abgeraten, Pflanzen, Schnittblumen, Gemüse oder Früchte zu importieren.
Quelle: bmel.de