Fachliches | 05. April 2016

Kein zusätzlicher Effekt

Von Karl Bleyer, LVWO Weinsberg, Referat Weinbau und Rebschutz
Was der Schwefelzusatz zu organischen Fungiziden bei der Oidiumbekämpfung bringt, das wurde an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg in den Jahren 2013 bis 2015 getestet. Hier die Ergebnisse.
Oidiumbefall am Geschein
In den vergangenen Jahren machte der hohe Oidiumdruck den Winzern in vielen Regionen zu schaffen. Im Jahr 2012 wurde die Problematik durch die vielerorts auftretende Resistenz des Mehltaupilzes gegen die Wirkstoffgruppe der Strobilurine verstärkt. Dies hat zu einem großen Umdenken beim Einsatz von Oidiumpräparaten geführt. Seither hat das Resistenzmanagement mit dem Wirkstoffgruppenwechsel bei den Mitteln gegen den Echten Rebenmehltau eine sehr große Bedeutung in der Beratung und in der Praxis eingenommen.
Zur sichereren Bekämpfung des Echten Mehltaupilzes wurde sowohl von der Beratung als auch von der Industrie oft die Kombination von organischen Oidiumfungiziden mit Schwefel empfohlen. Für die Begründung, dass man durch die Zugabe von Schwefel die Resistenzgefahr verringern würde, gibt es keine wissenschaftlichen Grundlagen. Diese Kombination wird auch in der Praxis häufig angewendet. Die Begründungen gehen von dem erwähnten „Resistenzbrecher” über „schaden kann der Schwefel nicht” bis „Schwefel ist billig”. Auch die Nebenwirkung auf so manchen tierischen Schädling dient der Begründung, wobei die Wirkung auf tierische Schädlinge, wie zum Beispiel die Kräuselmilbe, nur in den allerersten Anwendungen der Saison Sinn macht.
Versuche
Oidium-Zeigertrieb mit Oidiumfiguren
In den Pflanzenschutzversuchen an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg gab es Jahre mit unterschiedlichen Epidemieverläufen und entsprechend geringem und hohem Oidiumdruck. Dennoch wurden in den Standardvarianten nach den Spritzabständen von OiDiag, auch ohne diese Schwefelzusätze, immer gute Ergebnisse erzielt. Dies war Anlass zu prüfen, ob ein Zusatz von Schwefel zu den organischen Oidiumfungiziden wirklich eine Wirkungsverbesserung gegen Oidium bringt. Da dem Schwefel nach der Blüte auch eine negative Wirkung auf die Raubmilbenpopulation nachgesagt wird, ist er nur bis kurz nach der Blüte eingesetzt worden. Somit war auch die wichtigste Phase im kritischen Mehltaufenster mit abgedeckt. Der Schwefel wurde immer entsprechend der Zulassung für das  jewei-lige BBCH-Stadium eingesetzt.
Die Versuche wurden in den Jahren 2013, 2014 und 2015 durchgeführt. Im Jahr 2014 wurden in der Versuchsanlage nach dem Austrieb über 200 Zeigertriebe gefunden, entsprechend früh und vor der Blüte begann die Epidemie mit sehr hohem Druck. Deshalb wurde schon ganz früh im Dreiblattstadium mit der Behandlung begonnen. 2015 wurden nur ganz wenige Zeigertriebe gefunden. Witterungsbedingt begann die Epidemie später.




 
 
Ergebnisse
Sporenträger an einer Beere
In den Abbildungen 1 und 2 sind die Befallshäufigkeiten und die Befallsstärken der Jahre 2013 und 2014 an den Trauben dargestellt. Die Ergebnisse des Jahres 2015 sind nicht grafisch dargestellt. Hier lag die Befallsstärke in der Kontrolle bei 14,3 Prozent. In der  Standardvariante gab es überhaupt keinen Befall (0 %), in der mit Schwefelzusatz lag er bei 0,2 Prozent, also praktisch bei null. In allen drei Jahren zeigt sich, dass der Zusatz von Schwefel zu den jeweiligen organischen Fungiziden keinen zusätzlichen Effekt bei der Oidiumbekämpfung hatte. Im Jahr 2013 waren Befallsstärke und Befallshäufigkeit sogar leicht erhöht. Auch 2014 mit der frühen Epidemie, als der Oidiumdruck extrem hoch war, konnte keine Verbesserung der Wirkung erzielt werden. In keinem Jahr waren die geringen Unterschiede statistisch abzusichern. Beim Befall der Blätter, welcher hier nicht gesondert aufgeführt ist, waren die Ergebnisse identisch. 
Fazit
Pilzmyzel auf junger Beere
Die Versuche zeigten in drei verschiedenen Jahren mit unterschiedlichen Witterungsbedingungen, dass ein Zusatz von Netzschwefel keinen zusätzlichen Effekt gegen den Echten Rebenmehltau bringt. Ein zusätzlicher Einsatz von Schwefelprodukten ist somit überflüssig. Am DLR Neustadt wurde im Jahr 2013 auch ein Versuch durchgeführt, der zu demselben Ergebnis kam. Die Argumente, die für einen Zusatz von Schwefel zu einem organischen Mittel aufgeführt werden, sind sehr fadenscheinig. Da manche Menschen auf Schwefel mit Juckreiz reagieren, gibt es auch Betriebe, welche schon über Jahre hinweg „schwefelfrei” sind und in denen der Pflanzenschutz gegen Oidium trotzdem funktioniert. Der Schwefeleinsatz zu organischen Fungiziden verstößt letztendlich auch gegen die Regeln der guten fachlichen Praxis und entspricht nicht den Zielen, welche im „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln” formuliert sind.