Fachliches | 04. August 2022

Kirschessigfliege im Weinbau 2022

Von Dr. Michael Breuer
Während die Kirschessigfliege im Obstbau in einigen Kulturen nach wie vor von Bedeutung ist, hat sich das Bild im Weinbau gewandelt. Die anfängliche Angst vor diesem neuen Schädling ist einem routinierten Umgang mit dem Tier gewichen.
Bei intakten und gesunden Beerenhäuten haben die Weibchen Mühe bei der Eiablage. Deutlich ist der mit Zähnen besetzte Eiablageapparat am Hinterleib zu sehen.
In zahlreichen Versuchen des Staatlichen Weinbauinstituts konnte gezeigt werden, dass die Keltertrauben nicht zu den bevorzugten Objekten der Kirschessigfliege gehören.
Die meisten Rebsorten, vor allem die weißen Varianten, werden von ihr nur selten mit Eiern belegt. Eine gewisse Präferenz gibt es nur für wenige Ausnahmen. In Baden sind dies rote oder rötliche Sorten wie Acolon, Cabernet Dorsa, Dornfelder, Dunkelfelder, Regent und Roter Gutedel. Es besteht auch nicht zwangsläufig ein Zusammenhang zum Vorbefall mit früher reifenden Früchten, etwa den Kirschen oder Brombeeren. Eine Vorhersage ist somit schwerlich möglich.
Sommerwetter
Verletzte Beeren werden durch Kirschessigfliegen und heimische Essigfliegen aktiv aufgesucht. In die Verletzungen werden auch Eier abgelegt.
Aufgrund der zurzeit herrschenden Witterungsbedingungen wird aber ein ruhiger Verlauf erwartet: Trockene Hitzeperioden während der Sommermonate bremsen in der Regel den Populationsaufbau. Untersuchungen in früheren Jahren zeigten, dass in solchen Witterungsperioden die Eiablageaktivität zurückgeht. Auch die Larven reagieren empfindlich auf Hitze, etwa wenn Früchte in der Sonne hängen und dort hohe Temperaturen entstehen. Außerdem dürften die Beerenhäute durch die intensive Sonneneinstrahlung „abgehärtet” sein. Somit sollte es die Kirschessigfliege schwer haben, Eier abzulegen.
Das Bild ändert sich bei Weinbeeren erst, wenn die Beerenhäute geschädigt werden und/oder Verletzungen aufweisen, beispielsweise nach langanhaltenden und heftigen Niederschlägen zur Traubenreife. Dabei kann es zum Beispiel zum Aufplatzen von einzelnen Früchten kommen. Neben solchen Beschädigungen begünstigen auch Fäulnisnester, die sich nach Niederschlägen oder langem feuchtem Wetter bilden, das Auftreten von Essigfliegen. Häufig werden in solchen Phasen auch die Beerenhäute relativ mürbe, so dass die Kirschessigfliege leichter Eier ablegen kann.
Auch Anlagen mit Vorschäden, etwa durch Vogel-, Mäuse- und/oder Insektenfraß, werden durch Essigfliegen eher beflogen. Hier finden sie nicht nur die Möglichkeit, einfacher ihre Eier abzulegen, sondern können an solchen Stellen auch austretenden Saft und bei einsetzender Gärung Hefen und anderes als Nahrung aufnehmen.
Maßnahmen
In einer gut entblätterten und damit luftigen Traubenzone sind nachweislich weniger Kirschessigfliegen zu finden.
Die Beobachtungen und Erfahrungen der letzten Jahre zeigen eindeutig: Gesunde Trauben und eine gute Kulturführung sind die beste Versicherung gegen einen Befall mit der Kirschessigfliege. Daher sind alle Maßnahmen, die wir zur Fäulnisvermeidung im Weinberg einsetzen, auch eine gute Prävention gegen diesen Schädling. Dazu gehören termingerechtes Gipfeln, angepasstes Entblättern der Traubenzone, Maßnahmen zur Lockerung der Traubenstruktur und das Kurzhalten der Begrünung in gefährdeten Anlagen. Das Ziel all dieser Maßnahmen ist, ein trockenes Bestandsklima zu schaffen, Beschattung zu vermeiden und sonnig-warme Bedingungen in der Traubenzone zu erzeugen.
Der Einsatz von Insektiziden ist nur in wenigen Fällen nötig und sollte so kurz vor der Lese sorgfältig abgewogen werden. Bei festgestelltem Befall oder einem erhöhten Risiko bei Vorschäden hat sich eine zeitnahe vorzeitige Lese bewährt, falls eine ausreichende Reife vorhanden ist. Ratsam ist auf jeden Fall – besonders bei feuchter Witterung –, gefährdete Anlagen gut und in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Fliegende Kirschessigfliegen in den Anlagen sind kein eindeutiger Hinweis auf Befall.
Das Staatliche Weinbauinstitut führt auch 2022 ein Fallen- und Eiablagemonitoring durch.