Fachliches
| 30. April 2016
Kirschessigfliege im Rückblick 2015
Von Dr. Michael Breuer, Staatliches Weinbauinstitut Freiburg
Die Kirschessigfliege mit dem wissenschaftlichen Namen Drosophila suzukii sorgte 2014 für erhebliche Unruhe im Obst- und Weinbau. 2015 war in dieser Hinsicht ein entspanntes Jahr. Der Schädling spielte keine nennenswerte Rolle. Die jährlichen Unterschiede haben verschiedene Ursachen.
Die Fruchtfliegenart Drosophila suzukii wurde in Deutschland in wenigen Exemplaren Ende 2011 zum ersten Mal registriert. 2012 hatte sich die Spezies dann über ganz Baden-Württemberg ausgebreitet. Mittlerweile ist die Kirschessigfliege in allen Teilen Deutschlands und auch den umliegenden Staaten zu finden.
Biologie des Schädlings
Das Insekt legt seine Eier im Gegensatz zu den
anderen, heimischen Essigfliegenarten auch in intakte Früchte ab. Die
Weibchen haben dazu eine Sägevorrichtung am Hinterleib. Bevorzugt werden
alle weichschaligen Früchte, besonders Brombeere, Himbeere,
Heidelbeere, Kirsche und ähnliche Obstsorten. Attraktiv sind
anscheinend stark gefärbte, rote und schwarze Früchte. Auch rote und
rot-färbende weiße Kelter- und Tafeltrauben werden teilweise zur
Eiablage genutzt. Aus den abgelegten Eiern schlüpfen die kleinen Larven,
die sich dann vom Fruchtfleisch ernähren. Sie entwickeln sich schnell
und häuten sich zur Puppe. Aus dieser schlüpft die neue Generation von
Fliegen.
Die befallenen Früchte verderben rasch, was vor allem bei Kirschen und
Beerenobst zu hohen Ausfallquoten führen kann. Trauben sind nach den
Erfahrungen der vergangenen Jahre in der Regel in viel geringerem Maße
betroffen, wobei es große Unterschiede zwischen den verschiedenen
Rebsorten gibt.
Populationsdynamik
Das Staatliche Weinbauinstitut (WBI) Freiburg führt
seit 2012 ein Fallenmonitoring durch. Die Fallen hängen dabei nicht nur
in Rebanlagen, sondern auch in benachbarten Obstanlagen und am Waldrand.
Der Wald spielt anscheinend bei der Überwinterung eine zentrale Rolle.
Dort aufgestellte Fallen zeigen nach Einsetzen erster kalter Nächte im
November auffällig hohe Fangzahlen: Fänge von einigen tausend Tieren pro
Woche sind keine Seltenheit. In der Abbildung 1 ist dies über die
vergangenen Jahre deutlich zu sehen. Die Fangzahlen haben deutlich
zugenommen. Besonders hohe Fänge wurden 2014 festgestellt. 2015 war die
Anzahl der gefangenen Fliegen hingegen wieder deutlich geringer. Diese
Tendenz zeigten auch viele andere Fallen.
Es muss dabei beachtet werden, dass Fallenfänge nur die Aktivität der
Essigfliegen widerspiegeln und keine direkte messbare Größe für die
Populationsdichte darstellen. Dennoch geben sie einen Anhalt, wie viele
Tiere sich in der Umgebung aufhalten.
Wald und Winter wichtig
Das Jahr 2014 bot offenbar für die Entwicklung
der Kirschessigfliege sehr gute Bedingungen. Der Winter 2013/2014 war
recht mild gewesen mit nur wenigen Frostnächten. Drosophila suzukii
überwintert als Fliege in frostfreien Bereichen, zum Beispiel im Wald.
Wie Literaturangaben zeigen, ist die Sterblickheit der subtropischen
Insekten bei häufig wiederkehrenden Frostereignissen und starken
Temperaturschwankungen vor allem im Winter hoch. Dies führt zu einer
besonders kleinen Ausgangspopulation und häufig zu einem dementsprechend
späteren Befall vor allem im Obstbau.
Das Jahr 2014 zeichnete sich auch durch ein außergewöhnlich hohes
Fruchtangebot aus. Dies war nicht nur bei Kulturarten zu beobachten, die
häufig zu Massen an den Bäumen verblieben. Auch Wildfrüchte waren
reichlich zu finden. Dementsprechend groß war das Angebot für die
Kirschessigfliege, Eier abzulegen, sich zu entwickeln und eine hohe
Populationsdichte aufzubauen. Darüber hinaus gab es im Sommer 2014 auch
häufig Niederschläge und relativ moderate Sommertemperaturen. Diese
Faktoren, insbesondere ausreichende Feuchtigkeit, begünstigen das
Auftreten und die Entwicklung von Drosophila suzukii. Hinzu kam, dass
die Beerenhäute in vielen Gebieten 2014 aufgrund der
Witterungsbedingungen wesentlich instabiler waren. Die Kirschessigfliege
konnte dadurch viel leichter mit ihrem Sägeapparat in die Früchte
eindringen und Eier ablegen.
Solch eine „Vorschädigung” war 2015 nicht zu beobachten. Die Beerenhäute waren recht stabil, vermutlich auch aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung. Hohe Temperaturen haben einen direkten negativen Einfluss auf die Fortpflanzung der Fliegen. Der Einbruch der Populationen spiegelte sich auch in den Monitoringfallen wider. Die Abbildungen 2a und 2b zeigen beispielhaft die Rückgänge in verschiedenen Fallen im Juli und August des vergangenen Jahres im Gegensatz zu den Verhältnissen im Jahr 2014. Besonders deutlich war der Einbruch in den Fangzahlen in der abgebildeten Falle aus einer Kirschenanlage.
Solch eine „Vorschädigung” war 2015 nicht zu beobachten. Die Beerenhäute waren recht stabil, vermutlich auch aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung. Hohe Temperaturen haben einen direkten negativen Einfluss auf die Fortpflanzung der Fliegen. Der Einbruch der Populationen spiegelte sich auch in den Monitoringfallen wider. Die Abbildungen 2a und 2b zeigen beispielhaft die Rückgänge in verschiedenen Fallen im Juli und August des vergangenen Jahres im Gegensatz zu den Verhältnissen im Jahr 2014. Besonders deutlich war der Einbruch in den Fangzahlen in der abgebildeten Falle aus einer Kirschenanlage.
Befall in Rebanlagen
In den vergangenen Jahren hat das Staatliche
Weinbauinstitut Freiburg intensive Bonituren der Eiablage auf den
heranreifenden Weinbeeren durchgeführt. In 2013 wurden erste Eiablagen
am 29. August festgestellt. 2014 waren erste Eier bereits am 31. Juli
auf Weinbeeren zu finden. Im Jahr 2015 wurden vereinzelt erste Eier am 1. September gefunden.
Diese Unterschiede decken sich gut mit den oben beschriebenen
Unterschieden in der Populationsentwicklung, den Witterungseinflüssen
und der Beerenhautstabilität in den unterschiedlichen Jahren. 2014 waren
die meisten Eier auf den Sorten Acolon, Roter Gutedel, Regent, Cabernet
Dorsa, Dornfelder, Cabernet Carol, Roter Muskateller und Dunkelfelder
zu registrieren. 2015 wurden insgesamt aufgrund des guten
Gesundheitszustandes und der oben beschriebenen Bedingungen sehr viel
weniger Eier auf Keltertrauben beobachtet (Abbildung 3).
Die höchsten Zahlen wurden auf Rotem Muskateller, Dornfelder, Rotem Müller-Thurgau und Rotem Gutedel registriert. Viele Rebsorten, die im Jahr 2014 Befall aufwiesen, waren in vielen Gebieten in 2015 gar nicht oder nur in Randbereichen betroffen. Weiße Rebsorten stehen, wie auch Wahlversuche zeigen, nicht im Hauptfokus der Kirschessigfliege. Auffallend war, dass sowohl 2015 als auch 2014 und den Vorjahren sich aus den abgelegten Eiern an Weinbeeren nur ein kleiner Teil zu Larven, Puppen und schließlich Fliegen entwickelte. Dies ist recht auffällig und ein großer Unterschied zu den Verhältnissen in Beerenfrüchten und Kirschen: Dort entwickelt sich ein Großteil der abgelegten Eier zu Fliegen weiter.
Die höchsten Zahlen wurden auf Rotem Muskateller, Dornfelder, Rotem Müller-Thurgau und Rotem Gutedel registriert. Viele Rebsorten, die im Jahr 2014 Befall aufwiesen, waren in vielen Gebieten in 2015 gar nicht oder nur in Randbereichen betroffen. Weiße Rebsorten stehen, wie auch Wahlversuche zeigen, nicht im Hauptfokus der Kirschessigfliege. Auffallend war, dass sowohl 2015 als auch 2014 und den Vorjahren sich aus den abgelegten Eiern an Weinbeeren nur ein kleiner Teil zu Larven, Puppen und schließlich Fliegen entwickelte. Dies ist recht auffällig und ein großer Unterschied zu den Verhältnissen in Beerenfrüchten und Kirschen: Dort entwickelt sich ein Großteil der abgelegten Eier zu Fliegen weiter.
Ausblick auf 2016
Zurzeit kann nicht abgeschätzt werden, wie sich die
Populationen im laufenden Jahr entwickeln und welche Rolle die
Kirschessigfliege zur Zeit der Traubenreife spielen wird. Das Staatliche
Weinbauinstitut wird in diesem Jahr das Fallenmonitoring weiterführen
und zeitnah die Ergebnisse im Internet veröffentlichen. Ein wichtiger
Baustein sind auch die Bonituren von Eiablagen an gefährdeten Rebsorten,
die das WBI in den vergangenen Jahren vorgenommen hat. Diese Erhebungen
sind eine wertvolle Grundlage für das Vorgehen im Laufe der
Traubenreife und werden auch in diesem Jahr als Dienstleistung für die
Weinwirtschaft durchgeführt. Die Daten können seit dem vergangenen Jahr
auf der Internetplatform VitiMeteo Monitoring eingesehen und verfolgt werden.
Zurzeit werden nicht nur am WBI, sondern auch an vielen anderen
wissenschaftlichen Institutionen im In- und Ausland verschiedene
Mosaiksteine zur Biologie der Kirschessigfliege erforscht. So können
langfristig wirksame, nachhaltige und kulturspezifische Strategien
entwickelt und in der Praxis etabliert werden.
Wir bleiben dran
Das Staatliche Weinbauinstitut (WBI) und die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg werden in enger Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidien und den staatlichen Weinbauberatern auch in diesem Jahr wieder Empfehlungen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege herausgeben. Je nach Stand der Mittelzulassung wird ein überarbeitetes Merkblatt im nächsten oder übernächsten Heft des Badischen Winzers veröffentlicht.