Nachrichten | 02. November 2023

Der letzte Weinzuber vor Torschluss

Von Reiner Jäckle
Mit einem großen Spektakel beendete der Winzerverein Meersburg seine Unterstadt-Ära. Rund 500 Zuschauer waren dabei, als die letzte Fuhre bei der Kelter angeliefert wurde.
Winzer Herbert Mayer aus Wangen bei Markdorf lieferte die letzten Zuber mit Rieslingtrauben bei der alten Kelter des Meersburger Winzervereins in der Unterstadt an.
Es ist 17.04 Uhr am Donnerstagnachmittag. Der letzte Weinzuber mit Trauben verschwindet in der Kelterei des Winzervereins Meersburg in der Unterstadt, gelenkt von Stadtpfarrer Matthias Schneider, der die Ernte und die Winzer kurz zuvor noch gesegnet hat. Es ist der letzte Zuber der 20-tägigen Weinlese in diesem Jahr und gleichzeitig der letzte, der in der zurückliegenden einhundert Jahren   in der Unterstadt abgeladen wurde: Ab 2024 werden die Trauben in der neuen Kelterhalle oberhalb der Stadt angenommen.
Für die Meersburger war dieses historische Ereignis auch ein Grund zum Feiern. Geschäftsführer Martin Frank moderierte die Aktion, die von zahlreichen Winzern mit ihren geschmückten Traktoren – angeführt vom Vorsitzenden Georg Dreher – begleitet wurde.
Riesling zum Schluss
Herbert Mayer aus Wangen bei Markdorf war es vorbehalten, die letzten Trauben zu liefern – es war Riesling. Den krönenden Abschluss bildete dabei ein Pferdegespann, das  von Fuhrmann und Winzer Franz Müller geführt wurde. Auf dem großen Leiterwagen befanden sich die beiden letzten Zuber der Meersburger Weinlese 2023.
Kellermeister Valentin Wagner verfolgte die Prozedur mit ein wenig Wehmut, aber auch mit einer guten Portion Vorfreude. „Gerade in diesem Herbst ist es so, dass ich bei meiner täglichen Arbeit denke, was alles anders und besser wird”, erklärt er. Fehlen werde ihm jedoch das einzigartige Flair der Meersburger Unterstadt,  ergänzt der Kellermeister.
Mit der Ernte in diesem Jahr ist Valentin Wagner hoch zufrieden. Wegen  der Menge habe man sogar eine Zwangspause einlegen müssen. „Wir hatten in den ersten acht Tagen so viel Trauben wie 2021 in der kompletten Lese, da kamen wir tatsächlich an unsere Kapazitätsgrenzen und konnten drei Tage nichts annehmen.”  
Der Ansturm war unter anderem dem  perfekten Lesewetter geschuldet. Und nach 20 Tagen war bereits alles geschafft. Möglicherweise werde man in diesem Jahr die bisherige Marke von  einer halben Million Litern Wein knacken, stellte Wagner in Aussicht.
Geschäftsführer Martin Frank wurde die historische Bedeutung des Tages erst später so richtig bewusst: „Ich war organisatorisch derart eingebunden und bin aktuell so im Neubau integriert, dass mir das ganze Ausmaß in der Situation gar nicht so klar war”, erklärt er. Als er  die ersten Bilder sah, war er  völlig überrascht, wie viele Leute dem Spektakel beigewohnt hatten.  Der Weinverkauf und der Ausschank des Winzervereins werden definitiv in der Unterstadt bleiben, betonte er. Das Keltergebäude hingegen werde  in den kommenden Jahren zu einem Gastronomie- und Hotelbetrieb umgestaltet, der sich auch für  Veranstaltungen des Winzervereins Meersburg eigne. Wo das traditionelle Winzerfest im Sommer künftig stattfinde, sei noch unklar. Im kommenden Jahr soll es aber voraussichtlich noch einmal in der  Unterstadt stattfinden, erklärt der Geschäftsführer.