Fachliches | 08. Mai 2018

2018 ist ein Hauptflugjahr

Von Dr. Michael Breuer, Staatliches Weinbauinstitut Freiburg
Am Kaiserstuhl haben im April wieder die Maikäfer begonnen zu fliegen. Es handelt sich um den alle drei Jahre wiederkehrenden, diesmal aber eher schwachen „Hauptflug”. Auch die Dichte an Engerlingen ist relativ niedrig. Fraßschäden an Jungpflanzen und in Rebschulen sind daher weniger zu erwarten.
Zum Reifungsfraß sammeln sich an exponierten Bäumen im Frühjahr die Maikäfer.
Für den diesjährigen Flug wurden aufrund von Grabungen im Frühjahr 2017 und Kontrollgrabungen am 9. April etwa 0,7 Maikäfer pro Quadratmeter erwartet. Damit wurde prognostiziert, dass der Maikäferflug in den meisten Gemarkungen vergleichsweise gering ausfallen wird. Daher  waren der Einsatz eines Hubschraubers sowie die Behandlung von Böschungsbereichen durch Bodentrupps in diesem Jahr nicht vorgesehen. Die Befallsdichte variiert in den Böden des Kaiserstuhls von Jahr zu Jahr und von Gemarkung zu Gemarkung. Bei den letzten Grabungen im Frühjahr 2017 wurden  zwischen einem  und fünf Engerlingen pro Quadratmeter gefunden. Die mittlere Dichte über alle Gemarkungen des Kaiserstuhls lag bei 2,6 Engerlingen pro Quadratmeter, wobei sich ein Teil der Engerlinge im zweiten, ein anderer Teil im dritten Larvenstadium befand.  Verglichen mit früheren Jahren sind diese Dichten relativ gering. Somit sind große Schäden wie etwa in 2010 und 2011 nicht zu erwarten.  Dennoch sollten die Erzeuger wachsam sein und weiter einige Grundlagen beachten.
Maßnahmen gegen Maikäfer und Engerlinge
Aufgrund der Lebensweise der Maikäfer, vor allem der Eiablagepräferenzen der Weibchen, kann der Befall mit Engerlingen entscheidend vermindert oder verhindert werden. Dies gilt vor allem für die am meisten gefährdeten Anlagen, wie Rebschulen und Junganlagen:  Pflanzzeitpunkt: In Lagen, in denen mit Engerlingsschäden gerechnet werden kann, sollten Neupflanzungen möglichst in Flugjahren erfolgen, da der zur Pflanzzeit offene Boden für die Eiablage der Weibchen wenig attraktiv ist.
 
Bodenbearbeitung:
Sollte sich eine Pflanzung außerhalb des Flugjahres nicht vermeiden lassen, reduziert eine vorausgehende gründliche Bodenbearbeitung die Engerlingspopulation deutlich. Diese sollte aber nicht zu zeitig im Frühjahr erfolgen, sondern erst dann, wenn sich die Mehrzahl der Engerlinge nahe der Bodenoberfläche aufhält.

Begrünung:
Während des Fluges der Maikäfer sollten die Böden – zum Beispiel  in den Gassen – entweder total bewuchsfrei sein oder eine hohe Vegetation aufweisen. Beides wird von den Weibchen zur Eiablage gemieden. Lückenhafter bzw. rasenartiger Bewuchs fördert hingegen die Ablage der Maikäfer-Eier.

Ablenkungsfütterung:
Außerhalb des Maikäferfluges kann eine Begrünung als „Ablenkungsfütterung” nützlich sein. Aus der Praxis wurde von vielen positiven Erfahrungen zum Beispiel mit der Wolff-Mischung in Junganlagen berichtet. Sind genügend Wurzeln anderer Pflanzen vorhanden, werden die Reben selbst, die nicht so attraktiv sind, weniger von den Engerlingen befressen. Bei der Anlage der Begrünung muss man allerdings den Wasserhaushalt im Auge behalten. Oft reicht es bereits, wenn in der Mitte der Rebgasse ein  intakter Vegetationsstreifen (nicht gemulcht) verbleibt. Im Obstbau funktioniert eine Ablenkungsfütterung nur bedingt, da hier viele Unterlagen sehr attraktives Fraßsubstrat darstellen.

Abnetzen:
In vielen Fällen kann auch der Gebrauch von Maikäfernetzen die anfliegenden Weibchen an der Eiablage hindern. Das Auslegen ist zwar recht arbeitsintensiv und daher nur eingeschränkt anwendbar, doch ist dies die effektivste Methode, um Engerlingsproblemen vorzubeugen. Käfer, die sich nach dem Schlupf aus dem Boden unter den Netzen befinden, sollten mit einem Insektizid behandelt werden. Sorgfältig abgenetzte Flächen sind in den Folgejahren engerlingsfrei! Diese Maßnahme empfiehlt sich vor allem für gerodete Flächen, die zu einem späteren Zeitpunkt bepflanzt werden sollen.
 
Beauveria-Pilz:
Der Engerlingpilz mit dem wissenschaftlichen Namen Beauveria brongniartii ist ein natürlich vorkommender insektenpathogener Pilz, der spezifisch alle Stadien des Maikäfers befällt und als Gegenspieler Massenvermehrungen wirksam regulieren kann. Dieser Pilz kann auch künstlich in Flächen ausgebracht werden oder Pflanzlöchern zugegeben werden. Der Pilz wirkt nicht sofort, hält sich aber in der Regel recht lang im Boden und infiziert nach und nach mit ihm in Kontakt kommende Engerlinge, die dann verenden. Das Pilzprodukt ist in Deutschland zurzeit nicht zugelassen, darf aber seit vielen Jahren über eine Sondergenehmigung angewendet werden. Das Regierungspräsidium (RP) Freiburg bezuschusst die Kosten des Pilzgetreides im inneren Kaiserstuhl zu 100 Prozent. Interessierte Betriebe können sich an Friederike Maass vom RP Freiburg (0761/2081284, friederike.maass@rpf.bwl.de) wenden.

Pralinage:
Bei diesem Verfahren wird vor dem Pflanzen das Wurzelwerk der Reben in einem Insektizid-haltigen Ansatz von Tonerde in Wasser getaucht. Nach dem Trocknen sind die Rebwurzeln dann mit einer „schützenden” Kruste überzogen. Dieses ist eine recht effektive Methode und schützt die Jungpflanzen über einen langen Zeitraum gegen Fraß durch Engerlinge. Nähere Informationen zu diesem Verfahren sind bei der örtlichen Weinbauberatung erhältlich. 
Rebe nach dem Tauchen in einem Insektizid-haltigen Ansatz von Tonerde in Wasser (Pralinage).