Fachliches
| 05. März 2021
Mit Windmaschinen, Heizung, Kerzen und Hubschrauber gegen Spätfröste
Von Oliver Kurz (DLR) und Dr. Matthias Petgen (DLR)
In der Zeit vom Austrieb bis zur „Kalten Sophie” (15. Mai) ist die Sorge vor Spätfrostnächten groß. Wie lässt sich ihnen entgegenwirken? Und wie lassen sich Schädigungen verringern?
Bei den Spätfrösten im späten Frühjahr werden Advektivfröste und Strahlungsfröste unterschieden. Diese können auch in Kombination auftreten. Advektivfröste entstehen durch das Heranführen von kalten, meist polaren Luftmassen. Der Strahlungsfrost hingegen entsteht durch die negative Strahlungsbilanz bei Nacht in wolkenlosen, meist windstillen Nächten unter vorheriger Kaltluftadvektion. Durch Wolkenarmut strahlt die am Tag aufgenommene Wärme ungehindert vom Boden in höhere Luftschichten ab und es kommt zu einer Abkühlung der bodennahen Luft. Da kalte Luft eine höhere Dichte besitzt als warme Luft, schichtet sich die warme Luft darüber, es entsteht die sogenannte bodennahe Inversion, also die Umkehr der üblichen Luftschichtung. Besonders dramatisch für den Weinbau sind solche Spätfröste, wenn diese in Verbindung mit einem frühen Austrieb auftreten, wie dies verbreitet auch in Baden-Württemberg in den Jahren 2011 und 2017 der Fall war. Im Weinbau wird versucht, die bei Spätfrösten typische bodennahe Inversionswetterlage aufzulösen oder Wärme zuzuführen.
Windmaschinen und Hubschrauber
Die zur Spätfrostbekämpfung eingesetzten
Windmaschinen sind mit leicht nach unten geneigten Rotoren ausgestattet,
um warme Luft aus einer höheren Luftschicht anzusaugen und mit der
kalten Luft am Boden zu verwirbeln. Dies hat zur Folge, dass die
Lufttemperatur in Bodennähe ansteigt. Der große Vorteil dieser
festinstallierten Windräder ist es, dass sich diese automatisch
einschalten, sofern sie auf eine entsprechende Temperatur programmiert
wurden. Dadurch können die Reben auch bei unsicher prognostiziertem
Frost geschützt werden. Als Nachteile sind die nicht unerhebliche
Lärmemission der Windmaschinen sowie die Notwendigkeit einer Reihe von
Genehmigungen zu bewerten. Im Neustadter Ortsteil Duttweiler sind seit
dem Jahr 2013 Windmaschinen zur Frostbekämpfung fest installiert. Diese
neun Windmaschinen in einer Talmulde nördlich von Duttweiler drehen sich
während des Betriebs eigenständig um 360 Grad und decken eine Fläche
von etwa 45 Hektar ab.
Mittlerweile gibt es auch mobile Geräte auf dem Markt, die beispielsweise an den Schlepper angebaut und über die Zapfwelle betrieben werden können. Dazu zählt der Jutek-Wind-Master der Firma Jutek (Ranzau, Dänemark), der von der Firma Kuhn in Landau (https://kuhn.greenbase-fachhaendler.de) vertrieben wird. Laut Hersteller ist ein Windrad in der Lage, eine Fläche von vier bis sechs Hektar zu schützen.
Mittlerweile gibt es auch mobile Geräte auf dem Markt, die beispielsweise an den Schlepper angebaut und über die Zapfwelle betrieben werden können. Dazu zählt der Jutek-Wind-Master der Firma Jutek (Ranzau, Dänemark), der von der Firma Kuhn in Landau (https://kuhn.greenbase-fachhaendler.de) vertrieben wird. Laut Hersteller ist ein Windrad in der Lage, eine Fläche von vier bis sechs Hektar zu schützen.
Das
mobile Tow-and-Blow-Profi-Modell von der gleichnamigen Firma Tow and
Blow aus Hastings, Neuseeland, arbeitet autonom (Dieselmotor) und ist
auf einen herkömmlichen Anhänger aufgebaut. Das Tow-and-Blow soll laut
der Firma Schillinger (Vertrieb Deutschland)
(www.schillinger-beregnungsanlagen.de) eine Fläche von bis zu 5,5 Hektar
schützen können. Verlässliche Aussagen über die Effektivität oder die
Lärmemission dieser mobilen Geräte können jedoch noch nicht getroffen
werden, da diese am DLR Rheinpfalz noch nicht bei realem Frost
untersucht werden konnten.
Die Frostbekämpfung mittels Hubschraubern beruht auf dem gleichen Wirkungsprinzip. Auch hier soll durch die Rotoren des Helikopters wärmere Luft aus höheren Luftschichten angesaugt und nach unten gedrückt werden, um für eine Temperaturerhöhung der kälteren Luft am Boden zu sorgen. Der Einsatz von Helikoptern hat jedoch generell zwei Probleme: Zum einen dürfen die Helikopter erst eine halbe Stunde vor dem Sonnenaufgang starten, wodurch der Zeitraum davor nicht abgedeckt ist. Zum anderen können aufgrund der fehlenden, notwendigen Vorlaufzeit für die Organisation keine Helikopter zum Einsatz kommen, wenn der Frost nicht ausreichend vorhergesagt ist. Nicht zuletzt wegen der Finanzierung können diese Arten der Frostbekämpfung nur innerhalb einer Gemeinschaft sinnvoll erfolgen.
200 bis 400 Kerzen/Hektar
Frostkerzen bestehen aus Metalleimern, die mit Weichwachs (Paraffin oder Stearin) gefüllt sind und laut Herstellerangaben eine Brenndauer von etwa sechs bis acht Stunden haben.
Heizkabel
Seit einigen Jahren sind Heizkabel-Systeme zur
Spätfrostbekämpfung am deutschen Markt verfügbar. Mit dem Weingut Merkle
(www.frost-stop-system.de) und der Firma Hemstedt (www.hemstedt.de)
bieten zwei Hersteller solche Systeme zum Einsatz im Weinbau an. Diese
elektrisch betriebenen Heizkabel werden entlang des Biegedrahts verlegt
und die Fruchtrute um diese gewickelt, Flachbogen sind obligatorisch.
Die Kabel sollen für die entsprechende Temperaturerhöhung sorgen und das
ausgetriebene Grün vor Schädigungen schützen. Ein Schutzrohr aus
Aluminium oder UV-beständigem Kunststoff soll die Kabel vor äußeren
Einwirkungen wie Pflanzenschutzmitteln, Rebscheren, Vollernterschlägen
und anderem schützen.
Die Kabel beider Systeme haben eine Leistung von 20 Watt pro laufendem Meter, was bei einem Hektar einer Leistung von 100 Kilowatt entspricht. Die Systeme müssen vom Winzer vor Ort selbst installiert und von einer Elektrofachkraft angeschlossen werden. In der Versuchsanlage des DLR Rheinpfalz wurde die Stromzufuhr über einen mobilen Zapfwellengenerator realisiert. Denkbar ist aber auch der Einsatz von mobilen Stromgeneratoren mit Diesel- oder Heizölbetrieb oder ein entsprechender Anschluss an das Stromnetz. Letzteres wird aber wohl in den seltensten Fällen möglich sein.
Bereits im Jahr 2008 wurde in der Region New England in Australien ein Verfahren eingesetzt, bei der die Reben mit Heizkabeln vor Spätfrostschäden geschützt werden sollten. Lamb beruft sich wiederum auf ein französisches Patent aus den späten 90er-Jahren. Das Prinzip beruht auf dem direkten Wärmeübergang vom Heizkabel auf das Holz beziehungsweise den Saftstrom, über den die Wärme an die zu schützenden Augen und jungen Triebe der Rebe weitergeleitet wird. Erste Versuchsergebnisse vom DLR Rheinpfalz aus dem Frühjahr 2018 sind vielversprechend und lassen die Ergebnisse aus der Literatur besser nachvollziehen.
Die Materialkosten belaufen sich je nach Hersteller auf zwischen 9200 und 13000 Euro plus Mehrwertsteuer pro Hektar. Hierzu müssen noch die Arbeitszeit für die Installation und die Anschlusskosten sowie die Strom- und Stromerzeugungskosten mit Diesel, Heizöl und Stromaggregaten kalkuliert werden. Ob sich eine Installation von Heizkabeln lohnt, hängt neben dem eigentlichen Risiko für Spätfrost von vielen weiteren Faktoren ab und muss von jedem Betrieb individuell entschieden werden. Aufgrund der Preisstruktur und der notwendigen Stromversorgung stellt dieses System eher eine Lösung für einzelne spätfrostgefährdete Flächen mit besonderer wirtschaftlicher Relevanz dar.
Die Kabel beider Systeme haben eine Leistung von 20 Watt pro laufendem Meter, was bei einem Hektar einer Leistung von 100 Kilowatt entspricht. Die Systeme müssen vom Winzer vor Ort selbst installiert und von einer Elektrofachkraft angeschlossen werden. In der Versuchsanlage des DLR Rheinpfalz wurde die Stromzufuhr über einen mobilen Zapfwellengenerator realisiert. Denkbar ist aber auch der Einsatz von mobilen Stromgeneratoren mit Diesel- oder Heizölbetrieb oder ein entsprechender Anschluss an das Stromnetz. Letzteres wird aber wohl in den seltensten Fällen möglich sein.
Bereits im Jahr 2008 wurde in der Region New England in Australien ein Verfahren eingesetzt, bei der die Reben mit Heizkabeln vor Spätfrostschäden geschützt werden sollten. Lamb beruft sich wiederum auf ein französisches Patent aus den späten 90er-Jahren. Das Prinzip beruht auf dem direkten Wärmeübergang vom Heizkabel auf das Holz beziehungsweise den Saftstrom, über den die Wärme an die zu schützenden Augen und jungen Triebe der Rebe weitergeleitet wird. Erste Versuchsergebnisse vom DLR Rheinpfalz aus dem Frühjahr 2018 sind vielversprechend und lassen die Ergebnisse aus der Literatur besser nachvollziehen.
Die Materialkosten belaufen sich je nach Hersteller auf zwischen 9200 und 13000 Euro plus Mehrwertsteuer pro Hektar. Hierzu müssen noch die Arbeitszeit für die Installation und die Anschlusskosten sowie die Strom- und Stromerzeugungskosten mit Diesel, Heizöl und Stromaggregaten kalkuliert werden. Ob sich eine Installation von Heizkabeln lohnt, hängt neben dem eigentlichen Risiko für Spätfrost von vielen weiteren Faktoren ab und muss von jedem Betrieb individuell entschieden werden. Aufgrund der Preisstruktur und der notwendigen Stromversorgung stellt dieses System eher eine Lösung für einzelne spätfrostgefährdete Flächen mit besonderer wirtschaftlicher Relevanz dar.
Wasser marsch
Eine Frostberegnung, wie sie teilweise im
Obst- und Ackerbau eingesetzt wird, scheitert im Weinbau meist an den
nicht ausreichend verfügbaren Wassermengen. Das Wirkungsprinzip beruht
auf der Kristallisationswärme und Erstarrungswärme. Durch den Wechsel
des Aggregatszustands des Wassers von flüssig nach fest wird Wärme frei.
Der sich bildende Eispanzer schützt die empfindlichen Pflanzenteile vor
Temperaturen unter null Grad, da die Temperatur unmittelbar am Rebtrieb
bei null Grad gehalten wird. Da so lange bewässert werden muss, bis der
Eispanzer abgeschmolzen ist, werden bei einer Überkronenberegnung
Wassermengen bis zu 45 Kubikmetern pro Hektar und Stunde verbraucht. Um
ein Einfrieren der Leitungen zu verhindern, muss in der Regel auch
schon bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt bewässert werden.
Indirekte Mittel
Zur Bekämpfung und Vermeidung von Spätfrösten gibt es auch
indirekte Möglichkeiten. Neben Faktoren wie Standortauswahl,
Bodenbewirtschaftung, Erziehungssystem und Rebsorte ist die
Austriebsverzögerung ein probates indirektes Mittel, dem Spätfrost
entgegenzuwirken. Durch „Double Pruning” und die Applikation von
unterschiedlichen Pflanzenölen kann eine solche Verzögerung erreicht
werden.
In der Vergangenheit zeigten bereits Versuche am DLR Rheinpfalz Erfolg. Beim „Double Pruning” – nur bei Kordonschnitt möglich – werden die Ruten und langen Zapfen auf 40 bis 80 Zentimeter eingekürzt. Aufgrund der Apikaldominanz treiben zuerst die apikalen Knospen aus, der Austrieb der basalen Knospen ist gehemmt. Nach Ende der Spätfrostgefährdung werden die Ruten dann auf zweiäugige Zapfen zurückgeschnitten, die dann zeitlich verzögert austreiben. In den Versuchen konnte durch das Double Pruning eine Verzögerung des Austriebs von rund 26 Tagen erreicht werden. Durch den Einsatz von Öl auf den Winterknospen wird der CO2-Austausch vermindert, was die Atmungsaktivität hemmt. Dadurch kommt es zum späteren Austrieb.
In Freilandversuchen des DLR Rheinpfalz konnte bei der Applikation von Sonnenblumen-und Rapsöl im Wollestadium bei der Rebsorte Müller-Thurgau eine Verzögerung von bis zu 15 Tagen erreicht werden. Allerdings hat das Öl in Deutschland derzeit keine Zulassung für die Spätfrostbekämpfung.
Seit einiger Zeit bieten Versicherungsunternehmen Mehrgefahrenversicherungen an, die zusätzlich zur üblichen Hagelversicherung auch in gewissem Umfang Frostschäden abdecken. Aktuell wird diese Art der Versicherung in einigen Bundesländern staatlich gefördert.
In der Vergangenheit zeigten bereits Versuche am DLR Rheinpfalz Erfolg. Beim „Double Pruning” – nur bei Kordonschnitt möglich – werden die Ruten und langen Zapfen auf 40 bis 80 Zentimeter eingekürzt. Aufgrund der Apikaldominanz treiben zuerst die apikalen Knospen aus, der Austrieb der basalen Knospen ist gehemmt. Nach Ende der Spätfrostgefährdung werden die Ruten dann auf zweiäugige Zapfen zurückgeschnitten, die dann zeitlich verzögert austreiben. In den Versuchen konnte durch das Double Pruning eine Verzögerung des Austriebs von rund 26 Tagen erreicht werden. Durch den Einsatz von Öl auf den Winterknospen wird der CO2-Austausch vermindert, was die Atmungsaktivität hemmt. Dadurch kommt es zum späteren Austrieb.
In Freilandversuchen des DLR Rheinpfalz konnte bei der Applikation von Sonnenblumen-und Rapsöl im Wollestadium bei der Rebsorte Müller-Thurgau eine Verzögerung von bis zu 15 Tagen erreicht werden. Allerdings hat das Öl in Deutschland derzeit keine Zulassung für die Spätfrostbekämpfung.
Seit einiger Zeit bieten Versicherungsunternehmen Mehrgefahrenversicherungen an, die zusätzlich zur üblichen Hagelversicherung auch in gewissem Umfang Frostschäden abdecken. Aktuell wird diese Art der Versicherung in einigen Bundesländern staatlich gefördert.