Fachliches
| 06. Oktober 2016
Der Online-Shop ist kein rechtsfreier Raum
Von Professor Stefan Ernst, Rechtsanwalt
Juristische und in der Konsequenz eventuell teure Fallstricke gibt es auch beim Online-Vertrieb von Wein. Um Abmahnungen zur vermeiden oder zumindest das Risiko zu reduzieren, sollten Winzer als Shopbetreiber einige Grundsätze beachten, die für einen Laien nicht unbedingt auf der Hand liegen.
Zu einer Herausforderung für alle Beteiligten einschließlich der Juristen haben sich mittlerweile Plattformen entwickelt, die so ziemlich alles „bewerten”, vom Lehrer bis zur Güte eines Online-Shops oder dem Geschmack des verkauften Weins.
Schleichwerbung unzulässig
Viele Verbraucher kaufen ihren Wein über Internetportale. Für Winzer eröffnet dies die Möglichkeit, mehr Umsatz zu generieren. Dabei müssen allerdings einschlägige Gesetze beachtet werden.
Umgekehrt ist das Loben eigener Angebote allerdings auch nicht erlaubt, selbst wenn es als „Notwehr” gegen unlautere Schlechtbewertungen erfolgt. Wer sich als Anbieter über eigene oder fremde Produkte äußert, muss – auch wenn es in sozialen Netzwerken oder auf Bewertungsplattformen geschieht – sich am allgemeinen Werberecht festhalten lassen. Schleichwerbung ist ebenso wenig gestattet wie das Schlechtmachen von Mitbewerbern.
Lieferzeiten angeben
Zu den Informationspflichten im Online-Handel gehört auch die
Angabe einer Lieferzeit. Die Angabe der Lieferfrist in Online-Angeboten
ist nicht selten Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Meist geht es um
die Genauigkeit oder Ungenauigkeit von Angaben zur Lieferzeit bei der
Ware oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auch um das
völlige Fehlen derartiger Angaben. Dabei sind vor allem relativierende
Zusätze wie „in der Regel”, „voraussichtlich” und Ähnliches zu
vermeiden. Zulässig ist aber die Angabe eines (nicht zu großen)
Zeitraums: „Die Lieferung erfolgt binnen einem bis drei Werktagen."
Sulfite sind zu kennzeichnen
Auch ohne künstliche Zugabe sind in den meisten
Weinen Sulfite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/l enthalten. Das
ist wichtig zu wissen und zu beachten, weil Winzer wie alle anderen
Anbieter Stoffe oder Erzeugnisse besonders kennzeichnen müssen, die
Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen (können). Grundlage ist eine
EU-Verordnung. Diese Pflicht gilt ganz besonders bei Online-Angeboten
(eigene Websites, aber auch beim Verkauf über fremde Shops wie eBay,
Amazon und andere), denn dort können Abmahner derartige Rechtsverstöße
am einfachsten feststellen.
Begriff „bekömmlich” nicht verwenden
Wein mag bekömmlich sein – mit diesem Prädikat werben darf man
aber trotzdem nicht. Grundlage ist die sogenannte
Health-Claims-Verordnung der EU. Hiernach dürfen Getränke mit einem
Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen
Angaben tragen. Und die Beschreibung „bekömmlich” wird von den
Gerichten so verstanden, dass der so beworbene Wein keine oder geringe
negative Wirkungen auf die Gesundheit habe. Dies stellt eine von
Gesetzes wegen unzulässige Aussage dar. Gleiches gilt übrigens auch für
Hinweise auf eine milde („sanfte”) Säure, für die Bewerbung von
Alkoholika als „wohltuend” oder als „vitalisierend”.
EU-Schlichtungsplattform
Seit Anfang des Jahres 2016 ist es Pflicht, einen Link auf die
EU-Online-Schlichtungsplattform im Impressum eines jeden Webshops
anzubringen. Dabei spielt es keine Rolle, dass diese Plattform
eigentlich noch keinerlei Wirkung entfaltet. Der Link muss geschaltet
werden. Zum Beispiel so: „Online-Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1
ODR-VO: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur
Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie unter
http://ec.europa.eu/consumers/odr/ finden.”
Es gilt deutsches Recht
Die sogenannte Rechtswahlklausel „Es gilt deutsches Recht” ist
eine Standardklausel, die sich in vielen Verträgen befindet. Jeder
Winzer sollte sie aus seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen entfernen.
Der Europäische Gerichtshof EuGH hat entschieden, solche Klauseln seien
unzulässig, weil ein im Ausland ansässiger Verbraucher glauben könnte,
er wäre nicht hinreichend auf dem Mindestniveau des
Verbraucherschutzrechts des Landes, in dem er lebt, geschützt. Im
Übrigen gilt ohnehin: Kauft ein in Deutschland lebender Kunde ein, gilt deutsches Recht. Kauft ein ausländischer Geschäftskunde ein, so gilt
ebenfalls deutsches Recht. Kauft ein im Ausland ansässiger Verbraucher
ein, würde ein Gericht zusätzlich prüfen, welchen Schutz ihm das Recht
des Landes gewährt, in dem er lebt. Die Rechtswahlklausel hat in der
Regel also rechtlich ohnehin keinen echten Nutzen.
Datenschutz
Seit
Oktober 2016 können Verbraucherverbände auch Verstöße gegen das
Datenschutzrecht abmahnen. Dies war bislang in erster Linie den
Landesdatenschutzbeauftragten vorbehalten – in Bezug auf Mitbewerber ist
dies streitig –, kann sich aber jetzt zu einem eigenen Geschäft
ausdehnen. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass etwa der Einsatz
von Google Analytics (fehlender Auftragsdatenverarbeitungsvertrag),
Facebook Like-Button und anderes (keine Zwei-Klick-Lösung), Cookies
(keine Hinweise) häufig falsch gemacht werden.