Fachliches | 02. September 2016

Über die Auswirkungen informieren

Von Otmar König, Justiziar des Badischen Weinbauverbandes
Der Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag ist eine besonders im Weingüterbereich häufiger anzutreffende Vertragsform. Mit einem solchen Vertrag verpachtet der Eigentümer eine Rebfläche und übernimmt zugleich die Bewirtschaftung dieser Reben im Auftrag und nach Maßgabe des pachtenden Weinguts.
Der Bewirtschaftungsauftrag umfasst dabei oft sämtliche Arbeiten vom Rebschnitt bis zur Ernte, das heißt alle Hand- und Maschinenarbeiten inklusive Qualitätsmaßnahmen und Pflanzenschutz. Aus weinrechtlichen Gründen hat das Weingut ein Interesse daran, als Erzeuger der auf der Rebfläche produzierten Trauben zu gelten. Nur dann darf es den Wein mit den Begriffen „Erzeugerabfüllung” oder „Weingut” bezeichnen. Deshalb muss das Weingut Pächter der Fläche sein, andernfalls würde es nur fremde, vom Eigentümer erzeugte Trauben hinzukaufen. Kennzeichnend für die Pacht ist, dass der Pächter das Risiko von Menge und Qualität der Ernte trägt. Für die Erzeugereigenschaft ist es auch notwendig, dass das pachtende Weingut im Vertrag ein weitgehendes Weisungsrecht hinsichtlich der vom Beauftragten durchzuführenden Arbeiten hat und der Vertrag auf Dauer angelegt ist, empfehlenswert sind Laufzeiten ab drei Jahren. Diese Kombination von Verpachtung und gleichzeitiger Beauftragung des Verpächters mit der Bewirtschaftung hat jedoch zahlreiche rechtliche Konsequenzen, die von den Vertragspartnern oftmals unterschätzt werden.
Verpächter wird zum Dienstleister
Grundkonzept des kombinierten Pacht- und Bewirtschaftungsvertrags ist, dass der verpachtende Eigentümer, der tatsächlich die Rebfläche bearbeitet, in seinen eigenen Reben quasi nur noch als Lohnunternehmer für das pachtende Weingut tätig ist.
Als Grundkonzept dieses Vertragstyps muss man sich vor Augen halten, dass der verpachtende Eigentümer, der tatsächlich die Rebfläche bearbeitet, in seinen eigenen Reben quasi nur noch als Lohnunternehmer für das pachtende Weingut tätig ist. Nur der Pächter gilt offiziell als derjenige, der landwirtschaftliche Urproduktion auf der besagten Fläche betreibt. Der mit der Bewirtschaftung beauftragte Eigentümer ist nur noch Dienstleister. Aufgrund der weitgehend selbstständigen Arbeitsweise – trotz gewisser Vorgaben – wird der Dienstleister aber immerhin nicht als  Arbeitnehmer des Pächters eingestuft. Dem Pächter als offiziellem Produzenten gehört von Anfang an die ganze Traubenernte inklusive Übermenge. Von daher treffen den Pächter auch Frost und Hagel und er ist für den Abschluss einer Hagelversicherung zuständig. Der Pächter muss die Fläche auf seinen Namen in der Weinbaukartei anmelden und sie auch in der Berufsgenossenschaft übernehmen.
Der Pächter hat die Fläche zudem in seinem Gemeinsamen Antrag aufzuführen, falls er
 einen solchen stellt, und kann dafür die Betriebsprämie aktivieren, falls er über ausreichend Zahlungsansprüche verfügt und er dafür bereits die Zahlungsansprüche zugeteilt bekommen hat. Über den Kauf oder die Pacht von zur Rebfläche gehörenden Zahlungsansprüchen vom Eigentümer ist gegebenenfalls eine separate Regelung zu treffen, sie gehen nicht automatisch mit über.
Zu beachten ist, dass die Berufsgenossenschaft Abgleiche mit der Weinbaukartei und den Daten des gemeinsamen Antrags durchführt und dass das für diese Datenbanken untereinander auch jederzeit eingeführt werden kann. Der Pächter als verantwortlicher Produzent sollte den Bewirtschafter zur Einhaltung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis und der Anforderungen der Cross-Compliance-Regelungen verpflichten. Hierzu gehört insbesondere das Vorhandensein eines gültigen Sachkundenachweises im Pflanzenschutz inklusive Schulungsnachweis.
Der Bewirtschafter muss zudem beim Regierungspräsidium anzeigen, dass er für andere Pflanzenschutzarbeiten vornimmt, und bei der Berufsgenossenschaft anmelden, dass er landwirtschaftliche Lohnarbeiten durchführt.  
Abgrenzung zur Gewerblichkeit
Der mit der Bewirtschaftung Beauftragte erbringt Dienstleistungen, die bei ihm steuerlich nur dann noch zu landwirtschaftlichen Einkünften führen, wenn die entsprechenden Umsätze nicht mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes in dessen landwirtschaftlichem Betrieb ausmachen und nicht größer als 51500 Euro im Wirtschaftsjahr sind. Werden diese Grenzen überschritten, werden die Einkünfte aus der Dienstleistung als gewerblich eingestuft. Dies kann bei hohen Einkünften zur Gewerbesteuerpflichtigkeit führen. Zu beachten ist, dass auch bei Unterschreiten der genannten Grenzen Gewerblichkeit vorliegt, wenn für die Dienstleistungen Maschinen eingesetzt werden, die nicht auch im übrigen Betrieb eingesetzt werden. Die Gewerbesteuer kann jedoch im Regelfall auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Bei Personengesellschaften kann aber der ganze Gesellschaftsbetrieb gewerblich infiziert werden, was in der Regel nachteilig ist und vermieden werden sollte. 
Folgen für die Sozialversicherung
Es gibt Betriebe, die fast ihre ganze Rebfläche per Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag an einen oder mehrere andere Erzeuger verpachtet haben. Falls diese Betriebe nicht über eine ausreichend große Landwirtschaft und Rebflächen im Übrigen verfügen, droht nicht nur steuerlich die Gewerblichkeit, sondern es besteht auch die Gefahr, aus der landwirtschaftlichen Alterskasse und Krankenkasse herauszufallen. Landwirtschaftliche Altersrentner, die ihre zulässige Rückbehaltsfläche (unter 2 ha Reben) durch Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag verpachtet haben, werden mangels ausreichender landwirtschaftlicher Einkünfte aus anderen Quellen in der Regel zum Gewerbebetrieb und müssen aus den gewerblichen Einkünften außerdem Zusatzbeiträge zur Krankenkasse abführen. 
Das Vergütungsmodell ist entscheidend
Das heikelste Thema bei dem vorliegenden Vertragsmodell ist die Regelung der Vergütung. Konsequenterweise muss die Bezahlung in eine Pacht für  die Fläche und ein Entgelt für die Bewirtschaftungsdienstleistung aufgeteilt werden. Für die steuerrechtliche Einordnung ist eine rein wirtschaftliche Betrachtung des Leistungsaustauschs maßgeblich. Dominieren die Komponenten einer mengen- und qualitätsabhängigen Vergütung, so wird der Vertrag als Kaufvertrag eingestuft. Ist im Vertrag also das Entgelt weit überwiegend abhängig von den Kilogramm geernteter Trauben, so liegt gar kein Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag vor, auch wenn er dieses „Etikett” trägt, denn der „Pächter” trägt bei dieser Vergütungsregelung nicht das Ernterisiko. Es liegt hier vielmehr ein verdeckter Kaufvertrag über Trauben vor.
Dadurch könnte der aufnehmende Betrieb steuerrechtlich die Schwelle zur Gewerblichkeit überschreiten. Denn für den Zukauf von Trauben gilt eine Grenze von 20 Prozent, in Ausnahmen bis höchstens 30 Prozent, ab deren Überschreiten der ausbauende Betrieb steuerlich gewerblich wird. Dabei wird auf das Verhältnis von auf den Zukäufen beruhenden Umsätzen zum Gesamtumsatz abgestellt. Des Weiteren könnte es negative weinrechtliche Konsequenzen geben, wenn die zuständigen Stellen die steuerrechtliche Einordnung übernehmen, denn wegen der Wertung als Zukauf wäre er dann nicht Erzeuger dieser Trauben und könnte insbesondere kennzeichnungsrechtliche Probleme bekommen.
Bewirtschaftungsentgelt und Umsatzsteuer
Um die weinrechtlich motivierte Konzeption des Pacht- und Bewirtschaftungsvertrages widerspruchsfrei durchzuhalten, sollte neben einer ortsüblichen Pacht das Bewirtschaftungsentgelt nur zu einem geringen Teil, beispielsweise zehn Prozent im Sinne eines Qualitätszuschlages, ernteabhängig gestaltet sein. Zum größten Teil sollte die Bezahlung für die Arbeitserledigung im Weinberg zuzüglich eines üblichen Gewinnanteils erfolgen, was auch in einem Fixbetrag pro Hektar ausgedrückt werden kann. Je nach Aufwand (Anzahl Spritzungen, Intensität der Qualitätsmaßnahmen) können Zu- oder Abschläge zum Fixbetrag vereinbart werden.
Die Pachteinnahme ist umsatzsteuerfrei. Für das Bewirtschaftungsentgelt gilt: Wenn die Dienstleistungen noch umsatzsteuerlich als landwirtschaftlich zu qualifizieren sind, das heißt von einem Landwirt mit daneben bestehendem aktiven eigenen Betrieb mit Mitteln seines Betriebes für einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb erbracht werden, können die Umsätze ohne betragsmäßige Beschränkung (das heißt auch über 51500 Euro hinaus) der Umsatzsteuerpauschalierung (10,7 %) unterworfen werden, wenn der Bewirtschafter ein pauschalierender Betrieb ist. Ist der Bewirtschafter nur ein rein gewerblich aktiver Dienstleister, ist das Entgelt dem Regelsteuersatz (19 %) zu unterwerfen, es sei denn, die Kleinunternehmerregelung (Umsatzgrenze 17500 Euro) wird gewählt.

 
Die Folgen für den eigenen Betrieb beachten
Angesichts der vorliegend aufgezeigten Problematiken sollten sich beide Vertragsparteien unbedingt vor dem Abschluss eines Pacht- und Bewirtschaftungsvertrages über die Auswirkungen für ihren jeweiligen Status in rechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher und steuerlicher Hinsicht informieren und beraten lassen, um eventuelle Risiken zu erkennen und negative Überraschungen zu vermeiden. Der badische Weinbauverband hält auf seiner Homepage das Muster eines Pacht- und Bewirtschaftungsvertrages zum Download bereit, welches dem Einzelfall angepasst werden kann.