Fachliches | 02. September 2017

Piwis haben Zukunft

Von Walter Eberenz
Seit vielen Jahren macht sich das WBI national und international einen Namen mit der Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (Piwis). Wir befragten Rolf Steiner, Leiter des Staatlichen Weinbauinstituts (WBI) in Freiburg, zum dieser und anderen Innovationen.
Dr. Rolf Steiner ist seit 2004 Leiter des Staatlichen Weinbauinstituts (WBI) in Freiburg.
Wie haben sich die Piwis mit den Jahren bei Winzern und am Markt entwickelt?


Die mit Piwis des WBI bestockte Rebfläche hat sich stetig nach oben entwickelt, ist allerdings immer noch auf einem insgesamt niedrigen Niveau. Eine ganze Reihe von Pflanzungen unserer Piwis und auch von anderen Züchtern wurde in den letzten Jahren auch wieder gerodet, weil die Winzer nicht zufrieden waren. Am Markt sind sie anteilmäßig geringer vertreten, weil viele Winzer den Aufwand der Vermarktung eines neuen Weines mit wenig oder fast unbekannten Namen scheuen und mit Cuvées oder Verschnitt arbeiten.

Entspricht die heutige Bedeutung in der Praxis Ihren Erwartungen?

Bei der Einführung neuer Rebsorten darf man keine zu hohen Erwartungen haben. Wir waren bisher mit jährlichen Zuwächsen von durchschnittlich rund 6 Prozent nicht unzufrieden. Seit dem Peronosporajahr 2016 steigt natürlich die Nachfrage nach Pflanzmaterial stark an. Für das Pflanzjahr 2018 können wir leider nicht alle Anfragen bedienen. Das schmerzt.

Wo haben sich besondere Erfolge mit Piwis eingestellt, wo gab es eventuell Enttäuschungen bisher?

Die Vermarktung von Rosé aus unseren roten Sorten hat sich in den letzten fünf Jahren sehr positiv entwickelt. In unserem Staatsweingut Freiburg vermarkten wir einen Roséwein von Cabernet Cortis mit dem Cuvée-Namen „BACAT” so erfolgreich, dass wir die Fläche von 0,3 ha auf 1,3 ha erhöht haben. Auch andere Betriebe haben zum Beispiel mit Monarch Rosé großen Erfolg, nachdem der Rotwein nicht lief und sie die Reben schon roden wollten.
Mit einzelnen Rebsorten gab es bei den Winzern und bei uns herbe Enttäuschungen. Die Trauben vom Cabernet Carol bringen tolle Weine, haben sich allerdings nicht als  regenstabil erwiesen. Der Baron bringt im Durchschnitt völlig unbefriedigende Erträge. Mit dem Cabernet Carbon erzielen nur wenige Winzer ausreichende Erträge und wir wissen immer noch nicht, woran es liegt, obwohl wir schon alles Erdenkliche ausprobiert haben.

Welches zukünftige Potenzial geben Sie Piwis?

Mit dem steigenden Wunsch nach weniger Pflanzenschutzmitteln bei den Verbrauchern und bei den Winzern sehe ich eine positive Zukunft für die Piwis. Eine weitere Rolle spielt die Bodenverdichtung bei der termingerechten Pflanzenschutzmittelausbringung, bei der ein Winzer oft keine Rücksicht auf die Bodennässe nehmen kann.

Inwieweit spielt eine Rolle, dass Frankreich im April den Anbau von zwölf Piwi-Sorten zugelassen hat – darunter einige Freiburger Sorten – und es in drei großen Regionen im südlichen Frankreich für das Anpflanzen mittlerweile Umstrukturierungshilfen gibt?

In Frankreich hat Anfang letzten Jahres eine Fernsehsendung über den weit überdurchschnittlichen Pflanzenschutzmittelverbrauch im Weinbau eine intensive öffentliche Diskussion ausgelöst. Seither haben wir vermehrt Anfragen auch aus Bordeaux.
 
Wechseln wir zum Staatsweingut Freiburg. Schon im Jahr 2007 haben Sie das komplette Weinsortiment – also rot und weiß – auf Drehverschluss umgestellt und damit für Aufmerksamkeit gesorgt. Kamen Ihnen irgendwann Zweifel, ob das denn richtig war?

Es ist unsere Aufgabe, neue Entwicklungen für die Praxis zu testen, und bei diesem Projekt hatte ich nie Zweifel. Als Student hatte ich 1979 das Glück, in der Remstalkellerei eine 1971er Silvaner Spätlese mit Kork und Drehverschluss probieren zu dürfen. Die Unterschiede waren damals so eklatant, dass ich seither ein großer Fan des Drehverschlusses bin. Ich konnte dann über Jahrzehnte nur positive Erfahrung mit der Lagerung sammeln.
Im Jahr 2006 mussten wir dann bei einer sehr hochwertigen 1999er Freiburger Schloßberg Riesling Auslese ein Drittel wegen Korkgeschmack wegschütten. Als danach Bernhard Huber, der Leiter des Staatsweingutes, mit dem von allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützten Vorschlag kam, den Drehverschluss generell zu verwenden, habe ich so schnell ja gesagt wie noch nie.
Mit einem Flyer im Kundenbrief und in jedem Weinkarton haben wir die Kunden über unsere Gründe für die Umstellung informiert. Nur einige wenige Kunden haben daraufin signalisiert, dass sie bei uns keine Weine mehr kaufen wollen. Ein Teil davon ist allerdings später wieder zurückgekommen. Insgesamt wurde das Projekt weit überwiegend sehr positv bewertet, zu unserer Überraschung insbesondere bei vielen älteren Kunden.