Fachliches | 02. Mai 2019

"VitiMonitoring", ein digitales Frühwarnsystem

Von Gottfried Bleyer, Referat Ökologie und Naturschutz am WBI Freiburg
Mit „VitiMonitoring” können die Intensität des Auftretens von Schaderregern und viele andere Beobachtungen sowie Messungen punktgenau online eingegeben und sichtbar gemacht werden. Ab diesem Jahr wird „VitiMonitoring” flächendeckend in Baden-Württemberg und Bayern angeboten.
Jedes Jahr werden Schulungen für VitiMonitoring durchgeführt.
Ein wichtiges Ziel im nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) ist es, deren Einsatz auf das notwendige Maß zu beschränken. Prognosemodelle, Expertensysteme und Entscheidungshilfen sind wichtige Bausteine, um diesen Prozess voranzubringen. Das Prognosesystem „VitiMeteo” wird in Baden-Württemberg und Bayern bereits seit vielen Jahren genutzt.
Eine weitere Differenzierung betrieblicher Entscheidungsprozesse ist nur durch örtliche Informationen zum Auftreten von Krankheiten und Schädlingen möglich. Ein durchgehender, aktueller Informationsfluss der Beobachtungen geschulter Rebschutzwarte und aus Monitoringflächen der Weinbauinstitute wird durch die Software „VitiMonitoring” verwirklicht.
Diese internetgestützte Datenbank erlaubt eine Abschätzung des Befalls vor Ort für jeden Winzer. „VitiMonitoring” ist ein neuer Baustein und somit auch eine neue Entscheidungshilfe, um einen präzisen und gezielten Pflanzenschutz im Sinne des NAPs umzusetzen.
Pflanzenschutz genauer planen
„VitiMeteo” stellt Prognosemodelle und Wetterdaten für den Weinbau zur Verfügung. Derzeit werden Simulationsmodelle für die wirtschaftlich bedeutendsten Krankheiten und Schädlinge bereitgestellt. Modelle zur Prognose des Auftretens und der Ausbreitung einer Krankheit oder eines Schädlings fußen auf den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen. Sie versuchen, die Wirklichkeit abzubilden, und werden fortlaufend überprüft und weiterentwickelt.
Prognosemodelle für Rebkrankheiten können helfen, die Behandlungstermine zu präzisieren und Pflanzenschutzmittel termingerecht auszubringen. Nicht alle Ereignisse, die von Prognosemodellen angezeigt werden, müssen auch tatsächlich eintreten, da vielerlei Ursachen bei der Krankheitsentstehung und -ausbreitung eine Rolle spielen. Dennoch sind sie für den interessierten Winzer im Zusammenspiel mit den Beratungshinweisen ein wichtiges Hilfsmittel, den betrieblichen Pflanzenschutz genauer zu planen. Zusätzlich ist es von entscheidender Bedeutung, dass von der Praxis das tatsächliche Auftreten der Schadorganismen in den Rebflächen mittels Beobachtungen und Zählungen erfasst wird.
Meldewesen ab 2012 digitalisiert
Das traditionelle Meldewesen der Rebschutzwarte in Baden-Württemberg wurde mit der Einführung des Web-Moduls „VitiMeteo Monitoring” ab 2012 erstmals digitalisiert und modernisiert. Die Feldbeobachtungen von den Rebschutzwarten waren ab Frühjahr 2015  für jeden frei zugänglich. Im Verlauf der Jahre zeigten sich jedoch auch die kleinen Schwächen des Systems. „VitiMeteo Monitoring” entstand auf Basis der Meldekarten, die seit Jahrzehnten verwendet wurden, um Beobachtungen von Rebschutzwarten zentral zu sammeln. Dies hatte unter anderem den Mangel, dass die Software für neue Schaderreger nur mit sehr großem Aufwand erweiterbar war. Auch die Darstellung von unbehandelten Kontrollparzellen war nicht möglich. 
2016 erste Gespräche über eine Kooperation
Im Jahr 2016 fanden erste Besprechungen zwischen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim (LWG), dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg (WBI) und der Firma Geosens über eine Kooperation im Bereich des Monitoringsystems für Rebschutzwarte statt. Im darauffolgenden Jahr wurde die Zusammenarbeit in diesem Bereich beschlossen und mit den Programmierarbeiten begonnen.
Die neue Software heißt „VitiMonitoring” und lief in der Saison 2018 in Franken bereits im Testbetrieb. In Baden-Württemberg wurde das neue Programm 2018 ebenfalls auf einigen Gemarkungen parallel zum alten System getestet. Um die Qualität des Monitoringsystems zu gewährleisten, werden die Daten ausschließlich von geschulten und fachkundigen Rebschutzwarten, Weinbauberatern und von Mitarbeitern der LWG, der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) und des WBI eingegeben.
Ab 2019 flächendeckend
Grundsätzlich hat jeder weltweit Zugriff auf VitiMonitoring. Der Nutzer hat mehrere Möglichkeiten, sich die eingegebenen Daten auf den Monitoringseiten in Franken und Baden-Württemberg anzuschauen. Über die Reiter Detailkarte, Warnkarte und Liste Meldungen auf der Startseite können je nach persönlichem Interesse Informationen abgerufen werden. Die Detailkarte zeigt die Situation je Krankheit und Schädling über ganz Baden-Württemberg oder Franken. Die Warnkarte informiert über die wichtigen Krankheiten und Schädlinge in den Gemarkungen. Die Liste Meldungen stellt alle Meldungen (Beobachtungen, Fallenfänge etc.) für eine Gemarkung zur Verfügung. 
In „VitiMonitoring” werden Informationen zu Gemarkungen (Flächen) und zu individuellen Standorten (Punkten) dargestellt. Manche Einträge beziehen sich auf die Fläche einer Gemarkung, dazu gehören zum Beispiel Beobachtungen von Krankheiten. Andere Daten sind punktbezogen; ein Punkt kann zum Beispiel ein Fallenstandort (z. B. Fallenfänge Traubenwickler/Kirschessigfliege) oder ein Probenort sein.
Die Monitoringseite für Baden-Württemberg ist hier zu finden. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, die vielfältigen Informationsmöglichkeiten ausführlich darzustellen.
Aktuelle Möglichkeiten und Weiterentwicklung
Die Auswertungen von „VitiMonitoring” gliedern sich generell in fünf Klassen:
  1. Beobachtungen
  2. Fallenfänge
  3. Proben/Bonituren
  4. Maßnahmen/Ereignisse
  5. Messungen
Die Klassen sind weiterhin in Gruppen eingeteilt. Der nächste Schritt ist die konkrete Auswahl des gesuchten Objektes, wie die eines bestimmten Schaderregers oder die Fallenfänge eines konkreten Schädlings.
„VitiMonitoring” bietet neue, mannigfaltige Möglichkeiten, um Eingaben in der Datenbank zu speichern und für die Winzer/innen zu publizieren. Beispielsweise können Bonituren unbehandelter Kontrollparzellen von Schaderregern dargestellt werden, was wertvolle Hinweise zur saisonalen Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen bietet und Rückschlüsse für den praktischen Pflanzenschutz zulässt.
Weiterhin sind die Speicherung und Veröffentlichung von Maßnahmen und Ereignissen möglich, welche Wetterereignisse, aber genauso Pflegemaßnahmen wie Entblätterung etc. umfassen können. Ein weites Feld bietet die Option, Ergebnisse von Messungen zu speichern und  gegebenenfalls auch zu publizieren. Mit den Messungen könnten Reifeparameter- und Reifeentwicklung, Nährstoffgehalte und Nährstoffverläufe den interessierten Nutzern/innen zur Verfügung gestellt werden.
Administration und Analyse
Aktuell ist „VitiMonitoring” eine reine Webanwendung. In der laufenden Saison 2019 werden Rebschutzwarte, Weinbauberater und Mitarbeiter der LWG, der LVWO und des WBI  Daten eingeben und der Weinwirtschaft Baden-Württembergs und Bayerns bereitstellen.Zukünftig sind Weiterentwicklungen geplant, die sowohl die Dateneingabe als auch die Datenausgabe über mobile Endgeräte (Smartphones, Tablets) ermöglichen sollen. Von der Entdeckung einer Schadenssituation im Feld bis zur Bereitstellung der Information im Internet vergehen so im Idealfall nur wenige Minuten.
Mit den kontinuierlichen Eingaben der Schaderregerinformationen in „VitiMonitoring” gehen keine Daten verloren. Eine Auswertung dieser Daten kann längerfristige Entwicklungen und Zusammenhänge besser als bisher aufzeigen. Daher ist auch die Programmierung eines Administrations- und Analysewerkzeuges in Planung. Dieses soll der wissenschaftlichen Arbeit an der LWG und am WBI dienen.