Fachliches | 02. Juli 2021

Rebschutz in Steillagen aus der Luft

Von Hubert Gemmert
In den ansonsten sehr ruhigen Steillagen der Winzergenossenschaft Roter Bur im Glottertal waren am 11. Juni 2021 Rotorengeräusche über den Reben zu hören. Eine Spritzdrohne zog ihre Bahnen mit einer Geschwindigkeit von rund 13 km/h.
In den Steillagen der Winzergenossenschaft Roter Bur im Glottertal kommen für den Rebschutz versuchsweise Drohnen zum Einsatz.
Es handelt sich hierbei um eine Drohne, die ihre Ladung von 16 Litern Spritzbrühe sehr fein und präzise über ihrem Bestimmungsort ausbringt. Noch befindet sich das Modell in der Testphase, doch nächstes Jahr soll der Regelbetrieb aufgenommen werden. Dann kann Udo Opel, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Roter Bur, die WG-eigenen Hektare sowie die Flächen der Mitglieder aus der Luft besprühen.
Die ersten Sprüh-Drohnen in Deutschland haben 2020 durch das Julius Kühn-Institut und das Luftfahrtbundesamt ihre offizielle Zulassung erhalten. Mit der Genehmigung der Typen Agras MG-1P und Agras T16 des Herstellers DJI stehen derzeit zwei Modelle für den Einsatz im Steillagenweinbau zur Verfügung. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens wurde die Injektordüse IDK 90-025C der Firma Lechler als Standarddüse definiert. Der Hersteller droneparts hatte in Kooperation mit der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg (LVWO) sowie weiteren Genossenschaften und Weinbaubetrieben in Baden-Württemberg – unter anderem auch mit der Winzergenossenschaft Roter Bur im Glottertal – innerhalb von drei Jahren mithilfe von vielen Versuchen die Software sowie die Flugparameter optimiert.
Von der Technik überzeugt
Die Drohne hat ein Abfluggewicht von 40,5 kg, eine Spannweite von rund 2,5 m und eine Arbeitsbreite von 3 m.
„Wir konnten als Kooperationspartner in den vergangenen drei Jahren Pflanzenschutzmittel mit Drohnen ausbringen und haben ziemlich gute Erfahrungen damit gemacht”, berichtet Dr. Manuel Becker, der bei der LVWO die Versuche im Rahmen eines Projekts der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP) begleitet hat.  „Im Rahmen des Leuchtturmprojektes ‚Weinberg 4.0‘ können nun für Baden dreizehn Drohnen bestellt werden”, erklärt Opel. Er ist von der neuen Technik überzeugt: „Wir haben schon einen Antrag gestellt, um in Zukunft die am schwierigsten zugänglichen Steillagen unserer Winzer mit Sprüh-Drohnen zu bearbeiten. Auch eine neue Drohne haben wir geordert. Die Lieferung erwarten wir Anfang nächsten Jahres. Bis dahin arbeiten wir mit einem  Leihgerät. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Methode für etwa 20 bis 30 unserer Winzer eine große Hilfe sein dürfte.” Wie Opel weiter erklärt, wäre er auch bereit, im Auftrag für Nicht-Mitglieder das Ausbringen der Pflanzenschutzmittel zu übernehmen.
In rund 15 Minuten Flugzeit ist ein Hektar Reben im automatischen Betrieb besprüht, dazu kommen für die sechs „Boxenstopps” zum Auffüllen des Sprühtanks und den Akkuwechsel nochmals 30 Minuten dazu. Das bedeutet rund 45 Minuten Rüst- und Arbeitszeit. Eine Person benötigt für die gleiche Fläche mit dem Schlauch etwa acht Stunden, also über elfmal so viel Zeit. Und in Steillagen ist der Zeit- und Kräfteaufwand der Arbeitskräfte für den Pflanzenschutz enorm. Da würde der Einsatz von Sprüh-Drohnen eine große Entlastung bedeuten. 
Umweltfreundlich
Ebenfalls sehr wichtig sind die deutlich besseren Ergebnisse für den umweltschonenden Pflanzenschutz. Der Einsatz von Sprüh-Drohnen reduziert die Abdrift auf Nicht-Zielflächen um bis zu 95 Prozent, ebenso wie die insgesamt verwendete Menge der Rebschutzmittel. „Bei voller Laubwand benötigen wir in Handarbeit 1800 Liter auf den Hektar, die Sprüh-Drohne benötigt nur rund 100 Liter Spritzbrühe”, berichtet Opel aus seiner Erfahrung.
Für die Drohnen spricht auch der verbesserte Anwenderschutz. Während die Arbeitskräfte im schlimmsten Fall auch bei 30 °C im Schutzanzug und mit Atemschutz zwischen den Rebzeilen stehen müssen, genügt dem Piloten eine einfache Atemschutzmaske, da der Kontakt mit dem Pflanzenschutzmittel fast entfällt.
Die DJI Agras T16 ist mit einem 16-Liter-Wechseltank und acht Düsen ausgestattet und kostet inklusive des Zubehörs und der Software zwischen 40000 und 50000 Euro. Ihre Wirtschaftlichkeit hängt vor allem von den möglichen Einsatzzeiten ab. „Ich schätze, ab zehn bis 15 Hektar wird so eine Drohne interessant”, erklärt Udo Opel. Zu diesen Kosten kommt noch die Ausbildung der Piloten hinzu. Bei der Winzergenossenschaft ist geplant, drei Personen auszubilden.
Akkus mehrfach laden
Udo Opel, der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Roter Bur, setzt sich tatkräftig für die Idee ein, Drohnen für den Rebschutz nutzbar zu machen.
Doch selbst wenn man die variablen Kosten für den Piloten einer Drohne als Dienstleister einkalkuliert, dürften die fliegenden Helfer die Kosten des Pflanzenschutzes aus der Luft deutlich reduzieren. Genaue Kostenkalkulationen liegen allerdings zurzeit noch nicht vor.
Die Drohne hat ein Abfluggewicht von 40,5 Kilogramm, eine Spannweite von rund zweieinhalb Metern und eine Arbeitsbreite von drei Metern. Sie erfasst über Radarsensoren das Terrain und reguliert in Echtzeit während des automatischen Überflugs ihre Flughöhe, die bei etwa fünf Metern über dem Boden liegt. Nach einem Zwischenstopp zum Auftanken findet sie automatisch den Endpunkt des letzten Fluges wieder und macht dort mit ihrem Auftrag weiter.
Zu den Vorteilen der Drohnen gehört auch, dass sie fast immer eingesetzt werden können. Nur bei starkem Wind oder Niederschlag können sie nicht aufsteigen. Nach längeren Regenzeiten zum Beispiel ist der Boden so feucht, dass ein Einsatz von Traktoren viel zu gefährlich oder sogar unmöglich ist. Auch hier könnten die Drohnen als Alternative eingesetzt werden.
„Die Achillesferse sind ganz klar die Akkuleistung und das Fassungsvermögen des Tanks”, berichtet Opel. Eine Ladung reicht für zwei Tankfüllungen, danach muss der Akku gewechselt werden. Deshalb gibt es in der Winzergenossenschaft drei Akkus, die für einen Hektar reichen. Kommt die Drohne bei größeren Flächen zum Einsatz, ist ein Stromaggregat dabei, um die Akkus vor Ort wieder aufladen zu können. Eine größere Zuladung würde Opel sich ebenfalls wünschen. „Aber bis Drohnen mit einem Fassungsvermögen von 50 bis 60 Litern genehmigt werden”, schätzt Opel „ist es noch ein langer Weg”. Vielleicht gibt es aber bald ein Modell mit 20 Litern Fassungsvermögen. Diese Steigerung um rund 25 % würde einen Auffüllvorgang pro Hektar einsparen.