Fachliches | 02. September 2016

Typisch sind die schwarzen Punkte

Von Interreg-Projekt InvaProtect
Mitte Juli hat Vitisphere Alsace den Fund von Larven der Amerikanischen Rebzikade (Scaphoideus titanus) im Elsass gemeldet. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in deutschen Weinbaugebieten auftreten könnte.
Erwachsene Scaphoideus titanus: Länge etwa 4–5 mm, rotbraune Grundfärbung mit typischer Musterung.
Die Amerikanische Rebzikade ist Überträger des Flavescence dorée-Phytoplasmas, des Erregers der Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbung). Die gefährliche Quarantänekrankheit der Rebe ist von Südeuropa bis zum Burgund und Teilen von Österreich und der Schweiz verbreitet und verursacht große Schäden im Weinbau. Deutschland ist bisher von der FD nicht betroffen. Scaphoideus titanus verbringt ihren gesamten Lebenszyklus an Reben. Die Eier werden an Rebholz abgelegt, die fünf Larvenstadien saugen wie die geflügelten adulten Zikaden an Rebblättern. Da S. titanus die Flavescence dorée sehr effektiv von Rebe zu Rebe überträgt, kann sich die Krankheit sehr schnell ausbreiten. Daher istin Befallsgebieten der Flavescence dorée die Bekämpfung der Zikade vorgeschrieben. Besonders wichtig sind daneben Vorsichtsmaßnahmen, um die Verbreitung der Krankheit mit Rebmaterial zu verhindern.
Die Amerikanische Rebzikade wurde vermutlich anfangs des 20. Jahrhunderts aus Nordamerika nach Südwest-Frankreich verschleppt. Seitdem hat sie sich nach Osten bis nach Rumänien und von Süditalien bis in die Champagne ausgebreitet. Ausländische Weinbauregionen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den deutschen Weinbaugebieten waren bisher von S. titanus nicht besiedelt. Die nächsten Vorkommen waren das Burgenland in Österreich, das Gebiet des Genfer Sees in der Schweiz sowie Burgund und die Champagne in Frankreich.
Larven von Scaphoideus titanus: drittes, viertes und fünftes Larvenstadium; typisch sind die beiden dunklen Punkte auf beiden Seiten des letzten Hinterleibsgliedes.
Vor Kurzem wurde nun S. titanus in einer Gemarkung im Elsass an Reben festgestellt. Das genaue Ausmaß der Verbreitung ist bisher noch nicht bekannt. Mit der Präsenz der Zikade in diesem Gebiet steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in den deutschen Weinbaugebieten auftreten könnte. Zu betonen ist, dass mit der Zikade zwar der Überträger, nicht aber die Flavescence dorée selbst im Elsass aufgetreten ist. Auch in der Champagne ist die Zikade schon seit mehreren Jahren präsent, ohne dass die Flavescence dorée bisher nachgewiesen wurde. Dies wird unter anderem auf verstärkte Überwachungsmaßnahmen in Hinblick auf kranke Reben zurückgeführt.
Schon seit einigen Jahren wird von den in Deutschland mit dem Rebschutz befassten Institutionen mithilfe von Gelbfallen überwacht, ob S. titanus in Rebflächen auftritt. Seit Januar dieses Jahres wird durch das Interreg-Oberrhein-Programm das Projekt „InvaProtect” gefördert, in dem Institutionen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz kooperieren, um die Verbreitung neuer Schaderreger im Oberrheingebiet zu erfassen und geeignete Monitoringmaßnahmen zu erarbeiten.
Eine der Arbeitsgruppen in diesem durch das LTZ Augustenberg koordinierten Projekt befasst sich mit der Flavescence dorée und ihrem Überträger Scaphoideus titanus. Ihr gehören vier Weinbau-Institutionen aus dem Elsass sowie auf deutscher Seite das Julius-Kühn-Institut, RLP Agroscience, das DLR-Rheinpfalz sowie das WBI Freiburg an.
Der aktuelle Nachweis der Amerikanischen Rebzikade im Elsass wurde zwar nicht im Rahmen der InvaProtect-Arbeiten erbracht, er unterstreicht jedoch die Bedeutung des Kooperationsprojekts sowohl in Hinblick auf einen schnellen Informationsaustausch als auch auf die weitere intensive Überwachung des Vorkommens und der Verbreitung des Schaderregers, die bereits intensiviert wurde, aber bisher keinen Hinweis auf das Vorkommen von S. titanus in Deutschland erbrachte. In Rebflächen ausgehängte gelbe Klebefallen sind Teil dieser Überwachungsmaßnahme. Die Winzer werden gebeten, sie nicht zu entfernen. Zusätzlich werden im Rahmen des Projekts Reben auf  Flavescence dorée untersucht. Da sich die Symptome nicht von denen der Schwarzholzkrankheit unterscheiden, sind dazu Laboruntersuchungen notwendig.

 
Wachsam sein
Larve der einheimischen Grünen Rebzikade, Empoasca vitis. Die Larven sind grünlich und haben keine schwarzen Punkte am Hinterleib.
Der Nachweis von S. titanus im Elsass erhöht das Risiko, dass die Zikade die benachbarten deutschen Weinbaugebiete erreicht. In welchem Zeitraum dies der Fall sein könnte,  lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Aktuelle Blattkontrollen ergaben bisher keinen Hinweis auf die Zikade in Deutschland. Die Winzer sollten jedoch wachsam sein und eventuell an Rebblättern gefundene Zikaden melden, wenn sie die typischen Merkmale von S. titanus aufweisen sollten. Andere auf Rebblättern lebende Zikaden wie die Grüne Rebzikade Empoasca vitis sind in Hinblick auf die Flavescence dorée ohne Bedeutung.