Fachliches
| 05. September 2019
Neuer Job für die Landschaftspfleger?
Von Gisela Ehret
In Weinbergen in und um Freiburg grasen seit April Schafe zwischen den Rebzeilen. Sie sind die Hauptdarsteller in einem Forschungsprojekt, das untersucht, inwiefern sich Weidetiere als Helfer im Weinbau eignen. Ende Juli wurde das Projekt am Weinbauinstitut Freiburg vorgestellt.
Die Schafe weiden im Rahmen des Versuchs über vier Jahre auf mehreren Parzellen in verschiedenen Reberziehungsformen.
Die Beweidung mit Schafen könnte hier Abhilfe schaffen, wie die Initiatoren des Projekts „Win-Win-im-Weinberg (W³)” in einer Pressemitteilung erklären: Sie führe zu einer Aufwertung des Lebensraums, fördere ein gutes Bodenleben und helfe, den Wuchs anderer Pflanzen zu kontrollieren. Schafe übernähmen die Beseitigung von Stockaustrieben und könnten auch zur Entblätterung der Traubenzone eingesetzt werden.
In Österreich, Südtirol und Frankreich und auch hierzulande gebe es schon Pioniere, die diese Form der Bewirtschaftung mit Erfolg praktizierten, sagt Nicolas Schoof, Mitinitiator und Doktorand an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. Bisher gebe es jedoch keine angewandte Forschung zum Einsatz der Schafe, und den Winzern fehlten daher konkrete Handlungsempfehlungen.
Projekt läuft über vier Jahre
Das Projekt „Win-Win-im-Weinberg” setzt genau hier an. Das
Forschungsvorhaben will ökologische und ökonomische Grundlagen
erforschen und den Praktikern vermitteln. „Wir werden passgenaue
Umsetzungsstrategien für unterschiedliche Weinbausysteme liefern, bei
denen voraussichtlich auch Schäfereien eine wichtige Rolle spielen
werden”, verspricht Schoof.
Die Schafe weiden dafür über vier Jahre auf
mehreren Versuchsparzellen in verschiedenen Reberziehungsformen. Vor
allem wollen die Initiatoren evaluieren, ob durch den Einsatz von
Schafen die Begleitvegetation kurz gehalten und somit der Herbizid- und
Maschineneinsatz zurückgefahren werden kann.
Das Projekt wurde ins Leben gerufen von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen und der Abteilung Geobotanik der Universität Freiburg sowie dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg. Die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg fördert das Forschungsvorhaben aus Erträgen der Glücksspirale mit rund 380.000 Euro. Weitere Fördermittel in Höhe von 21.000 Euro kommen von der Musella-Stiftung in Freiburg und der Heidehof Stiftung GmbH in Stuttgart zum Bau der Weideinfrastruktur.
Das Projekt wurde ins Leben gerufen von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen und der Abteilung Geobotanik der Universität Freiburg sowie dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg. Die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg fördert das Forschungsvorhaben aus Erträgen der Glücksspirale mit rund 380.000 Euro. Weitere Fördermittel in Höhe von 21.000 Euro kommen von der Musella-Stiftung in Freiburg und der Heidehof Stiftung GmbH in Stuttgart zum Bau der Weideinfrastruktur.
Eine interessante Alternative für Steillagen
Projektleiter
Prof. Dr. Rainer Luick von der Hochschule für Forstwissenschaft
Rottenburg ist begeistert davon, wie das Vorhaben anläuft: „Selten hat
die Entwicklung eines Projekts so viel Freude gemacht. Von allen Seiten
erhalten wir positive Rückmeldungen.” Auch die ersten Ergebnisse sind
positiv: „Wir haben auf Flächen mit Umkehrerziehung und Flachbogen
gemessen, wie die Tiere die Stämme putzen, und festgestellt, dass sie 96
Prozent der unerwünschten Triebe weggefressen haben”, berichtet
Schoof. „Die Trauben rühren sie dabei nicht an.”
Auch der Stamm wird
verschmäht. Dafür fressen die Schafe unerwünschte Beipflanzen wie die
Winde zuverlässig und „in Echtzeit” ab. „Sie wird jeden Tag aufs Neue
weggebissen”, zeigt sich Schoof begeistert.
Seiner Ansicht nach ist die Beweidung mit Schafen in manchen Lagen eine echte Alternative. Besonders im Steilhang könnten Schafe zur Arbeitseinsparung beitragen.. Außerdem müsse hier das Mähen oft mit der Motorsense geschehen, dabei würden teilweise die Stämme verletzt. „Die Schafe arbeiten hier schonender.” In günstigeren Lagen müsse man genauer Kosten und Nutzen abwägen. Schließlich seien Schafe auch potenzielle Lieferanten von Wolle und Fleisch und die Weinberg-Beweidung damit eine interessante Doppelnutzungsstrategie, die auch im Weinverkauf gewinnbringend eingesetzt werden könne.
Seiner Ansicht nach ist die Beweidung mit Schafen in manchen Lagen eine echte Alternative. Besonders im Steilhang könnten Schafe zur Arbeitseinsparung beitragen.. Außerdem müsse hier das Mähen oft mit der Motorsense geschehen, dabei würden teilweise die Stämme verletzt. „Die Schafe arbeiten hier schonender.” In günstigeren Lagen müsse man genauer Kosten und Nutzen abwägen. Schließlich seien Schafe auch potenzielle Lieferanten von Wolle und Fleisch und die Weinberg-Beweidung damit eine interessante Doppelnutzungsstrategie, die auch im Weinverkauf gewinnbringend eingesetzt werden könne.
Voraussetzung sei, dass die Arbeitsabläufe der Weinbergsbewirtschaftung
an die Beweidung mit Schafen angepasst würden und umgekehrt. So müssen
die Schafe beispielsweise vor der Behandlung mit Fungiziden kurzfristig
aus dem Weinberg genommen werden, eine Ausnahme bilde wohl Calciumcarbonat.
„Wir hoffen, dass der Markt bald auf PiWis (pilzwiderstandsfähige
Rebsorten) umschwingt und durch die trockenen Sommer wesentlich weniger
Spritzdurchgänge nötig sind”, sagt Schoof. „Vorsicht ist auch bei
starkem Kupfereinsatz geboten.”
Quessant-Schafe
In jedem Fall empfiehlt Schoof
Winzern mindestens die Kooperation mit einem ortsansässigen Schäfer.
Dieser könne für zwei bis drei Tage ein paar seiner Schafe auf die
Rebanlage lassen, damit sie entblättern und die Jungtriebe stutzen. Das
helfe beiden Seiten und spare Kosten. Einen Hektar Reben zu entblättern,
koste einen Winzer circa 600 Euro, rechnet er vor. 20 Schafe erledigten
die gleiche Arbeit in vier bis fünf Tagen.
Das Forschungsteam will
auch untersuchen, ob Schafe im Weinberg prinzipiell das Bodenleben und
den Humusaufbau fördern und die Biodiversität unterstützen. Im Projekt
sind verschiedene Schafrassen im Einsatz: Finanziert durch die
Forschungsgelder wurde eine Herde Ouessant-Schafe gekauft. Wie Nicolas
Schoof weiß, nutzen 60 bis 70 Prozent der Praktiker, die bereits Schafe
in ihren Weinbergen weiden lassen, diese kleine Rasse, weil durch sie
die Traubenzone nicht so gefährdet ist.
Nachteilig ist allerdings ihre
geringe Fraßleistung, wodurch sie den Begleitwuchs nicht so effektiv
reduzieren. Je nach Standort ist dann ein Nachmähen erforderlich.
Dennoch stellen die kleinsten Schafe der Welt zuverlässig die
Traubenzone frei und bekämpfen Winden und Jungtriebe, berichtet Schoof.
Eine Herausforderung
Auch der Bollschweiler Schäfer Edgar Engist beteiligt
sich mit seiner Herde am Projekt. Von ihm kommt auch die Idee: Er lässt
seine Tiere seit Jahren im Winter in Rebbergen rund um Bollschweil
weiden, auch weil die Weidefläche für seine Tiere immer mehr abnimmt.
Gemeinsam mit Schoof rief er das Projekt ins Leben.
Wenn man
Vorsichtsmaßnahmen wie ein Hagelschutznetz oder eine Elektrolitze unter
der Traubenzone einsetze, könne man die Schafe auch ganzjährig in den
Weinbergen lassen, ist Schoof überzeugt. Allerdings steige dadurch der
Arbeitsaufwand. Im Versuchsprojekt werden die Schafe rechtzeitig aus dem
Weinberg genommen. „Die Schafe fangen unten an zu entblättern und
arbeiten sich dann nach oben. Da muss man rechtzeitig reagieren”,
erklärt Schoof.
Das bestätigt auch Schäfer Engist: „Wenn die Trauben
Zucker ansetzen und die Schafe das herausfinden, wird es gefährlich für
die Trauben.” Für den erfahrenen Schäfer, der seit 40 Jahren im Beruf
ist, ist das Projekt eine spannende Herausforderung. „Es ist eine ganz
andere Hütetechnik als auf der Weide”, sagt er. „Man lernt jeden Tag
wieder dazu.”