Fachliches | 03. September 2020

Schwefelung von Trauben und Maische weiter möglich

Von Dr. Jürgen Sigler
Mit Wirkung vom 7. Dezember 2019 ist die bisherige Verordnung (EG) Nr. 606/2009 über önologische Verfahren ersetzt worden durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/934. Diese verweist vielfach auf die einschlägigen Dossiers des Internationalen Kodex der önologischen Verfahren der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), welche in der Reihe C des EU-Amtsblatts verfügbar gemacht worden sind.
Im Zuge dieser umfangreichen Neustrukturierung sind einige unbeabsichtigte Lücken entstanden, die alsbald geschlossen werden sollen. Die aktuell bedeutsamste betrifft die Schwefelung: Die zugelassenen drei Schwefelungsmittel Schwefeldioxid (= SO2), Kaliumbisulfit und Kaliummetabisulfit (= Kaliumdisulfit) wären formal nach der Verordnung (EU) 2019/934 nur eingeschränkt verwendbar:
  • Frische Weintrauben (incl. Maische) dürften gar nicht mehr geschwefelt werden,
  • Jungwein (= Wein, der noch auf der Hefe liegt) dürfte nur noch mit Schwefeldioxid geschwefelt werden, nicht mehr mit Kaliumdisulfit und Kaliumbisulfit.
Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Änderungsverordnung, die u. a. die genannten Einschränkungen wieder aufheben soll. Allerdings ist die Veröffentlichung der Änderungsverordnung erst gegen Ende des Jahres zu erwarten, also nach der Weinernte 2020.
Im Hinblick auf die bisherige Rechtslage der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 und mit Bezug auf die kommende Änderung hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg mitgeteilt, dass die bisherigen Regelungen zur Schwefelung nach der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 weiter angewandt werden können, da die kommende Änderungsverordnung diesen Rechtsstand wieder herstellen wird und da die unbeabsichtigten Änderungen der Schwefelungsvorschriften durch die Verordnung (EU) 2019/934 rechtlich unzureichend begründet sind.
Somit können
  • Frische Weintrauben (incl. Maische) und
  • Jungwein (= Wein, der noch auf der Hefe liegt)
weiter nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 geschwefelt werden, und zwar sowohl mit Schwefeldioxid (= SO2) als auch mit Kaliumdisulfit und Kaliumbisulfit.
Weitere bedeutsame Korrekturen bei den oenologischen Verfahren werden mitgeteilt, sobald die entsprechende Änderungsverordnung der EU verkündet worden ist.