Fachliches | 05. Mai 2023

Mit sauberen Stämmchen starten

Von Roland Zipf, Weinbauerater Main-Tauber-Kreis
Im Mai stehen die Arbeiten am Rebstock im Fokus: Ausbrechen und Unterstockpflege sind an der Reihe. Zwei Maßnahmen, die gerade bei zunehmender Trockenheit wichtiger werden.
Bürstengeräte werden zunehmend zur Unterstockpflege eingesetzt.
Bedingt durch die kühlere und überwiegend trübe Witterung in der ersten Aprilhälfte liegt die Rebentwicklung in weiten Teilen des Anbaugebietes im Bereich des langjährigen Mittels – zumindest bis zum Redaktionsschluss von Der Badische Winzer. Nennenswerte Spätfrostschäden sind im gesamten badischen Anbaugebiet glücklicherweise bisher keine zu verzeichnen. Bis zu den Eisheiligen und der „Kalten Sophie” am 15. Mai liegt aber noch einige Zeit des Hoffens und Bangens vor den Winzern. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass lediglich Frostruten in der Lage sind, einen gewissen Ertragsausfall durch Spätfrost zu kompensieren. Wenn sich im Verlauf des ersten Maidrittels zeigt, dass die Frostgefahr vorüber ist, können die Frostruten abgeschnitten werden.
Auch durch Erziehungssysteme mit einer höheren Augenzahl, wie etwa beim Minimalschnitt im Spalier oder Langzapfen, lässt sich das Risiko mitunter minimieren. In Einzelfällen können auch Maßnahmen wie Warmluftheizung, Heizdrähte, Frostschutzberegnung, Hubschrauber oder Frostkerzen zum Einsatz kommen. Unter Kosten- oder Umweltgesichtspunkten sind die Erfolgsaussichten vieler Verfahren allerdings sehr begrenzt oder verbieten sich sogar.
Unterstockpflege
Das Glyphosatverbot in den Wasser- und Heilquellenschutzgebieten ist nach wie vor eine Herausforderung bei der Unterstockpflege. Wie wichtig es ist, insbesondere in Junganlagen die Wasserkonkurrenz im Unterstockbereich zu minimieren, hat das extrem trockene Jahr 2022 gezeigt. Sofern es die Topographie und die Bodenart erlauben, bringen in trockenen Jahren die mechanischen Verfahren, wie etwa Scheibenpflug und Rollhacke, deutliche Vorteile im Hinblick auf den Wasserhaushalt, weil sie die Kapillaren im Boden brechen. Bei problematischen Böden oder schwieriger Topographie können Fadenmäher oder Bürstengeräte eine Alternative darstellen. Der Herbizidverzicht im Weinbau kann seit diesem Jahr mit einem Betrag von 300 Euro/ha über das FAKT-Programm gefördert werden.
Viele Betriebe sind jedoch weiterhin auf Herbizide angewiesen. Da keine mit Glyphosat vergleichbar breit wirksamen Blattherbizide zur Verfügung stehen, greifen in den Wasser- und Quellschutzgebieten viele verstärkt auf Bodenherbizide zurück. Früher wurden diese Produkte aufgrund ihrer höheren Persistenz im Boden von vielen Betrieben vermieden. Informationen zu den möglichen Einsatzzeitpunkten der Produkte sind in der Tabelle unten zusammengefasst.
Welche Unterstockstrategie sich in den kommenden Jahren durchsetzen wird, lässt sich noch nicht beantworten. Dies hängt zum einen von den Praxiserfahrungen mit den genehmigten Herbiziden ab; insbesondere wird die Unterstockstrategie aber auch von der Wirtschaftlichkeit der mechanischen Verfahren abhängen – und davon, ob zukünftig überhaupt noch Herbizide zur Verfügung stehen. Eines steht fest: Neue Herbizide für den Weinbau sind zumindest in naher Zukunft nicht zu erwarten.
Wer Herbizide in den Wasser- und Heilquellenschutzgebieten anwenden will, muss unter anderem die möglichen Anwendungszeitpunkte und Wartezeiten beachten.
 
 
Laubarbeiten
Im Mai liegt der Schwerpunkt der Arbeiten an den Rebstöcken. Das Ausbrechen überzähliger Triebe am Rebstock ist eine wichtige Maßnahme, um den Zielertrag einzustellen und eine locker-luftige Laubwand zu schaffen. Alle überzähligen Triebe am Stämmchen und im gesamten Altholzbereich lassen sich zu diesem frühen Zeitpunkt mühelos und auch arbeitszeitsparend entfernen. Besonders wichtig ist diese Arbeit bei Rebsorten, die viele Triebe aus dem alten Holz hervorbringen. Leider wachsen im Frühjahr die Triebe schnell und solange Frostgefahr besteht, können auch nicht alle Anlagen bei noch guter Übersicht bearbeitet werden. Deshalb sollte eine hohe Schlagkraft für diese Arbeiten zur Verfügung stehen.
Beim Ausbrechen ist zu beachten:
  • Wilde Triebe aus dem Altholz (Wasserschosse) entfernen, die nicht für den Stockaufbau benötigt werden
  • Doppeltriebe entfernen
  • Kümmertriebe entfernen
  • Rebschnitt korrigieren und eventuell einen zu hohen Anschnitt durch das Ausbrechen korrigieren
  • Auf gleichmäßige Verteilung der Triebe und einen luftigen Laubwandaufbau achten.
Je engknotiger und schwachwüchsiger eine Rebanlage ist, umso stärker sollte ausgebrochen werden. Dies gilt insbesondere für im Vorjahr überlastete Junganlagen oder auch stark trockengestresste Anlagen. Das Ausbrechen beugt zudem der Selbstbeschattung vor und sichert daher die Traubenqualität sowie die Ertragsstabilität. Wer Doppel- und Kümmertriebe ausbricht, kann schlechter ernährte Trauben entfernen und somit den Stock entlasten und die Qualität fördern. Vor allem aber muss man beim Ausbrechen den Stockaufbau und den Formerhalt für das nächste Jahr berücksichtigen. Ein „Verkahlen” des Kopfbereichs und das Hochbauen der Stöcke ist unbedingt zu vermeiden. Das heißt, es müssen zwingend ein bis zwei gut positionierte Triebe im Kopfbereich bleiben.
Das Ausbrechen der Stammaustriebe lässt sich durch Stockbürsten mechanisieren, die am Schlepper angebaut werden. Wegen Themen wie reduziertem Herbizideinsatz, Mindestlohn und mangelnder Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften gewinnen diese Bürstverfahren mehr und mehr an Bedeutung. Hierbei ist auf eine optimale Geräteeinstellung zu achten. So nutzen sich die Maschinen langsamer ab und es gelangen weniger Fremdstoffe in die Rebanlagen. Bei der mechanischen Entfernung der Stockaustriebe ist es wichtig, dass die Triebe nicht zu lang werden, da sonst verholzte Stummel stehen bleiben, aus denen dann vermehrt Stockaustriebe heranwachsen. Ein Nachteil dieser Geräte: Sie können nur den mittleren und unteren Stammbereich ausbrechen. Im Stockinneren ist je nach Rebsorte weiterhin Handarbeit nötig.
Spätestens bei den Ausbrecharbeiten sollte man auch die beweglichen Heftdrähte aushängen, um später Arbeitszeit bei den Heftarbeiten zu sparen. Jungfelder sind bei etwa 5 cm Trieblänge im Pflanzjahr so auszubrechen, dass der verbleibende Trieb eine möglichst gerade Fortsetzung der Wurzelstange darstellt. Im ersten Standjahr empfiehlt es sich – je nach Wüchsigkeit der Anlage und abhängig von der Erziehungsform – drei bis fünf Triebe pro Stock zu belassen. Ist der Stock im Pflanzjahr nicht ausreichend hoch gewachsen und musste zurückgeschnitten werden, so ist prinzipiell wie im Pflanzjahr zu verfahren.