Fachliches | 09. Februar 2018

Stickstoff und Phosphor im Gleichgewicht

Von Dr. Monika Riedel, WBI Freiburg und Dr. Dietmar Rupp, LVWO Weinsberg
Was pflichtbewusste Winzer schon lange praktiziert haben, ist durch die Düngeverordnung zur Vorgabe geworden: Düngetermin und -menge müssen auf den Bedarf der Pflanzen und die Standortbedingungen ausgerichtet werden.
Bei der N-Düngung müssen die Bodenpflege und die Wüchsigkeit der Reben berücksichtigt werden. Rechte Seite Hintergrund: gute N-Versorgung, rechte Seite Vordergrund: N-Mangel.
Nur wenn der Pflanzenbedarf die Richtschnur ist, stehen wichtige Nährstoffe wie etwa Stickstoff zeitgerecht und in der richtigen Menge für die Rebe zur Verfügung und werden Nährstoffverluste weitgehend vermieden. Relevant werden die Bestimmungen der Düngeverordnung, wenn auf einer Rebfläche „wesentliche Nährstoffmengen” gedüngt werden sollen, das heißt mehr als 50 kg Gesamtstickstoff oder 30 kg P2O5 je Hektar und Jahr. Dann ist der Düngebedarf unter Berücksichtigung der im Boden verfügbaren Nährstoffmengen festzustellen und zu dokumentieren.
Nicht nur die Bedarfsermittlung, sondern auch die Dokumentation muss vor der Düngemaßnahme erledigt werden. Vor dem Aufbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten oder Pflanzenhilfsmitteln müssen deren Gehalte an Gesamtstickstoff, verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff und der Gesamt-P-Gehalt bekannt sein. Bei Mineraldünger oder organisch-mineralischen Handelsdüngern dürfte dies kein Problem sein – es steht alles auf der Verpackung.
Für Wirtschaftsdünger, wie beispielsweise Trester oder Stallmist, finden sich Standardwerte in Tabellen des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg. Abrufbar sind die Zahlen unter www.duengung-bw.de und unter www.ltz-bw.de. Für Gärrückstande aus Biogasanlagen sind aktuelle Analysen erforderlich.
Messen oder Schätzen – aber immer dokumentieren
Düngemaßnahmen ohne vorherige Düngebedarfsermittlung entsprechen nicht der guten fachlichen Praxis. Allerdings gibt es Situationen – geringe Düngemengen, kleine Parzellen, Kleinbetriebe etc. – , wo weder eine Bedarfsermittlung noch eine Dokumentation vorgeschrieben sind. Ob eine Verpflichtung besteht oder nicht, lässt sich anhand des Schaubildes in Abbbildung 1 ablesen.
Ist eine Düngebedarfsermittlung vorgeschrieben, dann können für Stickstoff wie bisher verschiedene Verfahren verwendet werden:
  • Untersuchung repräsentativer Bodenproben durch Nmin-Messung oder EUF-Verfahren
  • Übernahme der Ergebnisse von vergleichbaren Standorten, beispielsweise in Baden-Württemberg die Werte des Nitratinformationsdienstes
  • fachlich anerkannte Berechnungs- und Schätzmethoden.
Nmin-Proben müssen nach der Entnahme gekühlt werden und auf schnellstem Weg in ein Bodenlabor gelangen oder eingefroren werden. Eine Adressliste mit zugelassenen Laboren ist abrufbar unter www.ltz-bw.de.
Unterstützung über das Internet
Eine Hilfestellung zur Bedarfsermittlung und zugleich eine Möglichkeit zur Erfüllung der Dokumentationspflicht bietet das Online-Verfahren www.duengung-bw.de. Basierend auf dem Ergebnis der Nmin-Analyse werden bei Düngung-BW über die Bildschirmabfrage unter anderem auch Standortdaten, die Wüchsigkeit der Rebanlage, die Ertragserwartung und eine etwaige organische Düngung abgefragt. Der Ergebnisausdruck (Attest) mit der konkreten Düngeempfehlung – Abbildung 2 – gilt als Beleg für die Erfüllung der Dokumentationspflicht und sollte daher aufbewahrt werden. Werden keine eigenen Messwerte ermittelt, kann Düngung-BW in Baden-Württemberg für begrünte Rebflächen wie im Beispiel der Abbildung 2 auch mit Referenzwerten des Nitratinformationsdienstes genutzt werden.
Wenn beispielsweise ein Ertrag zwischen 70 und 140 dt/ha bei Reben erwartet wird, die in jeder zweiten Gasse oder ganzflächig begrünt sind, wird mit einem Sollwert von 70 kg N/ha gerechnet. Davon wird der Nitrat-N-Gehalt im Boden abgezogen. Wird hierfür der derzeitige Referenzwert verwendet (15 kg Nitrat-N/ha im Boden im Frühjahr als achtjähriger Mittelwert von 2010 bis 2017), so ergibt sich bei normaler Wüchsigkeit und mittleren Humusgehalten (1,5 bis 4,0 %) ein N-Düngebedarf von 55 kg N/ha.
Bei Schlägen oder Bewirtschaftungseinheiten mit einer Ertragserwartung über 140 dt/ha erhöht sich der Düngebedarf durch einen Zuschlag von 10 kg N/ha auf maximal 65 kg N/ha. In schwachwüchsigen Anlagen mit akutem N-Mangel könnten maximal 80 kg N/ha gedüngt werden.
Einfach geht es mit dem Schätzrahmen
Die vom Boden freigesetzte Stickstoffmenge ist nicht nur vom Humusgehalt oder organischen N-Vorrat, sondern vor allem vom Wasserhaushalt und damit von dem Wetter und der Bodenpflege abhängig. Können andere Einflüsse wie Bodenverdichtung oder Virosen ausgeschlossen werden, dann ist die Wüchsigkeit einer Rebanlage das Abbild der mehrjährigen Wasser- und Stickstoffversorgung. Auf dieser Basis konnte ein schon länger genutzter Schätzrahmen für die Anforderungen der Düngeverordnung weiterentwickelt werden.
Ausgehend von einem Ausgangswert werden je nach Bodensituation, Bodenpflege oder Wüchsigkeit entsprechende Zu- und Abschläge vorgenommen – Abbildung 3. Als Saldo ergibt sich die zulässige maximale N-Düngung. Das ausgefüllte, datierte und unterschriebene Formular erfüllt damit ebenfalls die Dokumentationspflicht der Dün-geverordnung.
Bodenuntersuchung vor der Phosphatdüngung
Bei Schlägen ab einem Hektar ist vor einer Zufuhr von mehr als 30 kg Phosphat je ha und Jahr die im Boden verfügbare Phosphatmenge zu ermitteln – wie in Abbildung 1 dargestellt. Die entsprechende Bodenuntersuchung muss mindestens alle sechs Jahre durchgeführt werden. Als Schlag gilt eine zusammenhängende, einheitlich bewirtschaftete Fläche. Unterschiedliche Rebsorten oder unterschiedliche Pflanzjahre haben keine Auswirkung.
Bisher wurde für Weinbau in Baden-Württemberg bei Phosphatgehalten ab 29 mg P2O5 je 100 g Boden oder Erreichen der Versorgungstufe E (= überversorgt) keine Düngeempfehlung ausgesprochen. Nach der gültigen neuen Düngeverordnung liegt der entsprechende Grenzwert nun bei 20 mg P2O5 je 100 g Boden – nach der CAL-Methode – und 3,6 mg Phosphor je 100 g Boden nach dem EUF-Verfahren.
Bei höheren Phosphatgehalten wird zwar keine Phosphatdüngung empfohlen, P-haltige Düngemittel dürfen aber noch im Umfang der voraussichtlichen Abfuhr ausgebracht werden; dabei kann bei der Düngung die voraussichtliche Phosphatabfuhr für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren zugrunde gelegt werden. Beispielsweise ist bei einem Traubenertrag von 10 t/ha mit einer Abfuhr von 10 kg Phosphat je ha und Jahr – in drei Jahren mit 30 kg Phosphat/ha – zu rechnen. Bereits mit 13 t Traubentrester-Frischmasse je Hektar, das entspricht rund 26 m³/ha, werden 30 kg Phosphat pro ha ausgebracht.
Aufpassen bei organischer Düngung und Volldüngern
Vor allem wenn organische Dünger wie Trester, Stallmist oder Kompost oder mineralische Volldünger eingesetzt werden, ist darauf zu achten, dass die Zufuhr von Stickstoff und Phosphat die Abfuhr dieser Nährstoffe nicht zu sehr überschreiten darf – das ist der Kern des Nährstoffvergleichs.
Während bei der Ermittlung der Düngemenge nur die löslichen oder freiwerdenden Stickstoffmengen angerechnet werden, sind beim Nährstoffvergleich die Gesamtgehalte in die Bilanz aufzunehmen. So muss beispielsweise bei Grünschnittkompost im Jahr des Aufbringens nur mindestens 3 % des Gesamtstickstoffgehaltes für die kurzfristige N-Lieferung berücksichtigt werden. In den drei Folgejahren ist nach der Aufbringung von Kompost, inklusive Grünschnittkompost, eine N-Nachlieferung von insgesamt 10 % der mit dem Kompost aufgebrachten Menge an Gesamtstickstoff bei der Ermittlung des Düngebedarfs anzurechnen.
Davon werden 4 % im ersten Folgejahr nach der Düngung relevant und jeweils 3 % in den nächsten zwei Jahren. Das heißt, im Laufe von vier Jahren werden insgesamt rund 13 % des Gesamtstickstoffs bei der Ermittlung des N-Düngebedarfs berücksichtigt, in der N-Bilanz sind jedoch 100 % des Stickstoffgesamtgehalts anzusetzen. Dies kann zu einem Überschreiten des Kontrollwertes führen, wenn die N-Zufuhr im Durchschnitt von drei Jahren wesentlich größer ist als die N-Abfuhr.
Aufzeichnungspflichten und Nährstoffvergleich
Durch die Trauben wird nur wenig Stickstoff abgeführt: 10 t Trauben enthalten nur etwa 25 kg Stickstoff. Der unbedachte Einsatz P-haltiger Mehrnährstoffdünger kann langfristig zu Problemen in der Phosphatbilanz führen. Werden beispielsweise über sechs Jahre jeweils 5 kg/Ar Rebendünger mit 12 % N und 5 % Phosphat sowie 14 % Kalium und 9 % Magnesium gedüngt und liegt der Traubenertrag im Mittel bei 12 t/ha, so würde der jährliche Phosphatüberschuss 13 kg Phosphat/ha betragen und der Kontrollwert von 10 kg Phosphat/ha und Jahr für den Sechs-Jahres-Zeitraum ab 2018 überschritten. Mit dieser Menge würden je Hektar 60 kg Stickstoff und 25 kg Phosphat gedüngt, und für die meisten Rebflächen wäre dies zu viel.
Wenn „wesentliche Nährstoffmengen” – mehr als 50 kg Gesamtstickstoff oder 30 kg Phosphat je ha und Jahr – auf einem Schlag ausgebracht werden, beginnt die Aufzeichnungspflicht schon vor der Düngung. Aufzuzeichnen sind:
  1. Verfahren und Ergebnis der Düngebedarfsermittlung für N und P
  2. Nährstoffgehalt der Düngemittel, auch von Wirtschaftsdüngern, Kompost und Ähnlichem. Wichtig sind insbesondere die Werte für Gesamtstickstoff, verfügbaren Stickstoff oder Ammoniumstickstoff und Gesamtphosphat – einschließlich der zu ihrer Ermittlung angewendeten Verfahren
  3. die ermittelten im Boden verfügbaren Nährstoffmengen einschließlich der zu ihrer Ermittlung angewendeten Verfahren – bei Phosphat gilt dies nur für Schläge, die größer sind als ein Hektar.
Der Nährstoffvergleich und seine Dokumentation
Bis zum 31. März des Folgejahres sind Ausgangsdaten und Ergebnisse der Nährstoffvergleiche zu dokumentieren. Die Nährstoffvergleiche für Stickstoff und Phosphat können für das abgelaufene Düngejahr erstellt werden:
  • als Vergleich von Zu- und Abfuhr für die landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt – Betriebsbilanz – oder
  • als zusammengefasste Schlagbilanz – auf der Basis der einzelnen Schläge oder Bewirtschaftungseinheiten.
Die Einzeljahre werden anschließend in einem jährlich fortzuschreibenden, mehrjährigen Vergleich (= gleitende, mehrjährige Mittelwerte) zusammengefasst.
Die Stickstoffzufuhr abzüglich Abfuhr im Durchschnitt der letzten drei Düngejahre ergibt den Kontrollwert für Stickstoff, gleiches gilt für Phosphat im Durchschnitt der letzten sechs Düngejahre. Derzeit liegt der Kontrollwert für Stickstoff noch bei 60 kg N/ha/Jahr im Durchschnitt der letzten drei Jahre und für Phosphat bei 20 kg P2O5/ha/Jahr für den Sechs-Jahres-Zeitraum. Beginnt der Drei- oder Sechs-Jahres-Zeitraum mit dem Düngejahr 2018 oder später, werden die Kontrollwerte auf 50 kg Stickstoff und 10 kg P2O5 je ha und Jahr vermindert.



 
Ausnahmen und Verschärfungen
Wie die Vorgängerversion nennt auch die neue Düngeverordnung Situationen, bei denen kein Nährstoffvergleich nötig ist. Ob ein Nährstoffvergleich angefertigt werden muss, lässt sich ebenfalls im Fließschema der Abbildung 1 ablesen. Allerdings ist die Schlaggröße für den Nährstoffvergleich nicht von Bedeutung.
Entscheidend sind die Betriebsfläche, der Umfang der Sonderkulturen sowie die N- und P-Düngung. Die Aufzeichnungen müssen sieben Jahre aufbewahrt werden und sind bei Kontrollen, beispielsweise für Cross-Compliance, vorzulegen.
In Regionen mit hohen Nitratgehalten im Grundwasser oder hohen Phosphatgehalten in oberirdischen Gewässern kann es künftig weitere Verschärfungen nach § 13 der Düngeverordnung geben. Beispielsweise können neben anderem die Kontrollwerte oder ha-Grenzen für die Ermittlung des Düngebedarfs und den Nährstoffvergleich enger gefasst werden. 
Hilfreiche Links

Konformitätserklärung
Dieser Beitrag bespricht die Regelungen der Düngeverordnung für die Nährstoffbedarfsermittlung und den Nährstoffvergleich aus Sicht des Weinbaus. Rechtsverbindlich ist der ausführliche Text der DüV. Eine Abrufmöglichkeit bietet www.bml.de.