Vom Verkaufen zur Kontaktpflege
Wir waren mit der Durbacher Winzergenossenschaft am Gemeinschaftsstand unserer badischen Weinwerbung, der Badischer Wein GmbH, vertreten. Unsere Messebilanz war insgesamt ebenfalls sehr positiv. Allerdings muss ich sagen, dass das, was die Messe vermeldet, nur die halbe Wahrheit ist. Seit Jahren – ich bin jetzt schon seit 15 Jahren dort – steigt die Zahl der Aussteller stärker als die Zahl der Besucher. Das heißt, pro Stand geht die Zahl der Besucher seit Jahren zurück. Die Besucherzuwächse vom vorigen Jahr auf dieses Jahr sind ja nur noch marginal. Die ganzen letzten Jahre waren die Zuwächse prozentual pro Jahr höher.
Um es zu wiederholen: Die Messe war wirklich gut, ich kann mich nicht beschweren, aber man muss manches mit Vorsicht genießen.
Außerdem muss man auch konstatieren, dass in erster Linie die Zahlen der Besucher und die Zahlen der Aussteller aus dem Ausland steigen. Die Messe, kann man sagen, wird immer mehr zum internationalen Dreh- und Angelpunkt. Der deutsche Anteil bleibt gleich oder sinkt sogar, so genau kann man das nicht bilanzieren. Es ist auf der Messe jedenfalls aus meiner Sicht nicht alles so brillant glänzend wie offiziell dargestellt.
Inwieweit kommt es auf der ProWein zu bedeutenden Geschäftsabschlüssen? Oder ist die Kundenpflege wichtiger?
Das hat sich gewandelt. In früheren Jahren war die ProWein noch deutlich stärker eine Verkaufsmesse als heute. Wir hatten unter uns Ausstellern ja regelrechte Wettbewerbe um die höchsten Verkaufszahlen. Und der Sieger gab dann abends beim Ausklang nach der Messe einen aus.
Heute ist tatsächlich die Pflege der Kundschaft deutlich wichtiger als das konkrete Verkaufsgeschäft auf der Messe. Das bedeutet aber auch, dass man sich vor der Messe gut vorbereiten und seine Messetermine mit den Kunden vorher abstimmen muss. Einfach so auf die Messse gehen nach dem Motto „Schauen wir mal, wer und was kommt” ist kein Erfolgsrezept. Das funktioniert nicht.
Wenn die Zahl der Aussteller und der Besucher permanent steigt – wie hat sich denn bei dieser Entwicklung die Infrastruktur in der Messe und um die Messe herum entwickelt, zum Beispiel bei den Parkplätzen und den Hotels?
Die Entwicklung bei den Hotelpreisen ist bedenklich und ärgerlich: Sie müssen heute zur ProWein mit 200 bis über 400 Euro pro Übernachtung rechnen, wenn Sie im näheren Umfeld der Messe übernachten wollen. Das Preisniveau war in früheren Jahren deutlich geringer.
Seinerzeit hat man sich wie selbstverständlich nach der Messe noch irgendwo in der Stadt getroffen. Heute beziehen viele Aussteller und Messebesucher Zimmer weiter draußen, um günstiger übernachten zu können. Dadurch geht aber auch die „Treffkultur” nach der Messe Stück für Stück verloren. Wenn man weit verstreut außerhalb wohnt, trifft man sich nicht mehr so einfach.
Schwierig ist auch die Situation mit den Parkplätzen für Aussteller geworden. Das sind Punkte, die für mich und viele andere Aussteller auch bei der Messebilanz nicht unter „positiv” zu verbuchen sind. Hier müssen sich manche fragen, ob sie zu stark das „Melken” im Kopf haben, statt auch das „Füttern”.
Und schließlich ist leider auch das Thema „leistungsfähige Internetverbindung” auf der Messe noch nicht optimal gelöst. Die ProWein hat also trotz oder gerade aufgrund des Erfolgs noch Baustellen.