Fachliches | 03. Februar 2023

5 Stellschrauben

Von Dr. Monika Riedel/Littner
In einem Workshop unter der Regie von Dr. Monika Riedel tauschten Experten aus Baden, Württemberg, Franken und Hessen im Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg ihre Erfahrungen und nützliche Praxistipps aus.
Die Vorträge der Weinbauberater, Experten und Praktiker führten zu einem intensiven fachlichen Austausch zum Thema Wassermanagement.
Die Ursachen für Trockenstress sind vielschichtig: Steigende Temperaturen, längere Trockenphasen und schwindende Bodenwasserreserven seien hierzu exemplarisch genannt. Wie sich der Klimawandel in den unterschiedlichen Weinbaubereichen Badens und Württembergs auswirkt, welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden oder welche realisiert werden könnten, trugen die Teilnehmenden Mitte Dezember im WBI zusammen. Für Impulse sorgten dabei die Vorträge der Weinbauberater, Expertenbeiträge und Berichte aus der Praxis.
Aus dem Main-Tauber-Kreis, der Region in Baden-Württemberg, in der am häufigsten Trockenstress an Reben, aber auch Spätfrostschäden zu erwarten sind, blickte Weinbauberater Roland Zipf zunächst auf das Jahr 2022 zurück. Von einer guten Ausgangsposition aufgrund ausreichender Niederschläge im April hatte sich trotz einer langen Trockenphase von Mai bis August dann doch noch ein überraschendes Ernteergebnis entwickelt – dank Zusatz-Bewässerung und rettender Niederschläge im August. „Wir können die Erträge an vielen Standorten nur durch Bewässerung stabilisieren”, lautete sein Fazit.
Traktor-Schlangen an den Entnahmestellen
Roland Zipf, Weinbauberater im Main-Tauber-Kreis
In Tauberfranken und Hohenlohe sind rund 250 Hektar Rebfläche auf flachgründigen, skelettreichen Böden mit stationären Bewässerungs- oder Beregnungsanlagen ausgestattet. Das Wasser wird aus Flüssen oder Brunnen in Speicherbecken gepumpt. Diese wurden bereits vor Jahrzehnten für eine Frostschutzberegnung errichtet und werden nun auch im Sommer für die Beregnung genutzt.
Zusätzlich wurde im Jahr 2022 viel Wasser gefahren. An den Entnahmestellen bildeten sich teilweise längere „Traktor-Schlangen” als bei der Traubenannahme, erläuterte Zipf.
 Im Raum Heilbronn habe man ebenfalls unterdurchschnittliche Niederschlagszahlen verzeichnet, berichteten Nicole Dickemann und Lothar Neumann. Wo keine Wassergabe erfolgte, seien die Anlagen massiv beeinträchtigt gewesen, betonte Neumann und stellte die entscheidenden Fragen: „Wann beginnen?”, „Wie viel und wie oft geben?” und „Wann damit aufhören?”. Darüber hinaus müsse man klären, woher das Wasser komme und wie es in den Weinberg gelange. Zur Vitalität der Pflanzen führte der Weinbauberater fünf Punkte an: Bodenpflege, Bewässerung, Ertragsreduzierung, geringere Laubwandhöhe und organische Düngung.
„Wer bekommt Wasser?”
Egon Zuberer, Weinbauberater der Bereiche Tuniberg und Bodensee
Egon Zuberer vertrat ein Beratungsgebiet, in dem Trockenstress im Jahr 2022 kein großes Thema war. Im Bereich Bodensee fielen mehr Niederschläge als in anderen Weinbaubereichen, am Tuniberg können die tiefgründigen Böden sehr viel Wasser speichern. In Opfingen bei Freiburg habe ein Starkniederschlagsereignis nur Dank Wasserrückhaltebecken nicht zur einer Überschwemmung des Ortes geführt.
Wie das kostbare Gut Wasser gerecht verteilt werden könne, sei ansonsten eine schwierige Entscheidung, meinte Egon Zuberer. Obst- und Gemüsebau stellten hier ebenfalls Ansprüche. Besorgnis errege dabei vor allem die negative Wasserbilanz, denn bei geringen Niederschlagsmengen, aber steigenden Temperaturen und daraus resultierenden höheren Verdunstungswerten reichen die im Boden gespeicherten Wasservorräte nicht überall.
Der Kampf ums Wasser könne zu einem gesellschaftlichen Problem werden, bestätigte der Leiter des Staatsweinguts Freiburg, Bernhard Huber. Für die Bewirtschaftung der Reben empfahl er einen vernünftigen Wasserverbrauch, warnte aber auch davor, nicht zu lange mit einer Bewässerung zu warten.
Beobachten und rechtzeitig bewässern
Dr. Monika Riedel, WBI, leitete den Workshop Wassermanagement.
Ergänzend wies Monika Riedel auf Indikatoren wie hängende Ranken und „heruntergeklappte” schlaffe Blätter hin, in denen sich Wassermangel je nach Standort, Boden und Begrünung bereits nach zwei oder drei Wochen ohne Regen äußern könne. „Aufmerksam beobachten”, lautete ihr Ratschlag.
Junganlagen auf flachgründigen Standorten oder nachgepflanzte Hochstammreben zeigten oft schon Trockenstress, lange bevor dieser in Ertragsanlagen sichtbar wird. Insbesondere in Bewässerungsgemeinschaften müsse man rechtzeitig mit der Bewässerung beginnen, weil ein Durchgang für alle Flächen teilweise eine Woche dauert und Gewitterniederschläge nicht ausreichend genau vorhergesagt werden können. Was beim Bau von Brunnen zu beachten ist und wie eine großflächige Bewässerung geplant und mit viel Eigenleistung realisiert werden kann, erläuterte Thomas Beyl von der Winzergenossenschaft Cleebronn-Güglingen.
Dr. Daniel Hessdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim stellte einige Ergebnisse aus umfangreichen Bewässerungsversuchen vor. Er zeigte eindrucksvoll, welche Ausmaße Wasserspeicher annehmen sollten, die aus Wasser des Mains in Zeiten mit einem ausreichenden Wasserpegel gespeist und dann zur Tropfbewässerung in Rebflächen in Franken genutzt werden können. „Die Bewässerung dient nicht nur der Ertragsstabilisierung, sondern auch der Erhaltung der Kulturlandschaft und letztlich auch der Weintourismus-Branche”, so der Experte.
Im Oberrheintal keine oberirdischen Wasserspeicher
Dr. Martin Lindenlaub aus dem Fachbereich Wasser & Boden des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald betonte dagegen, dass es im Oberrheintal nicht sinnvoll sei, noch oberirdische Wasserspeicher auf den riesigen Grundwasserspeicher im Oberrheingraben draufzusetzen. Den Aspekt Förderung der Bewässerung im Weinbau beleuchteten Sebastian Häusler und Norbert Heller vom Regierungspräsidium Freiburg. Die Anzahl der Förderanträge sei jeweils direkt nach einem trockenen Jahr deutlich angestiegen und danach wieder zurückgegangen.
Die Auswertungen zeigten, dass in Baden wesentlich weniger Fördermittel für Bewässerung beantragt wurden als in Württemberg. Frank Manty von der Uni Geisenheim betonte, wie wichtig die Züchtung neuer, reblausresistenter Unterlagen mit höherer Trockentoleranz sei. Mit zunehmenden Temperaturen sei nämlich zusätzlich auch mit einer verschärften Reblaus-Problematik zu rechnen.

Badischer Weinbautag
Im Rahmen des Badischen Weinbautags am 9. März in der Oberrheinhalle in Offenburg werden verschiedene Aspekte zum Thema Wassermanagement von einigen Referenten des Workshops ausführlich vorgestellt. Die Teilnahme ist auch online möglich. Im Vordergrund des diesjährigen badischen Weinbautags stehen erneut wichtige Infos für die Winzerinnen und Winzer der neun Anbaubereiche Badens.
Die Veranstaltung beginnt um 9 Uhr mit der Mitgliederversammlung. Das Nachmittagsprogramm mit Fachvorträgen findet von 13 bis 16 Uhr statt. Anmeldungen unter Tel. 0761/459100 oder per E-Mail an info@badischer-weinbauverband.de.
Mehr Infos dazu hier.