Weinbauverband | 04. April 2023

Wichtige Faktoren für nachhaltigen Weinbau

Von Dr. Riedel / Littner
Die Bodenpflege optimieren, Trockenstress erkennen, Bewässerung steuern, Wasser speichern und Beregnung bei Frost einsetzen – mit Fokus auf diese Schwerpunkte referierten Experten beim Badischen Weinbautag zum Thema Wassermanagement.
Vernünftiges Management der Bergrünung wirkt sich positiv auf die Aufnahmefähigkeit des Bodens für Nährstoffe und Wasser aus.
Wie wirkt es sich aus, wenn ein Boden stark verdichtet ist? Jakob Moise, Berater beim Beratungsdienst Ökologischer Weinbau (BÖW), schilderte es eindrücklich anhand verschiedener Aufnahmen von Proben: Wurzelwerk, das einen kompakten Boden kaum durchzieht und somit weder die Belüftung noch die Wasseraufnahmefähigkeit fördert, war darauf zu erkennen. Solche Böden seien nicht fit für den Klimawandel, betonte er. Moise erläuterte die  erforderlichen Maßnahmen:
  1. Die natürliche Bodenfruchtbarkeit  lässt sich durch eine entsprechende Einsaat, zum Beispiel Roggen-Winterwicke, das Landsberger Gemenge oder die Briegel-Mischung, sowie durch eine vertikale Lockerung verbessern.
  2. Die Bodenpflege wird auch durch ein geeignetes Begrünungsmanagement verbessert.  Dies erfolgt durch Umbruch, bei dem Energie bereitgestellt wird, Walzen, Unterfahren der Begrünung oder eine hohe Schnitteinstellung beim Mulchen von zirka 15 Zentimetern. Für Spritzarbeiten könnten künftig Drohnen und Roboter genutzt werden. In autonom fahrenden, meist sehr schweren Maschinen sieht Jakob Moise keine Optimierung in Bezug auf eine schonende Bodenbearbeitung.
Jakob Moise zeigte Maßnahmen auf, die den Boden vitaler machen.
Eine üppigere Laubwand regt zusätzlich das Wurzelwachstum an und führt so zu besserer Nährstoffaufnahme und besserer Bewältigung von Trockenheit. Vor allem junge Reben entwickeln sich robuster, wenn man sie die erste Zeit wachsen lässt, was  die Wurzelentwicklung fördert.
 
Trockenstress vermeiden
Dr. Monika Riedel berichtete von Bewässerungsversuchen des WBI.
Dr. Monika Riedel berichtete von Erfahrungen aus verschiedenen Bewässerungsversuchen unter der Regie des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg (WBI). Beobachtet wurde, dass Trockenstress zuerst an jungen Reben auf flachgründigen Standorten oder bei nachgepflanzten Hochstammreben einsetzt. Wenn die Triebspitzen schlaff herunterhängen, ist dies ein deutliches Anzeichen für beginnenden Trockenstress. Bei anhaltendem Wassermangel welken die Blätter, verdörren die Ranken und fallen ab. Mit einer gut dosierten Bewässerung sollte man dringend anfangen, bevor derartige Schäden erkennbar sind. Bei der Optimierung der Bewässerungsmenge sind die Wasserspeicherfähigkeit  des Bodens, die aktuelle Bodenfeuchte und das Stadium der Rebentwicklung zu berücksichtigen.
Wann wie viel Wasser sinnvoll ist, erläuterte Dr. Daniel Heßdörfer.
Dr. Daniel Heßdörfer, Bewässerungsexperte an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim, zeigte anhand von Versuchen in Franken, wie bei der Tropfbewässerung der „richtige Zeitpunkt” und die optimale Menge ermittelt werden. Besondere Vorsicht ist in der Phase der Zellteilung, etwa eine Woche nach der Vollblüte bis ca. 30 Tage nach Blüh-Ende, geboten, weil eine üppige Wasserversorgung zu sehr kompakten Trauben führen kann. 
Um Trockenstress frühzeitig zu erkennen und den Grad objektiv zu beurteilen, bestehen die Möglichkeiten, die Bodenfeuchte oder die Saugspannung des Bodens zu messen.
Ebenso kann  vor Sonnenaufgang das Blattwasserpotenzial ermittelt werden. „Moderate Bewässerung ist der Schlüssel”, lautete Heßdörfers Fazit. Als Voraussetzung dafür  nannte er ein digitalisiertes Bewässerungssystem und die rechtlich gesicherte Wasserentnahme.
Worauf beim Bewässerungsmanagement in Bezug auf Menge, Zeitraum und Wirkung zu achten ist, hat Dr. Daniel Heßdörfer in einem Artikel zusammengefasst, der unter folgendem Link abrufbar ist: https://kurzelinks.de/Wassermanagement
Schutz gegen Fröste
Dem Thema Frostschutzberegnung widmete sich Roland Zipf.
Überkronenberegnung kann auch vor Frostschäden schützen, erklärte Roland Zipf, Weinbauberater am Landwirtschaftsamt Main-Tauber-Kreis. In Badens  nördlichstem Anbaubereich treten meist  Windfröste auf, aber auch  Trockenstress führt oft zu Ernteeinbußen. Deshalb sind die seit 70 Jahren bestehenden Überkronenanlagen fast regelmäßig im Einsatz. Insgesamt sind in Tauberfranken etwa 100 Hektar Ertragsrebfläche mit stationären Überkronenberegnungsanlagen ausgestattet. Für eine zuverlässige Frostschutzberegnung benötigt werden  mindestens 30 m3 Wasser je Stunde und Hektar. Die hierfür erforderlichen Wassermengen werden aus Tiefbrunnen oder  Oberflächengewässern entnommen und in Becken mit einem Volumen von bis zu 60 000 m³ gespeichert. Bei erforderlicher Trockenberegnung im Sommer kann von dort ebenfalls  Wasser entnommen werden.
Die etablierten Überkronenberegnungen sind für die Weinbaubetriebe im Main-Tauber-Kreis eine zuverlässige „Frostschutzversicherung” und sollen daher auch weiterhin betrieben werden. Aktuell wird in verschiedenen Wasserverbänden über eine Modernisierung der Wasserinfrastruktur nachgedacht. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde im Jahr 2019 zudem die Neuerschließung einer Reblage  untersucht. Für eine mögliche Umsetzung besteht jedoch unter anderem die Problematik der Wasserverfügbarkeit. Trotz vorhandener Förderungen wie über das Programm „Gemeinschaftliche Bewässerungsinfrastruktur” erscheint eine Investition aufgrund der enorm gestiegenen Baukosten und gleichzeitig sinkender Traubenerlöse jedoch nahezu unmöglich. 
Beim Gefrieren entstehende Erstarrungswärme schützt den Austrieb.

Förderung der Bewässerung im Weinbau
Von Norbert Heller, RP Freiburg
Die Grafik visualisiert, wie viele Hektar Tropfbewässerung gefördert wurden, die blauen Balken stehen für Württemberg, die grünen für Baden.
Für Bewässerungsprojekte in Baden-Württemberg stellt das Land Fördermittel zur Verfügung. Hierbei wird unterschieden zwischen Gemeinschaftsanlagen und einzelbetrieblicher Bewässerung.
Grundvoraussetzung ist, dass die Wasserverfügbarkeit sowie die Mindestwasserführung der betreffenden Gewässer im Vorfeld geprüft werden. Bei baulichen Anlagen im Gewässer ist eine ökologische Durchgängigkeit sicherzustellen. Nur wenn diese und weitere Aspekte es erlauben, können die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulassungen erteilt werden. Eine enge Abstimmung mit den zuständigen Behörden am Landratsamt im Vorfeld der Projektplanung ist daher unabdingbar.
  1. Gemeinschaftliche Bewässerung
    Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels, der sich auch durch zunehmende Trockenheit sowie Spätfröste in der Landwirtschaft bemerkbar macht, gewährt das MLR seit dem Jahr 2021 Zuschüsse zur Errichtung gemeinschaftlicher Bewässerungsinfrastruktur. Gefördert werden Investitionen in die Bewässerungsinfrastruktur von der Entnahmestelle bis zur Übergabestelle des jeweils einzelbetrieblichen Bewässerungsnetzes. Dazu zählen zum Beispiel Pumpen, Speicherbecken und Leitungen. Zuschüsse gibt es auch für konzeptionelle Vorarbeiten wie Machbarkeitsstudien oder hydrologische Gutachten. Bei Investitionen beträgt der Zuschuss bis zu 50 Prozent, bei Vorarbeiten bis zu 70 Prozent der förderfähigen Kosten. Die Mindest-Investitionssumme beträgt dabei  20 000 Euro, der Höchstbetrag der Bemessungsgrundlage liegt bei 3 Millionen Euro. Zuwendungsempfänger sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, in der Regel öffentlich-rechtlich anerkannte Boden- und Wasserverbände, sowie Gemeinden und Gemeindeverbände. Die Gründung neuer Boden- und Wasserverbände erfolgt durch die jeweiligen Landratsämter und ist recht aufwendig und langwierig. Die Beratung und Betreuung der Förderung erfolgt durch die Regierungspräsidien, die Bewilligung durch das MLR.

  2. Einzelbetriebliche Bewässerung
    Im Rahmen des Förderverfahrens Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen wird seit 2007 die ortsfeste Installation von Tropfbewässerungsanlagen in der Fläche (Tropfschläuche) mit einer Förderhöhe von 1800 Euro/ha gefördert. Auffällig ist dabei, dass sich vor allem in der Folge von Trockenjahren (2015, 2018, 2020, 2022) die Antragszahlen  im Vergleich zu „normalen” Jahren praktisch verdoppeln.
Ins Auge fällt auch eine deutlich überproportionale Antragstellung im Anbaugebiet Württemberg. Während in Baden in den letzten zehn Jahren gerade einmal 305 ha gefördert wurden, so waren es in Württemberg immerhin 1415 ha. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 3,2 Millionen Euro an baden-württembergische Wein-
baubetriebe ausgezahlt.
Das Trockenjahr 2022 hat nun auch badische Winzer bewogen, verstärkt in die Tropfbewässerung einzusteigen, trotz aller Unwägbarkeiten hinsichtlich der Infrastruktur der Bereitstellung des Wassers. Allein im Regierungsbezirk Freiburg wurden für das Förderjahr 2023 Anträge mit einem Volumen von über 70 ha eingereicht, davon alleine die Hälfte im Ortenaukreis. Informationen zum Antragsverfahren erteilen die Unteren Landwirtschaftsbehörden.
 
ANTRAGSTELLUNG
Die Anträge auf Förderung gemäß der Verwaltungsvorschrift „Gemeinschaftliche Bewässerungsinfrastruktur” sind über das jeweils zuständige Regierungspräsidium  beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Referat 27 einzureichen.
Für Fragen zur Verwaltungsvorschrift „Gemeinschaftliche Bewässerungsinfrastruktur” und zur Projektbetreuung stehen die Behörden der jeweiligen Regierungsbezirke zur Verfügung: 
Regierungsbezirk Freiburg: RP Freiburg, Tel. 0162/2076003, E-Mail: abteilung3@rpf.bwl.de
Regierungsbezirk Karlsruhe: LRA Karlsruhe, Tel. 0721/936-88680, E-Mail: landwirtschaftsamt@landratsamt-karlsruhe.de
Regierungsbezirk Stuttgart: RP Stuttgart, Tel. 0711/904-13311, E-Mail: abteilung3@rps.bwl.de
Regierungsbezirk Tübingen: RP Tübingen, Tel. 07071/757-3606, E-Mail: abteilung3@rpt.bwl.de
Für übergeordnete Fragestellungen: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Tel. 0711/126-1066, E-Mail: poststelle@mlr.bwl.de