Nachrichten | 05. Dezember 2023

Badischer Wein in Bierflaschen

Von Gerold Zink
Das Staatsweingut Freiburg hat ein Pilotprojekt gestartet: Ein Weißburgunder wurde in handelsübliche Bierflaschen abgefüllt, die bis zu 50-mal wiederverwendet werden können.
Kolja Bitzenhofer, der Leiter des Staatsweingutes Freiburg, präsentiert einen Weißburgunder, der in Bierflaschen abgefüllt wurde.
Die Idee für das Vorhaben, Wein in Bierflaschen abzufüllen, hatte  Kolja Bitzenhofer schon lange. Schließlich legt der neue Leiter des Staatsweingutes Freiburg einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Thema Nachhaltigkeit.
Bislang gibt es in der badischen Weinwirtschaft und weit darüber hinaus jedoch kein gut funktionierendes Pfandsystem für 0,75-Liter-Glasflaschen. Früher wurden in Breisach bei der Firma Südglas jährlich Hunderttausende Literflaschen gespült und wiederverwertet.  Als die Zahl  stark zurückging und die 0,75-Liter-Flasche den Markt zunehmend dominierte, gab Südglas das Spülen auf.  So wandern heute die meisten leeren Weinflaschen in Baden in den Glascontainer. Das Einschmelzen und die Fertigung von Neuglas sind jedoch extrem energieintensiv.
Anders sieht es in Deutschland bei Bierflaschen aus: Dafür besteht ein funktionierendes Pfandsystem. Brauereien füllen eine Bierflasche oft bis zu 50 Mal.  Bitzenhofer hat deshalb Kontakt zur in Freiburg ansässigen Brauerei Ganter aufgenommen. Gemeinsam wurden verschiedene Bierflaschen getestet. Die Wahl fiel schließlich auf eine Flasche, die bei Ganter schwerpunktmäßig im Einsatz ist und die der Verbraucher bei allen Märkten, in denen Mehrwegflaschen im Umlauf sind, abgeben kann. Das Staatsweingut nehme die Bierflaschen natürlich auch zurück, das Pfand betrage acht Cent. Die Flasche könne aber ebenso in Hamburg zurückgegeben werden.
Normalerweise füllt das Staatsweingut seinen Weißburgunder Ortswein in 0,75-Literflaschen. Die ausgesuchte Bierflasche fasst aber nur 0,5 Liter. Für den Leiter des Staatsweingutes Freiburg kein Problem. Er hält einen halben Liter für eine gute Gebindegröße.
Mit Kronkorken verschlossen
Die mit Wein gefüllte Bierflasche wird ebenfalls mit einem Kronkorken verschlossen. Im Aktionspaket erhält der Käufer zusätzlich einen Silikon-Kronkorken, um die Flasche luftdicht verschließen zu können, wenn er sie nicht gleich leer trinkt. 2000 Flaschen hat das Staatsweingut für einen ersten Test ab 4. November 2023 bei seinen Verkaufsstellen in Freiburg und auf dem Ihringer Blankenhornsberg sowie im Online-Shop auf den Markt gebracht.
Des Weiteren ist die Glasflasche beim Wein für 32 % des CO2-Ausstoßes verantwortlich. „Dies ist mehr, als bei der Pflege der Reben im Weinberg entsteht”, betont Bitzenhofer. 28 % entfielen auf den Kellerbereich. Werde die Flasche nicht nur einmal, sondern etwa 50-mal gefüllt, sei dies ein deutlicher Fortschritt. In Bierkisten wird der Wein allerdings nicht verkauft. „Da bleiben wir zunächst einmal beim 6er-Weinkarton”, versichert der Weingutsleiter. Konsumenten zahlen für den Weißburgunder in der 0,5-Liter-Flasche 6,80 Euro.
Auf dem Etikett wird wie bei der Weinflasche der VDP-Adler stehen. „Vom VDP gab es keine negative Reaktion, als ich dort das Projekt vorgestellt habe”, sagt Bitzenhofer.
Ein eigenes Pfandsystem für Weinflaschen aufzubauen, sei extrem schwierig. Es gebe zwar in der Branche erste Ansätze, ob sich diese durchsetzen, sei aber ungewiss. Zudem müssten bei einem Weinpfandsystem alle im Norden der Republik verkauften Flaschen in den Süden transportiert werden, weil es im Norden so gut wie keine Winzer gibt. Brauereien seien dagegen geographisch in Deutschland viel gleichmäßiger verteilt als Weingüter und Kellereien.
Das Staatsweingut Freiburg ist ein Modellbetrieb des Landes Baden-Württemberg. Zu seinen Aufgaben gehört es unter anderem, neue Projekte zu testen.  Die Vorarbeiten für das Wein-Bierflaschenprojekt haben eineinhalb Jahre gedauert. Bitzenhofer wollte eigentlich der Erste sein, der damit auf den Markt kommt. Das Bio-Weingut Galler aus der Pfalz war jedoch etwas schneller und hat die Neuheit bereits Ende März auf einer Weinmesse präsentiert. Auch die in Köln ansässige Firma „Abgefüllt” hat schon Erfahrungen mit Wein in Bierflaschen gesammelt.
Katja Galler vom Weingut Galler berichtet von durchweg positiven Erfahrungen. Neben den Vorteilen für die Umwelt gefalle vielen Kunden und Gastronomen die Größe von 0,5 Liter. Diese sei ideal für einen Abend zu zweit. Ein Bio-Großhändler habe den Wein schon gelistet, mit weiteren Handelspartnern sei man in Gesprächen. Selbst in einem großen Biergarten auf einer Alm gebe es inzwischen den in Bierflaschen abgefüllten Wein.  
CO2-Bilanz einer WeinflascheDie Landesanstalt für Wein und Gartenbau in Veitshöchheim hat zusammen mit Climatepartners die CO2-Bilanz einer Flasche Wein errechnet. Demnach ergibt sich bei einer 0,75-Liter-Flasche Wein eine durchschnittliche CO2-Belastung von 900 Gramm. Die Arbeit im Weinberg hat daran einen Anteil von 25, die Tätigkeiten im Keller und Betrieb von 28 und Verpackung und Abfüllung von 47 %. Dazu gehört die Flasche: Die Herstellung der Einweg-Glasflasche ist für knapp ein Drittel der 900 Gramm Emissionen verantwortlich. Bei der Pflege der Weinberge kann nur wenig CO2 eingespart werden, weil die Fahrten mit dem Traktor durch die Reben notwendig sind – auch im Bio-Weinbau. In der Weinwirtschaft werden die Rufe nach einem guten Mehrwegsystem für Weinflaschen immer lauter.
 Auch der Badische Weinbauverband engagiert sich als Partner in einem über eine  Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit” (EIP-AGRI) geförderten Forschungsprojekt Wein-Mehrweg. Die mehrfache Wiederbefüllung der Flaschen  würde zu einer deutlich besseren CO2-Bilanz des Weines führen.