Weinbauverband | 05. April 2018

Weinbau 4.0 und Roboter als Nachbarn

Von Walter Eberenz
Ein vielseitiges Vortragsprogramm rund um Zukunftsfragen des Weinbaus erwartete die Gäste beim zweiten Teil des Badischen Weinbautages in Offenburg. Als erster erläuterte Christian Schwörer, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes, die vorgesehene Reform des deutschen Weinbezeichnungsrechts mit Herkunftsprofilierung.
Rosige Zeiten für qualifizierte Menschen sieht Kai Gondlach, Zukunftsforscher beim Leipziger Trendforschungsinstitut „ThinkTank 2b AHEAD”. Dazu präsentierte er beim Badischen Weinbautag diese Grafik.
Schwörer rief zunächst in Erinnerung, dass 2008 die EU das „germanische” Bezeichnungsrecht dem „romanischen” Bezeichnungsrecht untergeordnet habe. Daher sei in Deutschland weinrechtlich eine Anpassung nötig. Die Entwicklung der Marktrealitäten stützen nach Schwörers Überzeugung den Anpassungsbedarf. Ziel sei ein systematischer Aufbau einer Herkunftshierarchie mit einfacherem und verständlicherem Rechtsrahmen als heute. Das Füllen dieses Rechtsrahmens sei Aufgabe der neuen Schutzgemeinschaften. „Die Profilierung der Herkunft wird nicht übergestülpt, sondern muss von Ihnen angegangen werden”, erklärte Schwörer hierzu und betonte ergänzend: „Sie müssen es als Chance begreifen, dass Sie selbst gestalten können.” Derzeit sei man am Anfang der Diskussion. Aufgrund der Tragweite des Themas will man beim Deutschen Weinbauverband keinen Zeitdruck aufbauen. Ein abgestimmtes  Konzept für nötige Änderungen der Weingesetzgebung will man im Laufe dieser Legislaturperiode einbringen. Nach Inkrafttreten des neuen Weingesetzes soll ein längerer Zeitraum für die Profilierung durch die Schutzgemeinschaft anberaumt werden, erläuterte Schwörer.
„Nur” noch zwölf Jahre sind es bis zum Jahr 2030.  Kai Gondlach zufolge, Zukunftsforscher beim Trendforschungsinstitut „ThinkTank 2b AHEAD”, wird sich in unserem alltäglichen Privat- und Berufsleben bis dahin Erhebliches ändern, unter anderem befeuert durch  Weiterfortschreiten der Digitalisierung und Automatisierung in exponentieller Geschwindigkeit, in Verbindung mit neuer Hochleistungs-Computertechnologie (Quantencomputer). Gondlach warf bei seiner Präsentation „So leben und arbeiten wir im Jahr 2030” in die Runde,  dass man in absehbarer Zeit Roboter als Nachbarn haben könnte. In  handfestere Regionen des praktischen Weinbaus führte Manuel Becker von der LVWO Weinsberg mit seiner Bestandsaufnahme der Möglichkeiten von Weinbau 4.0 zurück. Sein Fazit: „Wir sind kurz vor dem Sprung in den ‚Weinbau 4.0‘. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung ist enorm. Neue Sensor-Systeme und Trägerplattformen sind kurz vor der Serienreife. Die Vernetzung zwischen Sensoren und Umsetzung in die autonome Anwendungstechnik (zum Beispiel Bewässerung, Pflanzenschutz) muss noch gefördert werden.” Auch der Vortrag von Professor Manfred Stoll, Institut für allgemeinen und ökologischen Landbau an der Hochschule Geisenheim, drehte sich um „Anpassungsstrategien und neue Technologien für einen Weinbau in Zeiten des Wandels”.  Moderne Mess- und Sensortechnologie, fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung  sowie Apps seien Werkzeuge, um die Chancen und Herausforderungen im Anbau zu bewältigen. Professorin Claudia Kamman, Institut für Bodenkunde und Pflanzenernährung, Hochschule Geisenheim, ging zum Abschluss der Vortragsreihe des Badischen  Weinbautages auf Perspektiven des Einsatzes von Pflanzenkohle im Weinbau  ein.  Für sie ist deren Einsatz eine der Möglichkeiten, den Negativfolgen des Klimawandels zu begegnen. Erste Ansätze seien erkennbar, das technische Potenzial sei vorhanden.
Fachreferent Christian Schwörer vom Deutschen Weinbauverband.
Fachreferent Manuel Becker von der LVWO Weinsberg
Fachreferent Manfred Stoll von der Hochschule Geisenheim
Professorin Claudia Kammann von der Hochschule Geisenheim