Fachliches
| 31. Oktober 2018
Weinberge nicht verwildern lassen
Von Elisabeth Voigt, Weinbaureferentin am RP Karlsruhe
Aufgrund mangelnder Rentabilität durch niedrige Auszahlungspreise, aber auch aufgrund unwegsamer oder sehr steiler Rebflächen sehen sich immer mehr Winzer veranlasst, die Bewirtschaftung auf ihren Flächen einzustellen.
Aufgelassene Weinberge werden oft sich selbst überlassen. Probleme für die weitere Bewirtschaftung der Nachbargrundstücke sowie Beeinträchtigungen im Landschaftsbild sind die Folge. Was ist daran gefährlich?
Aufgelassene Weinberge stellen ein erhebliches Problem für Ertragsrebflächen dar: Durch das Ausbleiben phytosanitärer Maßnahmen erhöht sich rasch der Infektionsdruck durch Echten und Falschen Mehltau auf benachbarten Parzellen. Verwilderte Rebflächen können sich auch in Bezug auf andere Pilzkrankheiten wie Roten Brenner oder Schwarzfäule zu regelrechten Infektionsherden entwickeln.
Tierische Schädlinge werden ebenfalls gefördert: Der sich ausbreitende Aufwuchs von Unterlagen bietet für die Reblaus, die sich seit einiger Zeit wieder auf dem Vormarsch befindet, beste Verbreitungsmöglichkeiten. Seit einigen Jahren verschärft auch das Auftreten der Kirschessigfliege das Gefährdungspotenzial von nicht bewirtschafteten Grundstücken und ungepflegten Böschungen. Böschungen, die einen Wildrebenbewuchs aufweisen, sind auch für den Traubenwickler besonders attraktiv.
Darüber hinaus besteht für Wildtiere eine erhöhte Verletzungsgefahr durch den
nicht mehr instandgehaltenen Drahtrahmen. Tiere können sich in Drahtschlingen oder im Dickicht verfangen. Nicht zuletzt dient aber die Verhinderung und Beseitigung von verwilderten Rebflächen dem Erhalt des Landschaftsbildes und fördert den Tourismus.
Darüber hinaus besteht für Wildtiere eine erhöhte Verletzungsgefahr durch den
nicht mehr instandgehaltenen Drahtrahmen. Tiere können sich in Drahtschlingen oder im Dickicht verfangen. Nicht zuletzt dient aber die Verhinderung und Beseitigung von verwilderten Rebflächen dem Erhalt des Landschaftsbildes und fördert den Tourismus.
Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht
Nach § 26 des Landwirtschafts-
und Landeskulturgesetzes Baden-Württemberg (LLG) ist der Besitzer eines
landwirtschaftlich nutzbaren Grundstückes zur Verhinderung von
Beeinträchtigungen der Landeskultur und der Landespflege verpflichtet,
dieses zu bewirtschaften oder zu pflegen. Das Mindestmaß an Pflege
besteht in einer ordnungsgemäßen Beweidung oder einem einmaligen Abmähen
im Jahr.
„Die Bewirtschaftung und Pflege müssen gewährleisten, dass die
Nutzung benachbarter Grundstücke nicht, insbesondere nicht durch
schädlichen Samenflug, unzumutbar erschwert wird”, heißt es in dem
Gesetzestext.
Ziel dieser Vorschrift aus dem Jahr 1972 war und ist
es, die Nutzungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Fläche zu erhalten.
Heute dient als Begründung zusätzlich die Vermeidung oder Beschränkung
der natürlichen Verbuschung und Wiederbewaldung (Sukzession). Konkret
bedeutet diese Vorschrift, dass ein Grundstück, das nicht mehr
bewirtschaftet wird, durch Mähen oder Beweiden gepflegt werden muss,
wodurch eine Verwilderung unterbunden wird.
Was sind landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke?
Der Pflegepflicht unterliegen
nicht alle Flächen in der offenen Landschaft. Grundsätzlich sind hier
nur landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke relevant.
Zu diesen
zählen Grundstücke, die sich mithilfe herkömmlicher landwirtschaftlicher
Maschinen und Geräte bewirtschaften oder in ihren ursprünglichen
gepflegten Zustand zurückführen lassen.
Zudem sind Flurbilanz –
Bewertung der landwirtschaftlichen Flächen nach natürlichen und
landwirtschaftlichen Gesichtspunkten –, Hangneigung, Umgebung der Fläche
und Zufahrtsmöglichkeiten weitere wichtige Aspekte. Allerdings ist zu
beachten, dass jede Fläche als Einzelfall zu betrachten und somit im
Zweifelsfall eine Vor-Ort-Besichtigung der zuständigen Behörde
unabdingbar ist.
Ein Besitzer, der zugleich
Eigentümer des Grundstücks ist, kann die Aussetzung der
Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht beantragen, solange es ihm nicht
zugemutet werden kann, die Bewirtschaftung selbst durchzuführen. Gründe
hierfür können beispielsweise sein: lange Krankheit, hohes Alter sowie
eine große Entfernung des Wohnortes zur entsprechenden Fläche.
In
diesen Fällen ist jedoch ein Nachweis zu erbringen, dass es trotz
wiederholtem Versuch nicht gelungen ist, das Grundstück einem
Bewirtschaftungswilligen oder einer Verpächtergemeinschaft möglichst
langfristig zu einem ortsüblichem Pachtzins oder anderem Entgelt –
notfalls auch kostenlos – zu überlassen. Ist die Pflegepflicht für den
Eigentümer ausgesetzt, hat er die Bewirtschaftung oder Pflege durch die
Gemeinde oder einen von ihr bestimmten Dritten zu dulden.
Zuständigkeiten
Zuständig für die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht sowie die
Entscheidung
über die Aussetzung dieser Pflicht sind die Gemeinden.
Landwirtschaftsämter werden von der Gemeinde angehört, nehmen allerdings
lediglich eine beratende Funktion ein.
In der Regel wird ein Pflegemangel durch einen benachbarten
Bewirtschafter der aufgelassenen Rebfläche der Weinbauberatung oder
gleich der Gemeinde gemeldet. Die Gemeinde beteiligt üblicherweise das
zuständige Landwirtschaftsamt, indem sie es zu folgenden Gesichtspunkten
fachlich Stellung nehmen lässt:
- landwirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks
- gegebenenfalls Besitzer
- Ordnungsgemäßheit der Bewirtschaftung oder Beweidung
- Unzumutbarkeit der Erschwernis der Nutzung der Nachbargrundstücke
- Festsetzung der gegebenenfalls fachlich notwendigen Bewirtschaftungs-, Pflege- oder Abhilfemaßnahmen.
Ordnungsgemäße Rodung
"Roden" bedeutet die vollständige Beseitigung der Rebstöcke. Folglich sind auch die Wurzelstöcke zu entfernen. Das ist hier offensichtlich nicht geschehen. Das Belassen von eventuell für Tiere gefährlichen Gegenständen wie beispielsweise Drahtrahmen, Resten von Pfählen und Ankern macht auch eine Folgenutzung unmöglich.
„Roden” bedeutet die vollständige Beseitigung der Rebstöcke, die sich auf einer mit Reben bepflanzten Fläche befinden. Folglich sind auch die Wurzelstöcke zu entfernen. Die Fläche muss für eine nachfolgende Brache oder Aufgabe der Rebfläche komplett geräumt werden, um die Einhaltung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht zu ermöglichen.
Es besteht lediglich bei einer ordnungsgemäß durchgeführten und an die Weinbaukartei gemeldeten Rodung ein Anspruch darauf, die Pflanzrechte dieser Fläche an anderer Stelle im eigenen Betrieb zu übertragen. Die Rodungsmeldung muss richtig und vollständig sein. Das bedeutet, dass eine gemeldete Rodung der tatsächlichen Rodung entsprechen muss.
Ordnungswidrig handelt hierbei, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine
Meldung nicht, nicht vollständig oder nicht richtig erstattet. Ein
solcher Verstoß kann mit einer Buße von bis zu 20.000 Euro geahndet
werden. Kosten für Zwangsrodungen, die es schon gegeben hat, tragen die
Bewirtschafter selber. Für Flachlagen, in denen über mehrere Jahre
hinweg eine Bewirtschaftung unterblieb, fallen für die Rodung Kosten
in Höhe von mindestens 10.000 Euro je Hektar an.
Folgenutzung ermöglichen
Aufgelassene und verwilderte Rebflächen sind oft wertlos.
Eine Folgenutzung ist aufgrund des Drahtrahmens oder des Hecken- und
Baumbewuchses so gut wie unmöglich geworden. Hingegen behalten
ordnungsgemäß gerodete und abgeräumte Flächen ihren Wert. Sie können
verpachtet oder verkauft sowie Pflanzrechte innerbetrieblich übertragen
werden. Eine landwirtschaftliche Folgenutzung ist auf vielfältige Weise
möglich, beispielsweise als Streuobstwiese, Tierweide oder sogar als
ökologische Ausgleichsfläche für Kommunen.
Aufgelassene Weinberge können naturschutzrechtlich in ihrer Schutzbedürftigkeit aufgewertet und als Biotop kartiert werden. Dadurch sinkt in der Regel der Verkaufswert eines Grundstückes erheblich. Hat es erst einmal diesen Zustand erreicht, indem es amtlich als „Biotop” definiert worden ist, sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung dieser ökologisch wertvollen Fläche führen können. Der Daten- und Kartendienst der LUBW dient hier als wichtige Orientierungshilfe.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei der Räumung eines verwilderten Grundstückes – auch ohne Biotopkartierung – im Vorfeld die Untere Naturschutzbehörde miteinzubeziehen, um mögliche Verstöße gegen das Naturschutzrecht zu vermeiden. Beispielsweise dürfen Gehölze nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar und damit außerhalb der Schutzfrist nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG entfernt werden.
Aufgelassene Weinberge können naturschutzrechtlich in ihrer Schutzbedürftigkeit aufgewertet und als Biotop kartiert werden. Dadurch sinkt in der Regel der Verkaufswert eines Grundstückes erheblich. Hat es erst einmal diesen Zustand erreicht, indem es amtlich als „Biotop” definiert worden ist, sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung dieser ökologisch wertvollen Fläche führen können. Der Daten- und Kartendienst der LUBW dient hier als wichtige Orientierungshilfe.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei der Räumung eines verwilderten Grundstückes – auch ohne Biotopkartierung – im Vorfeld die Untere Naturschutzbehörde miteinzubeziehen, um mögliche Verstöße gegen das Naturschutzrecht zu vermeiden. Beispielsweise dürfen Gehölze nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar und damit außerhalb der Schutzfrist nach § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG entfernt werden.