Wein und mehr | 02. März 2017

Welcher Wein passt zu ...?

Von Yvonne Heistermann, Sommelière
Früher war alles ganz einfach: Weißwein zu weißem und Rotwein zu rotem Fleisch. Mit dieser einfachen Faustformel ging die Fehlerquelle gen null, häufig aber auch der Genuss.
Zu Fisch gehörte Weißwein, zum Käse ein Roter. Alles andere war ein Fauxpas. War – wohlgemerkt. Heute sind Rotwein zum Fisch und Weißwein zum Käse keineswegs unmöglich, sondern manchmal sogar ein Muss. Wein wird abgestimmt auf die Art der Zubereitung, den Geschmack der Sauce und das dominierende Gewürz. Eine Wissenschaft für sich? Ja und nein – die Hypothese ist so wahr, wie sie falsch ist: Von einem Sommelier wird Perfektion erwartet, aber auch der Laie kann mit ein wenig Grundwissen durchaus fundierte und im Ergebnis höchst genussvolle Entscheidungen treffen.
Stets Weißwein zu Fisch?
Starre Zuordnungen bei der Zusammenstellung von Wein und Speisen sind längst überholt. Grundsätzlich ist erlaubt, was schmeckt!
Welcher Wein, beispielsweise, passt zu einer Forelle? Viele denken jetzt sofort an Weißwein, aber um einen korrespondierenden Wein auszusuchen, muss man weit mehr bedenken als nur Art und Farbe des Fleisches. Einer der wichtigsten Aspekte ist die Zubereitungsart. Ist das Fischfilet in einer leichten Weißweinsoße gedünstet, passt hervorragend ein frischer Silvaner  oder ein Gutedel. Diese beiden Weine harmonieren aufgrund ihrer Leichtigkeit sehr gut zu diesem Gericht. Servieren wir die Forelle nach „Art der schönen Müllerin”, das bedeutet mehliert und gebraten sowie mit Petersilienkartoffeln serviert, passt ein kräftigerer Weißburgunder. Der Fisch ist jetzt wesentlich gehaltvoller, so dass ein kräftiger Wein besser dazu passt, weil die leichten Weine mit dem Gericht nicht mithalten können. Ist die Forelle geräuchert, würden wir einen halbtrockenen Weißwein mit einer dezenten Restsüße wählen, da sich die Raucharomen und das Salz des Fisches nicht mit zu viel Säure vertragen würden – denn das addiert sich und potenziert sich infolgedesssen auf unangenehme Art und Weise. Die feine Restsüße hingegen unterstreicht die würzige Aromatik. Nun können wir ein Fischfilet noch kräftiger zubereiten: angebraten mit Olivenöl und Zwiebeln. In dem Fall hätten wir die Wahl zwischen einem gehaltvollen Weißwein wie einem Grauburgunder aus dem Barrique oder einem nicht zu gerbstoffbetonten Rotwein wie einem fruchtbetonten Spätburgunder. Demzufolge kann zu einem Fisch auch ein Rotwein passen.
Charakterweine für Fleischgerichte
Nehmen wir eine im Ofen geschmorte Lammkeule, die mit Knoblauch gespickt ist. Das ist ein sehr kräftiges und zugleich würziges Gericht, welches einen ebenbürtigen Wein verlangt. Hierzu passen die verschiedensten Rotweine, von aromatisch-samtig bis feurig.  Doch auch zu diesem Lammgericht gibt es Weißweine, die hervorragend harmonieren, sie müssen nur ebenso kräftig sein. Da könnte man einen Chardonnay Barrique reichen oder eine Grauburgunder Auslese trocken. Beide Weine sind kraftvoll genug, um den Geschmack dieses Gerichts positiv hervorzuheben. Da die Lammkeule einen verhältnismäßig hohen Fettanteil hat, wirkt die Säure im Wein hier sehr erfrischend. Roséweine liegen derzeit absolut im Trend, und früher wurde oft gesagt, dass diese Weine „weder Fisch noch Fleisch” sind. In der Tat gibt es Roséweine, die in ihrer leichten Art eher an Weißweine erinnern und daher ähnlich wie Weißweine zu kombinieren sind. Es gibt aber auch sehr kraftvolle Rosés, die aufgrund ihrer Struktur durchaus wie Rotweine eingesetzt werden können. 
Hilfreiche Regeln zur Weinwahl
Einer der wichtigsten Aspekte für die Wahl des korrespondierenden Weines ist also die Zubereitungsart der Speise, und hier müssen nur einige wenige Grundregeln zu Rate gezogen werden: Säure im Wein und Säure in der Speise addieren sich, also bitte meiden. Säure im Wein und Salz in der Speise addieren sich auch, also sorgfältig aufeinander abstimmen.
Würze und Alkohol im Wein erfordern ein ebenso würziges, kräftiges Gericht und umgekehrt. Einfach ausgedrückt: Gleich und gleich gesellt sich gern.
Süße im Wein und Süße in der Speise gleichen sich aus! Das bedeutet, dass zu einem süßen Dessert ein edelsüßer Wein die beste Wahl ist, da Süße und Süße ausgleichend wirken.
Süße im Wein und Salz in der Speise gehen auch bestens zusammen. Das ist schon aus Großmutters Küche bekannt: Einem süßen Mürbeteig gibt man eine Prise Salz hinzu und dem Salzwasser (zum Beispiel um Spargel darin zu kochen) eine Prise Zucker.
Wer diese Grundregeln beachtet, macht bei der Harmonie von Wein und Speisen nichts falsch. Der wichtigste Aspekt jedoch: Erlaubt ist, was schmeckt und Spaß macht.
Wie sagte schon Joachim Ringelnatz? „Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind die, aus denen man trinkt ...!”